Interview mit Bodo Schlegelmilch
"Die Bildungslandschaft befindet sich in einem paradigmatischen Umwälzungsprozess"

Im LEADERSNET-Interview spricht Bodo Schlegelmilch, Dekan der WU Executive Academy, anlässlich des 20. Geburtstags der Business School über deren Entstehungsphase, Meilensteine und Weiterentwicklung. Zudem verrät er, was die Bildungseinrichtung von anderen unterscheidet, wo er ausnahmsweise mit Elon Musk übereinstimmt, wie sich KI auf die Lehrenden und das Lehrprogramm auswirkt und wieso Soft Skills im Arbeitsalltag von Manager:innen immer wichtiger werden.


LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Schlegelmilch, die WU Executive Academy wurde vor 20 Jahren gegründet. Als Gründungsdekan waren sie von Anfang an dabei. Was war für die WU Wien damals der Anlass, eine eigene Business School zu etablieren?

Bodo Schlegelmilch: An der WU gab es bereits viele Jahre davor unterschiedliche Initiativen abseits des Regelstudiums, die sich nicht an klassische Studierende, sondern Erwachsene, die bereits im Berufsleben stehen, gerichtet haben. Diese Lehrgänge waren aber nicht gebündelt, sondern auf verschiedene Abteilungen bzw. Institute verstreut, was den Nachteil hatte, dass es keinen einheitlichen Außenauftritt gab. Zudem fehlte jegliche Koordination. Mit der Gründung der WU Executive Academy haben wir die unterschiedlichen Initiativen in eine Organisationsform gegossen. Das wurde zunächst zwar nicht von allen Kolleg:innen positiv aufgenommen, aber letztendlich konnten wir sie von den Vorteilen überzeugen.

LEADERSNET: Aktuell fungieren Sie interimistisch für ein Jahr erneut als Dekan der WU Executive Academy. Wieso sind Sie nach einer neunjährigen Abwesenheit zurückgekehrt und was sind die größten Änderungen, die diese Position in den letzten zwei Dekaden durchlaufen hat?

Schlegelmilch: Meine Rückkehr hängt damit zusammen, dass sich die Bildungslandschaft derzeit in einem paradigmatischen Umwälzungsprozess befindet. An der WU Executive Academy ist zwar sehr viel gut gelaufen, doch wie in allen Organisationen gibt es auch hier Verbesserungsbedarf. Meine Aufgabe in diesen zwölf Monaten ist es daher, nicht nur den Erfolgskurs weiterzuführen, sondern die WU Executive Academy in Sachen strategischer Ausrichtung und internationaler Wettbewerbsfähigkeit noch besser aufzustellen. Dieser Prozess wird natürlich durch entsprechende interne Gruppen von WU-Mitarbeiter:innen begleitet. Zusammen werden dann die Vorschläge, wie wir uns noch schlagkräftiger für die aktuellen Herausforderungen rüsten können, umgesetzt.

Die größten Änderungen im Arbeitsumfeld waren für mich persönlich Homeoffice und Onlineworking, was durchaus Vor- und Nachteile hat. Ich stimme zwar nicht sehr häufig mit dem Elon Musk überein, aber ich bin schon wie er der Meinung, dass man wieder mehr Mitarbeitende an den Arbeitsplatz holen sollte. Denn im Homeoffice sind die Menschen einfach nicht so gut greifbar. Es funktioniert zwar, ist jedoch nicht unbedingt ideal. Eine weitere Änderung ist natürlich die Größe der WU Executive Academy. Sie ist in den letzten 20 Jahren stark gewachsen, hat sich professionalisiert und hat deutlich mehr Mitarbeiter:innen. Heute gibt es wesentlich klarere Funktionen, Funktionsbeschreibungen, Funktionsteilungen, Arbeitsteilung, etc. als früher, wo das Ganze noch wesentlich kleiner war.

LEADERSNET: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine der WU Executive Academy der vergangenen 20 Jahre?

