Das jüngste Bank Austria Forum im Headquarter der UniCredit Bank Austria in Wien stand ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Herausforderungen im "Superwahljahr 2024". Das hochkarätige Podium, moderiert von UniCredit Bank Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer setzte sich aus WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, UniCredit-Topökonom Erik Nielsen und Robert Zadrazil, Country Manager Österreich von UniCredit, zusammen.
Robert Zadrazil betonte bereits in seiner Eröffnungsrede, dass die EU-Staaten weiterhin mit den Nachwirkungen der Finanz-, Schulden- und Energiekrisen konfrontiert sind und sich die europäische Wirtschaft nur schleppend erhole. Zugleich unterstrich er, dass Europa jetzt rasch seine strukturellen Probleme angehen müsse, um mittel- bis langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. "Auch Österreich befindet sich in einer Phase der Unsicherheit, die Schwäche bei den Investitionen braucht Reformschritte wie Bürokratieabbau, Entscheidungen rund um die Energiesicherheit und die grüne Transformation. All das wäre wichtig für die Unternehmen, um mehr Planungssicherheit zu bekommen", so Zadrazil.
"Ein Rendezvous mit der Realität"
Gabriel Felbermayr verwies darauf, dass wir uns in Österreich aktuell seit acht Quartalen in Folge mit Stagnation bzw. Rezession in der längsten rezessiven Phase seit Ende des Zweiten Weltkriegs befinden. Seinen Befund betitelte Felbermayr als "Rendevouz mit der Realität" und die Politik sei nun stark gefordert, Maßnahmen zu setzen, denn Preisdruck, Lohndruck und Inflation haben auch zu Vorsichtsparen bei den Menschen geführt und der erwartete Schub durch Inlandsnachfrage und Konsum habe trotz explodierender Lohnquote nicht eingesetzt. Das gefährde insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Der Wifo-Chef formulierte drei wesentliche wirtschaftspolitische Forderungen an eine neue Regierung: Erstens sei es notwendig, die Attraktivität von (Vollzeit-)Arbeit durch ein Bündel an Anreizen wieder zu steigern, zweitens den industriellen Kern Europas durch Investitionsanreize, den Abbau von Barrieren und den Ausbau des Binnenmarktes zu bewahren und drittens nun zu investieren und bei einer zwar mittelfristigen Sanierung des Budgets aktuell keine großen Sparpakete zu schnüren, denn überzogene Budgetsanierung wäre ein Rezept für die Fortsetzung der Rezession.
"A world in flux"
Einen Überblick über Meilensteine der wirtschaftspolitischen Entwicklungen seit dem Fall der Berliner Mauer gab Erik Nielsen. Der Topökonom stellte eine 15-jährige Periode des Aufschwungs mit zunehmender Globalisierung nach 1989 einer 15-jährigen Phase voller häufig ignorierter Warnsignale seit 2007 beginnend mit Vladimir Putins Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz bis 2022 gegenüber, die zu unserer heutigen Lage geführt habe, in der Globalisierung und freier Welthandel zunehmend unter Druck geraten. Die Globalisierung sei mehr oder weniger zum Stillstand gekommen. "Europa hat sich aktuell in Regeln und fehlgeleiteten politischen Beschränkungen verstrickt, sodass wir häufig den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen", so Nielsen.
Europäische Zusammenarbeit stärken
In der Expertendiskussion wünschte sich Zadrazil einen klaren Fokus auf Kostenentlastungen für die Wirtschaft, den Abbau von Überregulierungen und zügigere Genehmigungsverfahren für Großprojekte, die für den Klimaschutz relevant sind – Beispiel Hochspannungsleitungen. Europa müsse seine strukturellen Probleme angehen. Der Country Manager Österreich der UniCredit wies in diesem Zusammenhang auf die nach wie vor nicht funktionierende EU-Kapitalmarktunion hin. Dies führe dazu, dass ein hoher Anteil der zu veranlagenden Investorengelder ins Ausland fließt, statt europäischen Unternehmen für Zukunftsinvestitionen sowie Forschung und Entwicklung zur Verfügung zu stehen.
Felbermayr richtete einen Appell gegen die Zukunftsvergessenheit. Die Tatsache, dass Österreich nach wie vor zu den acht wohlhabendsten Ländern der Welt gehöre, dürfe nicht über die Notwendigkeit von Reformen hinwegtäuschen, die dringend in Angriff genommen werden müssten. Erik Nielsen betonte die Bedeutung, dass die Politik auch den Glauben an die Wirtschaft vermittle und den Menschen wieder Zuversicht gebe, damit Phänomene wie das "Angstsparen" ein Ende finden. Denn wichtige Impulse müssten von der Inlandsnachfrage in Europa kommen, das erfordere hohe Investitionen in die Zukunft. Entscheidend werde sein, dass die Europäischen Union den gemeinsamen Binnenmarkt stärke und die Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg weiter ausbaue, um voranzukommen.
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