Interview mit Dieter Fenz
"Der österreichische Tourismus hätte sich ein eigenes Ministerium verdient"

Im LEADERSNET-Interview spricht Dieter Fenz, Langzeitdirektor des Vienna Marriott Hotels und Paradetouristiker der Wiener 5-Sterne-Hotellerie, u. a. darüber, was sein Hotel aus der Masse abhebt, wie man die Balance zwischen globaler Brand und lokaler Identität schafft, wie es der Wiener Spitzenhotellerie zurzeit geht und wie er die aktuellen politischen Rahmenbedingungen für den Tourismus beurteilt.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Direktor Fenz, Sie sind General Manager des Vienna Marriott Hotels und ein Urgestein der Wiener 5-Sterne-Hotellerie. Wie geht es der Spitzenhotellerie aktuell?

Dieter Fenz: Derzeit geht es uns in der Branche sehr gut. 2024 war ein herausragendes Jahr – sowohl für den Tourismus in Wien als auch für ganz Österreich. Auch die Ferienhotellerie hat stark profitiert. Das Jahr 2024 war klar das Jahr des Wiener Tourismus, und wir hoffen, dass wir 2025 auf dieser Erfolgswelle weiterreiten können.

LEADERSNET: Die Hotellerie funktioniert derzeit so gut wie kaum zuvor. Woran liegt die starke Performance der Wiener Stadthotellerie?

Fenz: Wien überzeugt mit hoher Lebensqualität, kultureller Vielfalt und perfekter Infrastruktur. Die Stadt ist sicher, sauber und bestens angebunden. Die Hotellerie hat zudem laufend in Qualität, Personal und Angebote investiert – das zahlt sich aus. Wien ist heute eine der begehrtesten Städtedestinationen Europas.

LEADERSNET: Wie groß ist das Marriott in Wien – und wie viele Mitarbeitende beschäftigen Sie?

Fenz: Das Vienna Marriott wurde 1985 als das 142. Haus der Marke eröffnet. Heute zählt Marriott weltweit über 9.000 Hotels. Unser Standort am Parkring beschäftigt rund 300 Mitarbeitende – viele davon sind seit über zehn Jahren bei uns. Wir verfügen über 328 Zimmer, elf Veranstaltungsräume, eine große Lobby und mehrere Gastronomiebereiche.

LEADERSNET: Wen sprechen Sie mit Ihrem Angebot besonders an?

Fenz: Wir sind ein klassisches Business- und Freizeithotel – mit internationaler Klientel. Aber wir sind auch stark im lokalen Markt verankert: Rund 80 bis 90 Prozent unserer Gäste in der Gastronomie – also in unseren drei Restaurants und zwei Bars – kommen aus Wien. Das ist für ein internationales Kettenhotel alles andere als selbstverständlich. Wir verstehen uns daher auch als Teil der Wiener Stadtkultur.

LEADERSNET: Ein besonderes Aushängeschild ist Ihre Champions Sports Bar. Was macht sie so einzigartig?

Fenz: Die Champions Sports Bar ist mehr als ein Restaurant – sie ist ein Treffpunkt. Direkt gegenüber vom Stadtpark gelegen, ist sie Anlaufstelle für Sportfans, Expats, internationale Gäste und Wiener:innen. Wir übertragen Live-Sport auf mehreren Bildschirmen, kooperieren mit Sportinstitutionen und veranstalten auch große Events wie Superbowl-Abende oder Public Viewings. Die Kombination aus amerikanischer Sportbegeisterung und Wiener Gastlichkeit ist unser Erfolgsrezept.

LEADERSNET: Sie bieten auch Catering-Leistungen an. Was umfasst dieses Angebot?

Fenz: Unser Kerngeschäft bleibt klar die Hotellerie mit all ihren Facetten. Aber wir bieten auch Inhouse-Catering auf höchstem Niveau sowie selektives Offsite-Catering für besondere Anlässe. Von Galaabenden über Business-Empfänge bis hin zu externen Großevents – unser Team ist flexibel und routiniert. Wichtig ist uns, dass sich unsere Handschrift in jeder Veranstaltung wiederfindet.

LEADERSNET: Das Vienna Marriott renoviert aktuell einen Teil seiner Zimmer. Worauf dürfen sich Ihre Gäste freuen?

