LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Lemberger, die Rainer Gruppe feiert heuer ihr 65 Jahr-Jubiläum. Im Laufe der vergangenen sechseinhalb Jahrzehnte wurde aus dem ursprünglichen Autohandel ein Unternehmen, das auf mehreren Standbeinen ruht. Wie ist Ihre Gefühlslage angesichts des Jubiläums?
Gabriela Lemberger: Freude und auch Stolz, dürfen mein Bruder und ich doch die Geschicke des Unternehmens seit Ende der 70er Jahre, als wir in die Firma eingetreten sind, mitgestalten. Natürlich ist da auch Dankbarkeit unseren Eltern gegenüber, die den Grundstein gelegt haben, unseren Mitarbeiter:innen gegenüber, die der Rainer Gruppe zum Teil seit Jahrzehnten die Treue halten, aber auch unseren treuen Kund:innen gegenüber.
LEADERSNET: Wie geht es Ihnen dabei, Herr Ernst?
Burkhard W.R. Ernst: Prinzipiell gut, natürlich müssen wir nicht nur unseren Eltern dankbar sein, sondern auch unseren Kindern, die mit ganzer Kraft dem Unternehmen seit fast zwei Jahrzehnten zur Verfügung stehen. Das zeichnet drei Generationen in dieser Familie aus. Das Schöne an einem Familienunternehmen sind immer die kurzen Entscheidungswege, auf der einen Seite, auf der anderen Seite habe solche Entscheidungen auch einen wesentlich höheren Diskussionsbedarf (lacht).
LEADERSNET: Das Unternehmen wird mittlerweile von drei Generationen geführt – es ist ein Familienunternehmen im wahrsten Sinn des Wortes. Was muss man tun, um die jüngeren Familienmitglieder im Betrieb einzubinden und zu fördern?
Lemberger: Die wichtigste Basis ist sicher das Vertrauen in die Fähigkeiten der Jüngeren. Man muss bereit sein, das eigene, im Laufe der Jahre erworbene Wissen weiterzugeben. Eine extrem wichtige Rolle spielt dabei die Kommunikation. Der wertschätzende Umgang miteinander hat im gesamten Betrieb, auch gegenüber den Mitarbeiter:innen, oberste Priorität.
Ernst: Wichtig ist natürlich auch, dass man die jüngeren Familienmitglieder von Anfang an ins tägliche Geschäft miteinbezieht. Die Praxis schlägt in diesem Fall die Theorie. Man muss der nächsten Generation die Möglichkeit geben, auch mal Entscheidungen allein zu treffen. So kann man das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken.
LEADERSNET: Wie würden Sie einem Außenstehenden das Erfolgsrezept Ihres Unternehmens erklären?
Lemberger: Als Familienunternehmen sind wir es gewohnt, langfristig zu denken und zu handeln. Die Nachhaltigkeit, um ein aktuelles Modewort zu verwenden, liegt uns sozusagen in den Genen. Das umfasst auch das Verhältnis zu unseren Mitarbeiter:innen. "Hire and Fire", in manchen anonymen Großkonzernen gelebter Alltag, entspricht nicht unserem Naturell als Familienunternehmen.
Ernst: Ein weiterer Erfolgsfaktor ist sicher unsere Leidenschaft für das Unternehmen und das Unternehmertum. Man muss bei dem, was man tut, Freude empfinden, sonst wird das nichts. Letztlich hat sich auch die Diversifikation in verschiedene Sparten als goldrichtig erwiesen.
LEADERSNET: Inwiefern ist die Diversifikation wichtig?
Lemberger: Das hat sich zuletzt während der Corona-Pandemie gezeigt. Wenn ein Bereich einmal nicht so gut läuft, wie zum Beispiel während der Pandemie, als mehrere Geschäftsfelder geschlossen werden mussten, können wir das in der Regel mit den anderen Bereichen gut ausgleichen. Was zählt, ist das Große und Ganze.
LEADERSNET: Wie bleibt man als Unternehmen angesichts der aktuellen Herausforderungen zukunftsfit?
Lemberger: Die Diversifikation der gesamten Rainer Gruppe haben wir ja bereits erwähnt. Die wird auch in der Zukunft eine immens wichtige Rolle spielen. Das Wirtschaften mit Vernunft und Hausverstand wird in Zukunft ebenso wichtig sein, wie es in der Vergangenheit war.
