Regelungen in Ausnahmesituationen
Hochwasser und Entgeltfortzahlung: Das gilt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

| Redaktion 
| 17.09.2024

Experte erklärt die wichtigsten arbeits- und lohnsteuerrechtliche Aspekte in Zusammenhang mit der aktuellen Hochwassersituation.

Die verheerenden Auswirkungen des Hochwassers in Österreich lassen wohl niemanden kalt – egal, ob man selbst betroffen ist oder mit den Betroffenen mitfühlt oder diesen hilft. Die aktuelle Hochwassersituation wirft aber auch arbeitsrechtliche Fragen auf. 

TPA Steuerberater Wolfgang Höfle ist Experte im Bereich der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsberatung in Österreich und hat wichtige arbeits- und lohnsteuerrechtliche Aspekte in Zusammenhang mit der aktuellen Hochwassersituation zusammengefasst. Diese möchten wir Ihnen nicht vorenthalten.

Entgeltfortzahlung bei Hochwasser?

Erbringen Arbeitnehmer:innen aufgrund von vielfachen Empfehlungen ihre Arbeitsleistungen von ihrem Homeoffice aus, gebührt dafür der normale Entgeltanspruch. Für andere Situationen ist die Rechtslage aber gar nicht so eindeutig, wie man das hierzulande kürzlich manchmal gehört hat, so der Experte.

Einzelne Arbeitgeber von Hochwasser betroffen ("Arbeitgeber-Sphäre")

Können leistungsbereite Arbeitnehmer:innen beim Arbeitgeber aufgrund des dortigen Hochwassers nicht arbeiten, haben Sie trotzdem Anspruch auf Entgeltzahlung. Durch Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag könnte dieser Entgeltanspruch allerdings eingeschränkt sein, weil § 1155 ABGB insofern nicht zwingendes Recht ist, so Höfle. Solche einschränkenden Regelungen kämen allerdings selten vor.

Einzelne Arbeitnehmer von Hochwasser betroffen ("Arbeitnehmer-Sphäre")

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht hier in der Regel bis zu maximal einer Woche (wichtiger persönlicher Dienstverhinderungsgrund). Dieser Anspruch besteht dem TPA-Experten zufolge nur dann, wenn die Dienstverhinderung vom Arbeitnehmer unverschuldet ist, was nur im Einzelfall beurteilt werden kann. Eine Rolle könne hier spielen, inwieweit das Ereignis vorhersehbar war und ob rechtzeitig erforderliche und zumutbare Vorkehrungen getroffen wurden.

Keine Entgeltfortzahlung bei höherer Gewalt ("neutrale Sphäre")

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte zuletzt in 9 ObA 133/22g vom 27. September 2023 Gelegenheit zu diesem jahrzehntelangen Streit, der auch durch die Corona-Pandemie keiner endgültigen Lösung zugeführt wurde, Stellung zu nehmen. Für den Fall des Vorliegens höherer Gewalt (z. B. Krieg) bestünde keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Die genannte OGH-Entscheidung kann laut Höfle so verstanden werden, dass ein solches Elementarereignis nur dann vorliegt, wenn neben dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch die "Allgemeinheit" betroffen ist. Wie diese Betroffenheit allerdings konkret aussehen muss und somit, wie die derzeitige Hochwassersituation diesbezüglich einzustufen ist, lässt sich rechtssicher unseres Erachtens nicht beurteilen, so der Experte.

Abschließend könne man sagen: Wenn der Arbeitgeber selbst nicht vom Hochwasser betroffen ist, sondern "nur" einzelne seiner Arbeitnehmer:innen werden diese in der Regel einen Entgeltfortzahlungsanspruch bis zu einer Woche haben. Wie immer sei es empfehlenswert, dass die Arbeitsvertragsparteien im Gespräch bleiben, sich gegenseitig unverzüglich von ihren Arbeitsmöglichkeiten informieren und gegebenenfalls individuelle Lösungen suchen, die auch in einer Urlaubs-, Zeitausgleichs- oder Homeoffice-Vereinbarung bestehen können.

Entgeltfortzahlung für helfende Arbeitnehmer

Sind Arbeitnehmer:innen für einen Rettungsdienst oder eine freiwillige Feuerwehr im Einsatz, gibt es bei Großschadensereignissen (dazu zählt die derzeitige Hochwassersituation wohl jedenfalls) Sonderregelungen. Die Arbeitnehmer:innen müssen dazu mit ihrem Arbeitgeber eine Dienstfreistellung vereinbaren. Die Arbeitgeber:innen erhalten die von ihnen getätigte Entgeltfortzahlung nach den Regelungen des jeweiligen Bundeslandes (auf Basis § 3 Z 3 lit. b KatFG, Katastrophenfondsgesetz) pauschal ersetzt (also kein Ersatz 1 zu 1). Soweit ersichtlich, beträgt dieser Pauschalersatz 200 Euro für jeden Tag mit mindestens acht Stunden Einsatz.

Geben Arbeitgeber:innen diesen Mitarbeiter:innen frei, sollten sie die Arbeitnehmer:innen auffordern, dass sie für ihre Einsätze eine Bestätigung der Blaulichtorganisation erhalten. Der Pauschalersatz gilt nicht für sonstige freiwillige Helfer:innen (außerhalb von Blaulichtorganisationen).

Zuwendungen des Arbeitgebers an vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmer

Freiwillige Geld- und Sachzuwendungen des Arbeitgebers an vom Hochwasser geschädigte Arbeitnehmer:innen sind Höfe zufolge steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn sie darauf gerichtet sind, unmittelbare Hochwasserschäden (Sachschäden, Kosten für Aufräumarbeiten usw.) zu beseitigen.

Abschließend verweist der Experte darauf, dass Arbeitgeber:innen entsprechende Rechnungskopien bzw. andere Nachweise (z. B. Fotos, Bestätigung Gemeinde) für die Schadensbeseitigung zum Personalakt nehmen sollten.

www.tpa-group.at

Über TPA

TPA ist eines der führenden Steuerberatungsunternehmen in Österreich. Das Angebot umfasst Steuerberatung, Buchhaltung und Unternehmensberatung. 850 Mitarbeiter:innen sind in fünfzehn österreichischen Niederlassungen tätig.

Die TPA Gruppe ist - mit rund 2.050 Mitarbeiter:innen - neben Österreich in elf weiteren Ländern in Mittel- und Südosteuropa tätig.

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

Über TPA

TPA ist eines der führenden Steuerberatungsunternehmen in Österreich. Das Angebot umfasst Steuerberatung, Buchhaltung und Unternehmensberatung. 850 Mitarbeiter:innen sind in fünfzehn österreichischen Niederlassungen tätig.

Die TPA Gruppe ist - mit rund 2.050 Mitarbeiter:innen - neben Österreich in elf weiteren Ländern in Mittel- und Südosteuropa tätig.

leadersnet.TV