Fenz: Wir setzen bei der Renovierung auf modernes Design, smarte Technik, viel Komfort und eine hochwertige Materialwahl. Es geht darum, internationale Standards mit Wiener Charme zu verbinden. Die Hälfte der Zimmer ist bereits fertiggestellt, die zweite Etappe folgt Anfang 2026. Die Gäste dürfen sich auf ein frisches, stilvolles Hotelerlebnis freuen.

LEADERSNET: Wien gilt als eine der führenden Kongressstädte weltweit. Was ist der USP des Wiener Wirtschaftstourismus – und welche Rolle spielt das Marriott dabei?

Fenz: Der USP liegt im Zusammenspiel: WienTourismus, Convention Bureau, Hotels, professionelle Congress Organisatoren und Dienstleister ziehen an einem Strang. Die Stadt hat eine perfekte Infrastruktur, ist sicher, bietet viel Kultur und exzellente Erreichbarkeit. Wir als Marriott haben große, flexible Veranstaltungsräume – Events von 10 bis 1.500 Personen sind problemlos umsetzbar. Der MICE-Bereich ist ein wesentliches Geschäftsfeld für uns.

LEADERSNET: Sie haben den "General Manager Council Vienna" initiiert. Worum handelt es sich dabei?

Fenz: Der "General Manager Council Vienna" ist ein Zusammenschluss von aktuell 26 Wiener Fünf-Sterne-Hotels. Ziel ist es, die Interessen der gehobenen Stadthotellerie zu bündeln, den Austausch zu fördern und gemeinsam für den Standort Wien zu wirken. Wir stehen in engem Kontakt mit WienTourismus, dem Convention Bureau und der Österreichischen Hotelvereinigung und leisten auch Lobbyarbeit, um die Rahmenbedingungen für den Tourismus weiter zu verbessern.

LEADERSNET: Das Vienna Marriott gilt heute als stilprägendes Haus. Wofür steht es – auch im Veranstaltungsbereich?

Fenz: Für internationale Standards, hohe Servicequalität und gelebte Gastfreundschaft. Unsere Veranstaltungen wie Thanksgiving, Superbowl-Partys oder saisonale Brunches spiegeln unseren amerikanischen Ursprung wider. Gleichzeitig bieten wir Wiener Klassiker – vom Apfelstrudel bis zum Tafelspitz. Es ist dieser Spagat, der unser Profil ausmacht. Wir sind Marriott – aber wir sind auch Wien.

LEADERSNET: Wie schaffen Sie die Balance zwischen Global Brand und lokaler Identität?

Fenz: Indem wir nie aufhören, uns weiterzuentwickeln. Seit ich 2005 hier begonnen habe, haben wir vier umfassende Zimmer- und Hausrenovierungen durchgeführt. Wir investieren laufend in Personal, Technik und Atmosphäre. Gleichzeitig hören wir zu – sowohl unseren internationalen Gästen als auch den Wiener:innen. Nur so bleibt man relevant.

LEADERSNET: Wie beurteilen Sie die aktuellen politischen Rahmenbedingungen für den Tourismus?

Fenz: Ich finde es schade, dass es in einem Tourismusland wie Österreich kein eigenes Tourismusministerium mehr gibt. Der Tourismus wird politisch nicht in dem Ausmaß gewürdigt, wie es notwendig wäre. Die derzeitige Staatssekretärin ist auch für Energie und Start-ups zuständig – das ist zu viel für eine einzelne Position. Wir brauchen wieder eine starke, unabhängige Vertretung für den Tourismus auf Bundesebene.

LEADERSNET: Wie sehen Sie die Zukunft – mit Freude oder mit Respekt?

Fenz: Mit beidem. Wir dürfen zuversichtlich sein, aber wir müssen wachsam bleiben. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind nicht einfach, die Anforderungen steigen, der Wettbewerb wird internationaler. Österreich hat jedoch viele Vorteile: Sicherheit, Sauberkeit, Lebensqualität, Top-Infrastruktur. Das sind Stärken, die wir erhalten und ausbauen müssen. Dann haben wir auch in Zukunft gute Karten.

LEADERSNET: Vielen Dank, Herr Direktor Fenz!


Das gesamte Interview hören Sie in unserem Podcast:

www.marriott.com

dieter.fenz@marriotthotels.com
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