Ernst: Dem kann ich nur zustimmen. Auch wenn ich in meiner Jugend mal Motorradrennen gefahren bin, was manche als ziemlich risikoreich bezeichnen würden, bin ich der Überzeugung, dass bei unserem Familienunternehmen das risikoarme Handeln ein wichtiger Erfolgsfaktor ist und bleiben wird.
LEADERSNET: Kommen wir noch einmal auf das Thema Mitarbeiter:innen zurück. Wie wichtig sind diese für Ihr Unternehmen, was tun Sie, um Mitarbeiter:innen zu halten bzw. zu gewinnen?
Lemberger: Es mag vielleicht etwas unorthodox klingen, aber unsere Mitarbeiter:innen sind so etwas wie Teil unserer Familie. Sie werden gefördert und als Familienunternehmen legen wir besonderen Wert auf die laufende Weiterbildung. Zudem haben wir immer ein offenes Ohr für ihre Anliegen und persönliche Lebensumstände. Um Arbeit und Familie bestmöglich vereinbaren zu können, unterstützen wir unsere Mitarbeiter:innen unter anderem durch Teilzeitmodelle. Wohl als eines der ersten Unternehmen in Österreich haben wir vor vier Jahren die Vier-Tage-Woche eingeführt.
Ernst: Um ausgezeichnete Mitarbeiter:innen zu halten, müssen wir als Arbeitgeber nachhaltig attraktiv bleiben. Deshalb haben wir innerhalb der Rainer Gruppe zahlreiche Um- und Aufstiegsmöglichkeiten geschaffen. Ein gutes Beispiel ist etwa Arbnor Zeqiri, unser Werkstattleiter im Rainer Megastore, der vor 20 Jahren bei uns als Lehrling begonnen hat und heute selbst Lehrlinge ausbildet. Einen schönen Moment hatten wir diesbezüglich im Vorjahr, als wir 58 Teammitglieder geehrt haben, die es gemeinsam auf mehr als 1.200 Jahre Erfahrung bei uns bringen.
LEADERSNET: Last but not least ein Thema, das wohl allen Autofahrer:innen unter den Nägeln brennt. Wird die E-Mobilität, wie wir Sie kennen, überleben, oder werden wir eine Renaissance des Verbrenners mit weniger Ausstoß erleben?
Burkhard W.R. Ernst: Ich versuche es mal diplomatisch zu formulieren: Die aktuelle Diskussion über ein totales Verbot von Verbrennungsmotoren ist dem Geschäft natürlich in keiner Weise zuträglich, aber auch in keiner Weise vertrauensschaffend bei Kund:innen. Letztendlich passiert es täglich, dass unsere Mitarbeiter:innen im Salesbereich gefragt werden, was sie sich nun kaufen sollen, ein Elektrofahrzeug, ein Hybridfahrzeug oder ein Dieselfahrzeug, und dabei muss gewährleistet sein, keine Fehlinvestition zu tätigen und dann mit dem Fahrzeug nicht fahren zu können. Hier muss gesagt werden, dass diese Vorschriften für die zugelassenen und in Verwendung befindlichen Fahrzeuge nicht zutrifft. Diese Fahrzeuge können problemlos weiterverwendet werden. Alle Gesetze, die in Österreich für 2030 und 2040 von der EU beschlossen wurden, gelten ausschließlich für Neufahrzeuge, das ist aber viel zu wenig bekannt. Unabhängig davon muss gesagt werden, dass Österreich Vorreiter in der Klimapolitik ist und insgesamt nur für zwei Promille des CO₂-Ausstoßes dieser Erde verantwortlich ist. Ein überschaubarer Wert, denn zwei Zehntel Prozent sind ja wirklich nicht viel. Österreich hat die Hausaufgaben aus meiner Sicht bereits übererfüllt und sollte die Politik langsam aufhören, die Menschen, insbesondere die Autofahrer:innen, mit weiteren Verboten zu sekkieren, und zu einer vernünftigen Politik zurückkehren. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Verkehrsthematik ausschließlich aus der Wiener Perspektive betrachtet wird und nicht österreichweit. In Wien kann man durch das großartige Verkehrsnetz viele Strecken öffentlich zurücklegen, im nicht urbanen Raum, wie z. B. Weitra, geht ohne Auto gar nichts. Es muss jede:r Bürger:in dieses Landes überlassen werden, für welche Fahrt sie:er welches Verkehrsmittel benutzen will. Abschließend noch zwei Zahlen, in Wien kommen auf 1.000 Einwohner in etwa ein bisschen mehr als 300 Fahrzeuge und im Bundesgebiet kommen auf 1.000 Einwohner knapp 600 Fahrzeuge.
www.rainergruppe.at
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