Wie erwartet, folgt die Europäische Union den USA und will künftig Strafzölle auf Elektroautos aus China einheben. Während der Aufschlag in den Vereinigten Staaten generell 100 Prozent beträgt, hat sich die EU-Kommission für Abstufungen entschlossen. Konkret werden bis zu 38,1 Prozent fällig. Derzeit liegt der Einfuhrzoll bei zehn Prozent. Während einige Wirtschaftsvertreter:innen über die Maßnahme jubeln, üben andere Kritik. China hat jedenfalls unmittelbar nach der Ankündigung verkündet, entschlossen auf die Strafzölle reagieren zu wollen.
Ganz fix ist die Einführung jedoch noch nicht. Deutschland, das zuletzt massiv gegen Strafzölle eingetreten war, weil es seine eigene Automobilwirtschaft dadurch in Gefahr sieht, sorgte für eine Schonfrist bis Anfang Juli. Bis dahin will die EU-Kommission mit den chinesischen Behörden und den betroffenen Herstellern noch über eine Erhöhung der Zölle verhandeln. Kommt man dabei auf keinen grünen Zweig, dürften die Strafzölle ab 4. Juli 2024 schlagend werden.
Zölle zwischen 17 und 38 Prozent
Doch wie sehen die geplanten Zölle nun konkret aus? Laut den vorgelegten Plänen ist für BYD ein Importzoll von 17,4 Prozent angedacht, für Geely werden demnach 20 Prozent fällig und bei SAIC sind es 38,1 Prozent. Von anderen chinesischen Autobauern, die bei der Untersuchung mit der EU kooperiert haben, soll ein durchschnittlicher Zollsatz von 21 Prozent eingefordert werden. Bei E-Auto-Herstellern, die nicht kooperationsbereit waren, soll der Strafzoll 38,1 Prozent betragen.
Laut ersten Berechnungen soll die Entscheidung der EU für Ausgleichszölle auf chinesische Stromer zu einem Rückgang der Importe aus der Volksrepublik in diesem Bereich von rund 25 Prozent führen. Das entspreche einem Wert von knapp vier Milliarden Euro.
Während sich zahlreiche europäische Vertreter:innen unterschiedlicher Wirtschaftsbranchen über die Maßnahme freuen, da die EU so endlich einmal Härte gegen die "Preisdumping-Aktionen" Chinas zeige, muss die EU-Kommission auch Kritik einstecken. Vor allem europäische Autokonzerne – allen voran jene aus Deutschland – hatten sich aber klar gegen die Zölle ausgesprochen und fürchten Vergeltungsmaßnahmen. Die Sorge kommt nicht überraschend. Schließlich ist der chinesische Markt für viele europäische Autobauer von enormer Bedeutung. Für den Volkswagenkonzern ist er sogar der weltweit wichtigste. Darüber hinaus sind einige Unternehmen von den EU-Strafzöllen selbst betroffen, denn sie produzieren auch in China E-Fahrzeuge für den Export. Dazu zählen u. a. BMW, Mini, Renault/Dacia, Cupra oder die (teils) zu Geely gehörenden Marken Smart, Polestar und Lotus. Gleiches gilt für den US-Autobauer Tesla, der sein Model 3 für Europa u. a. in der Volksrepublik fertigen lässt.
Unterschiedliche Ansichten
Aus Österreichs Industrie sprach sich unlängst KTM-Eigentümer und IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer gegen Strafzölle aus. Auch Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, zeigte sich im Vorfeld wenig erfreut: "Maßnahmen wie die nun im Raum stehenden wirken sich unweigerlich auf alle Märkte aus, selbst auf einen verhältnismäßig kleinen wie den österreichischen." Auch sei die Ausgangssituation in Österreich ebenso wie in ganz Europa anders als in den USA. Ein großer Teil der aus China nach Europa importierten E-Autos werden dort von europäischen Herstellern produziert. "Wir würden uns damit demnach selbst besteuern und die Mobilitätswende durch die daraus resultierenden Preissteigerungen zusätzlich gefährden", so Kerle.
Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), sieht die Entscheidung hingegen als ein Signal der Stärke: "Die zu erwartende Erhöhung der Preise für Elektroautos wird allerdings die Klimatransformation verteuern. Die richtige Balance zwischen fairem Wettbewerb und der Förderung grüner Technologien bleibt eine zentrale Herausforderung". Entscheidend sei jedoch, dass Europa in dieser Angelegenheit geschlossen auftrete und sich nicht auseinanderdividieren lasse. Nur durch eine geeinte Front könne die EU ihre Interessen wirkungsvoll verteidigen, so der Kieler Wirtschaftsforscher.
Erste Reaktion aus China
Die EU sieht die Strafzölle als eine Reaktion darauf, dass die chinesische Regierung den heimischen Autobauern durch hohe Subventionen einen Wettbewerbsvorteil verschaffe. Auf eine erste Reaktion aus dem Reich der Mitte musste man nicht lange warten. China werde die Entwicklung genau beobachten und entschlossen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte chinesischer Unternehmen zu schützen, wird das Handelsministerium in Peking in mehreren Medien zitiert.
www.commission.europa.eu
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