Schlegelmilch: Ein großer Meilenstein war im Jahr 2008, als wir es mit unserem Global Executive MBA erstmals ins Ranking der Financial Times geschafft haben. Dann spielen natürlich die Akkreditierungen eine große Rolle. Sie zählen zu den wichtigsten Kriterien, wenn es darum geht, sich für einen Weiterbildungsanbieter zu entscheiden. Deshalb war für die WU Executive Academy die EQUIS-Akkreditierung 2007 ein besonderer Meilenstein. Nach der AMBA-Akkreditierung 2010 bekam sie 2015, als erster österreichischer Anbieter, auch das renommierte Qualitätsgütesiegel AACSB verliehen. Damit verfügt die WU Executive Academy über die sogenannte "Triple Crown Accreditation", über die nur etwas mehr als 130 Business Schools weltweit verfügen und die deshalb extrem begehrt ist. Das ist natürlich ein Hit, denn weltweit gibt es 15.000 bis 16.000 Business Schools.

LEADERSNET: Stand eigentlich von vornherein fest, dass die WU Executive Academy international ausgerichtet werden soll, oder hat sich das erst im Laufe der Jahre ergeben?

Schlegelmilch: Wir sind in der Konzeption von einer Organisationseinheit ausgegangen, die sozusagen "born global" war. Für uns war also von Anfang an klar, dass wir die WU Executive Academy international ausrichten wollten. Wenn man nur den österreichischen Markt im Visier hat, hat man ein ganz anderes Programmportfolio und eine deutlich kleinere Zielgruppe. Für uns war die englische Sprache ein Muss. Wir haben schon davor mit Hochschulen in den USA kooperiert und diesen transatlantischen Link wollten wir fortsetzen. Außerdem gibt es in Österreich viele multinationale Unternehmen und Organisationen mit Mitarbeiter:innen aus aller Welt, wie beispielsweise die Vereinten Nationen oder die OPEC.

LEADERSNET: Wie hat sich das Lehrprogramm in den zwei Jahrzehnten weiterentwickelt und welche Programme sind neu hinzugekommen?

Schlegelmilch: Das ist ein durchgängiger und dynamischer Prozess, denn Änderungen gibt es in jedem Jahr. Zunächst waren so gut wie alle Business Schools auf die Finanzsparte fokussiert. Das hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. So kamen auch bei uns viele weitere Bereiche abseits des Profitdenkens hinzu, wie zum Beispiel Corporate Social Responsibility Ethics oder New Leadership. Seit eineinhalb nimmt das Thema Künstliche Intelligenz sehr stark zu. Das jedoch nicht nur im Lehrprogramm, sondern auch im Arbeitsalltag der WU Executive Academy-Mitarbeitenden. KI kommt auf beiden Seiten zum Einsatz. Im Lehrbetrieb ist ein wesentlicher Bestandteil und Vorteil von künstlicher Intelligenz oder Artificial Intelligence die Möglichkeit, zu individualisieren. Und zwar insofern, als wir wesentlich genauer anpassen können, welchem Studierenden wir was anbieten und wie wir unsere Programme proportionieren. Aufgrund der guten Anwendungsmöglichkeiten bin ich ein Fan der Technologie, aber man muss natürlich auch die Gefahren von KI sehen und kennen.

LEADERSNET: Bieten Sie spezielle oder exklusive Services an, die bei (internationalen) Studierenden besonders gut ankommen? Und gibt es eigentlich eine Jubiläumsaktion?

Schlegelmilch: Bei uns besteht ein MBA Programm aus dem klassischen akademischen Bereich und einem begleitenden "Augmented"-Bereich – quasi aus Hard Skills und Soft Skills. Letztere setzen sich aus Mentoring und Networking zusammen. So etwas kann ein Online-Angebot nicht bieten. Bei unseren hochkarätigen Netzwerk-Veranstaltungen lernen die Studierenden auch gut und richtig zu netzwerken. Solche Soft Skills werden für Führungskräfte immer wichtiger. Ein weiterer Pluspunkt ist unser Netzwerk mit Führungspersönlichkeiten aus rund 100 Ländern, welches das Knüpfen wertvoller Kontakte sowie den Austausch von Know-how aus verschiedenen Branchen ermöglicht.

Anlässlich unseres 20. Geburtstags vergeben wir einen 20-Jahre-Jubiläums-Frühbucherbonus mit bis zu -20 Prozent (je nach Programm) auf die Teilnahmegebühr für Bewerbungen bis 31. März 2025.

