Obwohl in der Ukraine noch immer ein verheerender Krieg läuft und die Invasion Russlands noch immer in vollem Gange ist, blickt das Land schon in die Zukunft und sucht Verbündete für die Zeit danach.
Rund 60 Vertreter:innen
Vor diesem Hintergrund reisten rund 60 Vertreter:innen führender Industrie- und Infrastrukturunternehmen auf Einladung der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV-NÖ) in die Ukraine und nahmen an einer mehrtägigen Wirtschaftsmission unter der Leitung von NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner teil. Die Organisation der Reise fand in enger Zusammenarbeit mit der Aussenwirtschaft Austria und dem AußenwirtschaftsCenter Kyjiw statt.
Laut der Landeshauptfrau handelte es sich bei der Delegationsreise um "eine Wirtschaftsmission, von der beide Seiten profitieren sollen. Wir wollen unseren Betrieben, die gerade gegen eine hartnäckige Rezession kämpfen, den Weg zu neuen Aufträgen ebnen und die Ukraine beim Wiederaufbau unterstützen. Uns ist wichtig zu betonen: Wir verstehen uns als Freunde und Partner der Ukraine."
Ziel der Reise
Ziel der Reise war es, trotz anhaltenden Krieges, neue Partnerschaften anzustoßen, konkrete Projekte für den Wiederaufbau zu vertiefen, Kooperationen auf Schiene zu bringen und ein sichtbares Zeichen wirtschaftlicher Solidarität zu setzen. Johanna Mikl-Leitner sagte weiters, dass wir "nicht nur humanitär, sondern auch beim Aufbau der Wirtschaft helfen wollen. Es gibt großen Bedarf unter anderem in der Verkehrsinfrastruktur, Bahninfrastruktur, im Wohnbau, bei erneuerbarer Energie und der Abfallwirtschaft. Niederösterreich als größtes Bundesland Österreichs hat in all diesen Bereichen große Erfahrung und Know-how." Durch die Delegationsreise wolle man Türöffner für die heimische Wirtschaft sein.
Gespräche, Wirtschaftsforum und Besuche
Im Zentrum der Reise standen hochrangige wirtschaftliche und politische Gespräche mit Ministerpräsident Denys Schmyhal, dem außenpolitischen Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj Igor Zhovkva, Infrastrukturminister Dmytro Kuleba, Energieminister German Galushchenko, und dem Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko. Außerdem stand ein Wirtschaftsforum im Mittelpunkt sowie Besuche zerstörter Orte wie Hostomel und Moschtschun.
"Ich bin betroffen über das Ausmaß der Zerstörung, das wir in der Ukraine gesehen haben, aber genauso beeindruckt vom Optimismus und der Entschlossenheit der Menschen, das Land wieder aufzubauen. Unsere Delegation wurde sehr herzlich empfangen. Die Wertschätzung dafür, dass wir in dieser schwierigen Zeit vor Ort sind, war deutlich spürbar", so IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner bei seiner Rückkehr.
Ochsner unterstrich: "Eine Wirtschaftsmission ist immer auch eine Friedensmission. Krieg hinterlässt Zerstörung. Wirtschaft und Industrie schaffen Werte. Wenn die Ukraine für unsere europäischen Werte kämpft, ist es für uns selbstverständlich, beim Wiederaufbau Verantwortung zu übernehmen. Wir haben diese Reise angestoßen und organisiert, um Chancen für beiden Seiten zu eröffnen – für Zusammenarbeit, für wirtschaftliche Entwicklung und für Stabilität. Die Ukraine braucht starke Partner – und unsere Industriebetriebe sind entschlossen und bereit, einen wesentlichen Beitrag zu leisten."
Enge Zusammenarbeit schafft Perspektive
"Österreich und die Ukraine verbindet eine lange und starke Partnerschaft. Mit der Wirtschaftsmission wollen wir Partnerschaften anstoßen und Projekte für den Wiederaufbau vertiefen. Durch eine enge Zusammenarbeit schaffen wir eine Perspektive und legen den Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung der Ukraine. Wirtschaft und Industrie verbindet und nur gemeinsam können wir die Zukunft gestalten", sagte IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren.
Im Land sind noch mehr als 1.000 österreichische Firmen aktiv, davon 200 mit eigenen Niederlassungen. Besonders stark vertreten seien Betriebe in der Papier- und Verpackungsindustrie, der Bauwirtschaft sowie im Finanz- und Versicherungssektor.
"Österreich war vor dem Krieg der sechstgrößte ausländische Investor in der Ukraine. Unsere Unternehmen genießen einen exzellenten Ruf – besonders in den Bereichen Energie, Infrastruktur, Bahn und Green-Tech. Genau diese Expertise wird jetzt gefragt sein. Die Ukraine will beim Wiederaufbau auch auf österreichisches Know-how zurückgreifen. Für unsere Industrie ergeben sich daraus Chancen, aber es geht nicht nur ums Geschäft. Es ist auch unsere moralische Pflicht, die Ukraine zumindest wirtschaftlich – indirekt – im Kampf für unsere gemeinsamen, demokratischen Werte in Europa zu unterstützen", zog IV-NÖ-Präsident Ochsner Bilanz.
Vier Vereinbarungen
"Der Wiederaufbau der Ukraine ist ein Jahrhundertprojekt. Wir hatten Gespräche auf höchster politischer Ebene und wurden als hochwillkommener Partner empfangen. Das hat uns gezeigt: In der Ukraine ist man an konkreter Zusammenarbeit mit Österreich interessiert. Die IV-NÖ und Unternehmen haben im Rahmen der Wirtschaftsmission Memoranden of Understanding im Energie- und Infrastrukturbereich unterzeichnet. Das ist ein klares Signal, dass nicht bis zum Ende des Krieges gewartet wird, sondern jetzt die Basis für langfristige Kooperationen gelegt wird", berichtet IV-NÖ-Geschäftsführerin Michaela Roither.
Im Rahmen eines Wirtschaftsforums des AußenwirtschaftsCenter Kyjiw zwischen österreichischen und ukrainischen Partner:innen wurden außerdem vier Vereinbarungen unterzeichnet:
- IV-NÖ, Wirtschaftskammer NÖ & State Energy Efficiency Agency of Ukraine: Kooperation zu Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und grünen Technologien.
- Flughafen Wien & Airport Association of Ukraine: Partnerschaft zum Wiederaufbau der ukrainischen Flughafeninfrastruktur.
- RAG Austria & EcoOptima: Aufbau eines großangelegten Wasserstoffprojekts in der Westukraine ("H2EU+Store").
- Ochsner Wärmepumpen & SAAE: Strategische Kooperation zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors und Aufbau eines Produktionsstandorts in der Ukraine
Auch ein bereits bestehendes Abkommen zwischen dem Land Niederösterreich und dem Oblast Kyjiw wurde erneuert und erweitert, etwa durch einen verstärkten Verwaltungsaustausch, neue Wirtschafts- und Bildungsdialoge sowie Kooperationen im Gesundheitsbereich.
www.niederoesterreich.iv.at
www.noe.gv.at
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