Die Gesellschaft und Wirtschaft befinden sich im Umbruch. Die tiefergreifenden Veränderungen und Entwicklungen, die gleichzeitig in vielen verschiedenen Bereichen stattfinden, wirken sich auch auf das tägliche Leben, die Gesundheit und wirtschaftliche Strukturen aus. Die Zeiten des Wegsehens sind quasi vorbei – findet auch Quality Austria und lud daher bereits zum 10. Mal zum Nachhaltigkeitsforum, dieses Mal ins Schloss Schönbrunn.
Die Veranstaltung stand ganz im Zeichen nachhaltiger und transformativer Chancen. Christoph Mondl, Co-Geschäftsführer bei Quality Austria, und Andreas Tschulik, Leitung Abteilung V/7 - integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie, Bundesministerium für Klimaschutz, begrüßten über 120 Teilnehmer:innen in den historischen Räumlichkeiten.
Wege zur grünen Transformation
Der Eröffnungsvortrag wurde von Axel Dick, Leitung Business Development Umwelt und Energie, CSR/ESG, Quality Austria, gehalten. Er verwies auf Chancen der Transformation. "Zugegeben, die Offenlegungsstandards gehen sehr ins Detail und schießen auch über das Ziel hinaus. Die Chancen liegen aber im Management der Chancen und Risiken sowie in möglichen Verbesserungen in den Prozessen, im Produktdesign oder gar in der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells", so Dick. Offensichtlich werden die Chancen durch entsprechende Doppelte Wesentlichkeitsanalysen und Datenanalysen. Die Veränderungen haben bereits begonnen, wie aktuelle Naturkatastrophen weltweit mit Milliardenschäden zeigen. Das heißt, auch politisch und gesellschaftlich verändern sich die Rahmen. Somit sei es Ziel der nächsten Jahre, diese Veränderungen nachhaltig zu gestalten und sich an diese Herausforderungen anzupassen.
Mit Blick auf die Gesundheit
Der Oberarzt und stv. Leiter für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der Medizinischen Universität Wien, Hans-Peter Hutter, betonte, dass der Klimawandel schon längst spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit hat. "Wenn wir an Berichtspflichten und Nachhaltigkeits-Zertifizierungen denken, sehen wir oft nur die lästige Pflicht. Wir übersehen dabei vollkommen, dass Unternehmen schon alleine aufgrund ihrer Fürsorgepflicht handeln müssen."
2024 wird laut Annahme wohl die Rekorde der Vorjahre brechen und das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein – zumindest bis nächstes Jahr. Angesichts der steigenden Temperaturen werden sich Arbeitgeber:innen hinsichtlich der Arbeitssicherheit Gedanken machen müssen. "Hitze bedeutet für den menschlichen Körper Schwerstarbeit. Ist es zu
heiß, nimmt die Konzentration deutlich aufgrund der thermischen Belastung ab. Dadurch sind wir fehleranfälliger und generell weniger leistungsfähig, wodurch die Qualität leidet", führt Hutter an. Er plädiert dafür, dass Unternehmen schon jetzt alleine aus Interesse dem Mitarbeitendenschutz in ihrer ESG-Strategie eine viel höhere Bedeutung einräumen als bisher.
ESG-Management
Alexander Boubal, Head of Sustainability/Leitung Integrierte Managementsysteme der Simacek GmbH, erläuterte in seinem Beitrag, wie ein geprüftes ESG-Reporting auf Basis Integrierter Managementsysteme umgesetzt werden kann. Simacek beschäftigt über 10.000 Mitarbeitende aus 60 Nationen. Das internationale Unternehmen stand aufgrund unterschiedlicher nationaler Vorschriften vor besonderen Herausforderungen. "Einheitliche EU-weite Standards sind für internationale Unternehmen extrem hilfreich, um den Anforderungen unterschiedlicher Länder gerecht zu werden", so Boubal.
Seine Kollegin, Petra Berger, ESG-Projektmanagerin, wiederum ergänzte, dass die Treibhausgas-Bilanzierung deshalb so komplex sei, weil die unterschiedlichen Scopes oft verschiedene Abteilungen oder Lieferketten beträfen. Laut Berger kann ein umfangreiches ESG-Management, das in geprüfte CO₂-Bilanzen mündet, nur dann funktionieren, wenn alle Abteilungen und Mitarbeitenden an Bord sind. Boubal und Peter empfahlen den Anwesenden, zu Beginn des Prozesses, eine interne Projektgruppe zu definieren und Verantwortlichkeiten zu klären. Erst dann, in den nächsten Schritten, sollten Lieferant:innen und Partner:innen eingebunden und klar kommuniziert werden, warum Daten benötigt würden.