LEADERSNET: Was macht die WU Executive Academy, um berufsbegleitendes Studieren möglichst praktikabel zu gestalten?

Schlegelmilch: Ganz einfach: wir blocken. Bei uns kommen die Studierenden nicht jeden Tag und machen abends zwei Stunden, sondern sie kommen zum Beispiel einmal pro Monat von Donnerstag bis Sonntag. Viele von ihnen fliegen dafür sogar ein. So können sie das Studium wesentlich besser mit ihrem Berufsleben vereinen. Dass dafür die Freizeit geopfert wird, fällt sicher nicht immer leicht, kann für die Karriere aber positiv sein. Denn damit beweist man dem Arbeitgeber, dass man absoluten Leistungswillen und Durchhaltevermögen hat.

LEADERSNET: Welche heimischen Unternehmen vertrauen auf die Expertise der WU Executive Academy?

Schlegelmilch: Das sind einige. Dazu zählen unter anderem die Porsche Holding, die Wiener Insurance Group, die Casinos Austria und Österreichischen Lotterien, die Erste Bank oder die Unicredit Bank Austria. Neben den inländischen gibt es aber auch viele ausländische Unternehmen, beispielsweise aus China, Indien, Finnland oder Thailand, die auf uns vertrauen. Kürzlich war eine Delegation vom Indian Institute of Technology hier bei uns in Wien. Darüber hinaus gibt es führende Business Schools, mit denen wir zusammenarbeiten. Dabei können wir auch mit dem Standort Österreich beziehungsweise Wien punkten, denn hierher kommen die Leute von überall gerne.

LEADERSNET: Wie viele Mitarbeiter:innen hat die WU Executive Academy und von welchem Jahresumsatz sprechen wir?

Schlegelmilch: Wir haben knapp 100 Mitarbeiter:innen und der Umsatz beläuft sich auf einen zweistelligen Millionenbereich.

LEADERSNET: Abschließend: Wie sieht Ihre Zukunft aus und was sind Ihre persönlichen Ziele?

Schlegelmilch: Ich komme jetzt in ein Alter, in dem ich nicht unbedingt noch Jahrzehnte weiterarbeiten möchte. Bis September 2025 bin ich noch Dekan. Danach möchte ich beruflich nur noch das machen, was mir Freude bereitet. Ich habe noch einige Funktionen mit spannenden Aufgaben. Ich werde mich jedenfalls klimagemäß verhalten und mein Arbeitsumfeld dem Klima anpassen und dort arbeiten, wo das Wetter schön ist (lacht).

LEADERSNET: Vielen Dank für das Gespräch.

www.executiveacademy.at

Zur Person

Bodo B. Schlegelmilch, Ph.D., D.Litt., Ph.D. (hon.), ist Gründungsdekan sowie langjähriger Leiter der WU Executive Academy. Zudem ist er emeritierter Professor für Global Marketing Strategie an der WU Wirtschaftsuniversität Wien. Seit dem 1. September 2024 fungiert er erneut als Dekan der WU Executive Academy – eine Position, die er interimistisch für ein Jahr innehaben wird. Seine berufliche Laufbahn begann Schlegelmilch bei der Deutschen Bank und Procter & Gamble und setzte seine Karriere an den Universitäten Edinburgh und California, Berkeley fort. Es folgten Professuren an der University of Wales und der Thunderbird School of Global Management. Zudem war er Chair der AMBA und der BGA, welche Business Schools in rund 80 Ländern akkreditieren.

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Bodo B. Schlegelmilch, Ph.D., D.Litt., Ph.D. (hon.), ist Gründungsdekan sowie langjähriger Leiter der WU Executive Academy. Zudem ist er emeritierter Professor für Global Marketing Strategie an der WU Wirtschaftsuniversität Wien. Seit dem 1. September 2024 fungiert er erneut als Dekan der WU Executive Academy – eine Position, die er interimistisch für ein Jahr innehaben wird. Seine berufliche Laufbahn begann Schlegelmilch bei der Deutschen Bank und Procter & Gamble und setzte seine Karriere an den Universitäten Edinburgh und California, Berkeley fort. Es folgten Professuren an der University of Wales und der Thunderbird School of Global Management. Zudem war er Chair der AMBA und der BGA, welche Business Schools in rund 80 Ländern akkreditieren.

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