Arbeitsmarktreport 2024
Fachkräftemangel sorgt für Stress bei Unternehmen und Personalsuchenden

Laut dem aktuellen Arbeitsmarktreport leiden fast drei Viertel der Recruiter:innen unter erhöhtem Druck.

Wie aktuelle Zahlen der Statistik Austria zeigen, war die Anzahl der offenen Stellen im 2. Quartal 2024 so niedrig wie seit dem 3. Quartal 2021 nicht mehr. Demnach gab es lediglich 174.700 ausgeschriebene Jobs österreichweit. Ja, die eingetrübte konjunkturelle Lage macht sich nun schon länger auf dem österreichischen Arbeitsmarkt bemerkbar. Doch bedeutet das auch, dass die wenigen zu besetzenden Stellen mit weniger Arbeit für heimische HR-Abteilungen einhergehen? Eine Antwort auf die Frage hat Xing im Rahmen ihres Arbeitsmarktreports 2024 gefunden.

Emotionale Belastung und Stress

Wie aus dem Report hervorgeht, hat die Mehrheit der Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen (81 Prozent). Als Folge davon sagen fast drei Viertel der Personalsuchenden (71 Prozent), dass der Druck auf sie in diesem Jahr zugenommen habe. 61 Prozent sprechen von einer erhöhten emotionalen Belastung und Stress. 

Außerdem haben 77 Prozent der Recruiter:innen angegeben, dass es seitens der Unternehmensführung hohe Erwartungen und Anforderungen an sie gebe – wie der Wunsch nach schnelleren Ergebnissen oder Unzufriedenheit bei verzögerten Einstellungen. Weiters haben 78 Prozent betont, dass für sie der Fachkräftemangel einen höheren administrativen Aufwand bedeute. "Viel von dem Druck, den Unternehmen wegen des Fachkräftemangels spüren, wird an die HR-Verantwortlichen weitergegeben. Sie haben aber oft begrenzten Handlungsspielraum und wenig Mittel zur Verfügung, um ihm entgegenzuwirken", sagt Sandra Bascha, Leitung Kommunikation Österreich. "Unternehmensführungen müssen in enger Zusammenarbeit mit ihren Personalabteilungen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Arbeitnehmer:innen erwarten flexible Arbeitszeitregelungen, faire Entlohnung und eine gute Work-Life-Balance."

Zusätzliche Aufgaben

Zudem belasten viele administrative Aufgaben die HR-Abteilungen, die für das Recruiting zuständig sind. Mit 53 Prozent gehört das Organisieren und Durchführen von Vorstellungsgesprächen zu jenen Tätigkeiten, mit denen Recruiter:innen derzeit am meisten beschäftigt sind. Aber auch die Vor- und Nachbereitung kostet Zeit: Dazu gehören Onboardingprozesse und administrative Aufgaben für neue Mitarbeiter:innen (44 Prozent), Screening von Bewerbungen und Lebensläufen (35 Prozent), die Recherche geeigneter Kandidat:innen und aktive Ansprache (35 Prozent), Auswertung von Feedback und Bewertung der Bewerber:innen nach Interviews (29 Prozent) sowie die Dokumentation und das Reporting von KPIs zum Beispiel zu Erfolgskontrolle, Time to hire, Drop-out Rate, Application Conversion Rate oder Cost per Hire (27 Prozent).

"Künstliche Intelligenz kann für HR-Verantwortliche eine hilfreiche Unterstützung sein, um Prozesse zu automatisieren oder Stellenausschreibungen schneller zu erstellen", so Bascha. "Gerade die administrativen Zeitfresser können so wirkungsvoll reduziert werden und schaffen Raum für die Kernkompetenzen von Recruiter:innen." Das spiegelt sich auch in den Wünschen der Recruiter:innen wider. 41 Prozent hätten gerne mehr Zeit für die Identifizierung geeigneter Kandidat:innen, 40 Prozent für die Organisation und Durchführung von Bewerbungsgesprächen und 39 Prozent würden gerne ihr Active Sourcing, also die eigenständige Suche nach neuen Mitarbeiter:innen, ausbauen.