Transparenz spiele überhaupt eine Hauptrolle im ESG-Management, da für eine valide Bilanzierung relevante Informationen zu Treibhausgasen, Energieverbräuchen und sozialen Themen nötig wären. Das heißt, wer frühzeitig Datenmanagementsysteme eingeführt hat, kann auf historische Werte zurückgreifen und vergleichen. "Konsument:innen und Geschäftspartner:innen achten vermehrt auf Nachhaltigkeit. Unternehmen, die frühzeitig umstellen, haben einen Wettbewerbsvorteil und arbeiten effizienter, da die CSRD-Anforderungen zu besseren internen Prozessen und klaren Daten führen", so Boubal, der gemeinsam mit Berger dem Zeitaufwand und den Kosten den Vorteil der verbesserten Marktstellung gegenüberstellte. Bestätigt wird er von Alexander Hell, Head of Sustainability Management der Engel Austria GmbH: "Wir alle haben die Tendenz, komplexe Dinge, die erst später eintreten, zu verdrängen. Aber wir müssen jetzt handeln und die Herausforderungen der Klimakrise bringen durchaus auch Chancen für innovative Unternehmen mit sich. Die Weltbank rechnet mit einem zukünftigen Durchschnitts-CO₂-Preis von 110 Euro pro Tonne. Nichts zu tun und abzuwarten könnte, für viele Unternehmen also erheblich teurer werden, als die Dekarbonisierungschancen jetzt zu nutzen. Unternehmen sollten tief in ihre Wertschöpfungskette schauen, die CO₂-intensivsten Bestandteile identifizieren und handeln." Die beiden Praktiker waren sich einig, dass nicht gleich zu Beginn Perfektion anzustreben, sondern den Prozess Schritt für Schritt zu verbessern.
Bestehende Brücken zur Berichtspflicht nutzen
Andreas Ackerl, Leiter Umwelt und Energie bei Quality Austria, wiederum, sprach über bestehende Brücken zwischen ISO-Zertifizierung und ESG-Standards. "Integrierte Managementsysteme bilden die strukturelle Basis für Offenlegungspflichten gemäß der CSRD. Unternehmen, die eine Integrierte Managementbasis verstehen, verstehen und erfüllen
auch die Offenlegungspflichten der CSRD", so Ackerl. Das Gütesiegel der EU, EMAS, setzt auf bestehende Systeme. Mit sechs Kernindikatoren referenziert es auf die ISO 14001, antizipiert die Taxonomie, die Transformation der Finanzindustrie sowie Offenlegungspflichten aus der CSRD/ESRS.
Des Weiteren sprach Alexander Hell über seine praktische Erfahrung bei der Erstellung einer Treibhausgasbilanz nach der ISO 14001: "Insbesondere die strategische Ausrichtung des Geschäftsmodells auf internationale Klimaziel-Ambitionen wird für große Unternehmen immer wichtiger. Die Treibhausgasbilanzierung bildet dabei eine essenzielle Basis für einen effektiven ESG-Aktions- und Zeitplan, um nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt entlang der gesamten Lieferkette zu minimieren.“ Da insbesondere große Unternehmen im Rahmen der Berichtspflichten über ihre Sorgfaltspflicht berichten müssen, werde die Anzahl der Unternehmen, die wissenschaftsbasierte Klimaziele verfolgen, exponentiell steigen, heißt es. Anneli Fischer, Leitung ESG bei Quality Austria: "Wir haben die ISO-Normen und die Offenlegungsstandards Zeile für Zeile gegenübergestellt. Fazit ist, dass man mit einem zertifiziertes Integrierten Managementsystem sehr gut eine Brücke zu den ESG -Anforderungen schlagen kann."
Gastgeber Axel Dick resümierte: "Die Welt dreht sich schneller und wird komplexer und dies ist eine Folge menschlichen Handelns. Wir können Veränderungen leugnen, nur die Kraft des Faktischen wird uns einholen. Wir können auch Teil der Lösung sein und nach vorn blicken und die Transformation in ein nachhaltigeres Wirtschaften proaktiv gestalten. Die Experten- und Praxisbeiträge haben gezeigt, wo und wie man effektiv ansetzen kann. Mit der stetigen Weiterentwicklung unseres Dienstleistungsportfolios gestalten wir diesen Transformationsprozess gerne mit und unterstützen unsere Kund:innen."
LEADERSNET wohnte der Veranstaltung bei und hat für Sie Eindrücke in der Galerie zusammengetragen.
www.qualityaustria.com
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