Auswirkung auf Bewerber:innen

Der Fachkräftemangel erschwert den Recruiting-Prozess aber auch mit Blick auf die Bewerber:innen. 73 Prozent der HR-Verantwortlichen stimmen der Aussage "voll und ganz" bis "eher zu", dass es durch fehlende Arbeitskräfte eine große Unverbindlichkeit der Kandidat:innen gibt – dazu zählen Ghosting, schlechte Erreichbarkeit, Absage nach Zusage u. v. m. 13 Prozent der Personaler:innen berichten darüber, schon häufiger oder sehr häufig Erfahrungen mit Ghosting gemacht zu haben, weitere 63 Prozent gelegentlich. Außerdem stimmten die Befragten der Aussage "voll und ganz" sowie "eher zu", dass es zunehmend höheren Erwartungen der Bewerber:innen an Jobbedingungen, Unternehmenskultur und Benefits gibt. 

Gelöst werden könnte dieses Problem mittels Candidate Experience für Bewerber:innen. Dieser äußert sich durch Schnelligkeit des Recruiting-Prozesses. Mit 59 Prozent Zustimmung sind Recruiter:innen der Meinung, dass diese in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger denn je seien. Im Rahmen des Arbeitsmarktreports 2024 wurden auch 1.000 österreichische Beschäftigte zu dem Thema befragt. Hier zeigte sich, dass die meisten Kandidat:innen einen zügigeren Bewerbungsprozess bevorzugen. Obendrein wünschen sie sich eine Rückmeldung des Unternehmens innerhalb von einer Woche. Für längere Rückmeldungszeiten sinkt die Zustimmung rapide. Für Bewerber:innen sind fehlende Rückmeldungen (44 Prozent), lange Wartezeiten (32 Prozent) und intransparente Gehaltsangaben (28 Prozent), aber auch aufwendige und langwierige Bewerbungsprozesse (26 Prozent) die größten Stressfaktoren bei der Jobsuche – so entsteht zusätzlich Druck auf die Personaler:innen.

Wie Recruiter:innen in die Zukunft blicken

Nach den Plänen für das restliche Jahr 2024 gefragt, haben die meisten Personaler:innen das Finden neuer Mitarbeiter:innen als relevantesten Punkt in der Planung angegeben. Active Sourcing wird dabei von ganzen 94 Prozent als "eher bis sehr wichtig" bewertet. Nur ein Prozent der Befragten betreibt überhaupt kein Active Sourcing. 

Weiters möchten sich 32 Prozent auf das Führen von Bewerbungsgesprächen konzentrieren. Für 31 Prozent steht wiederum die Einführung von KI und Digitalisierung sowie das Bekämpfen des Fachkräftemangels ganz oben auf der To-do-Liste. Dazu gehört die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und Angebote wie Remote Work oder neue Arbeitszeitmodelle (55 Prozent) sowie die Intensivierung von Weiterbildungsangeboten für das Recruiting-Team, um den Herausforderungen des Fachkräftemangels besser begegnen zu können (43 Prozent). Auch die Implementierung von Empfehlungsprogrammen, um bestehende Mitarbeitende zur Empfehlung qualifizierter Kandidat:innen zu motivieren (43 Prozent), steht auf der Agenda. Mit nur 29 Prozent steht mehr Einsatz von Technologie und KI auf dem drittletzten Platz. "Die Transformation der Arbeitswelt braucht aber smartes Recruiting, eine neue Art der Jobsuche und flexible Arbeitsmodelle", unterstreicht Bascha. "Recruiting ist ein Erfolgsfaktor. Die Verantwortung dafür darf nicht nur auf den Schultern der Personalabteilung liegen, sondern muss in der Unternehmensführung strategisch verankert sein."

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