Interview mit Helmut Bernkopf
"Wir müssen uns den positiven und aktiven Zugang bewahren"

Die OeKB Gruppe stellt mit fünf großen Geschäftsbereichen zahlreiche Services bereit, die das Wirtschaftswachstum fördern und den Standort Österreich im globalen Wettbewerb stärken sollen. Im LEADERSNET-Interview erklärt Vorstand Helmut Bernkopf, wie man als Exportkreditagentur der Republik heimische Unternehmen mit Exporthaftungen und Finanzierungen unterstützt.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Bernkopf, das WIFO und IHS haben letzte Woche ihre neuen Konjunkturprognosen vorgestellt und sehen ein weiteres Rezessionsjahr auf uns zukommen. Wie nehmen Sie die aktuelle Situation wahr?

Helmut Bernkopf: Die Lage ist ernst, die heimische Industrieproduktion geht seit Anfang 2023 zurück. Die für Österreich so wichtige Exportwirtschaft leidet an der schwachen Konjunktur in Europa und der verschlechterten preislichen Wettbewerbsfähigkeit – und nun sorgt die erratische Zollpolitik von Trump für viel Unsicherheit, was die Weltwirtschaft bremst. Der Wert der Warenexporte ist 2024 um 4,9 Prozent gesunken, und auch heuer werden wir eher wenig bzw. kein Wachstum sehen.

LEADERSNET: Das klingt nach einer eher besorgniserregenden Lage...

Bernkopf: Die Situation ist nicht schönzureden, aber wir müssen uns den positiven und aktiven Zugang bewahren, den die heimische Exportwirtschaft seit jeher auszeichnet. Und es gibt ja auch wieder Anlass für Optimismus: Die Europäische Kommission und Deutschland haben große Infrastruktur- und Aufrüstungspakete vorgestellt, womit die Konjunktur in Europa ab Jahresmitte wieder an Schwung gewinnen sollte. Entsprechend zeigen sich in aktuellen Unternehmensumfragen auch erste Anzeichen für eine Erholung. Die internationalen Rahmenbedingungen bleiben jedoch weiterhin sehr unsicher, womit ich natürlich vor allem auf die neue Handelspolitik der USA anspiele.

LEADERSNET: Zum Zeitpunkt dieses Interviews hat Trump die Einführung von reziproken Zöllen und Sonderzöllen auf alle importierten Autos ab 2. April angekündigt. Was würde das für die heimische Wirtschaft bedeuten?

Bernkopf: Dazu ist zunächst klar festzuhalten: Bei Handelskonflikten gibt es auf beiden Seiten stets nur Verlierer. Die USA sind mittlerweile unser zweitwichtigster Exportmarkt, hier haben wir in den letzten Jahren die höchsten Zuwachsraten gesehen. Die längerfristigen Folgen von Zöllen und Gegenzöllen sind aktuell schwer abzuschätzen, zumal Trump wie schon erwähnt sehr erratisch agiert und immer wieder angekündigte Maßnahmen aussetzt oder widerruft. Die EU ist hier jedenfalls gefordert, Stärke zu zeigen und geschlossen darauf zu reagieren. Zudem kann die US-Politik auch eine Chance für Europa sein, wenn es gelingt, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und neue Handelspartnerschaften aufzubauen und entsprechende Abkommen abzuschließen.

LEADERSNET: Sie haben im letzten Jahr immer wieder dafür plädiert, dass Österreichs Exportwirtschaft ihre Absatzmärkte breiter diversifizieren sollte. Gilt dieser Befund noch immer?

Bernkopf: Das gilt mehr denn je. Ich habe mich damit letztes Jahr in erster Linie auf die Konjunkturschwäche in Europa bezogen, wohin rund 80 Prozent der heimischen Exporte gehen. Und wie sich gerade am Beispiel USA zeigt, können sich Dinge schnell ändern, die geopolitischen Unsicherheiten nehmen zu. Eine breitere Diversifizierung der Märkte ist für heimische Exportunternehmen somit dringlicher denn je und eine wichtige Strategie zur Erhöhung ihrer Resilienz. Und Wirtschaftswachstum findet weiterhin, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, statt.

LEADERSNET: In welchen Regionen sehen Sie hier besonderes Potenzial und wie kann die OeKB Unternehmen im Auslandsgeschäft unterstützen?

Bernkopf: Wir sehen hier unverändert großes und ungenutztes Potenzial auf asiatischen Märkten, insbesondere in Indien und den meisten ASEAN Staaten, aber auch in der MENA-Region oder Lateinamerika. Hier können Unternehmen mit unseren Exportgarantien des Bundes auch höhere wirtschaftliche und politische Risiken absichern. Zudem agiert die OeKB zunehmend auch proaktiv und als Trade Creator. So bieten wir beispielsweise ausländischen Banken oder großen Projektentwicklern flexible Finanzierungslinien für Einkäufe von Waren oder Dienstleistungen aus Österreich. Mit diesen "Shopping Lines" können wir gerade auch KMU den Zugang zu neuen Wachstumsmärkten und großen Projekten erleichtern. Das entwickelt sich sehr positiv und wird auch heuer ein Schwerpunkt sein.

LEADERSNET: Zum Abschluss: Welche Nachfrage verzeichnen Sie bei Ihren Unterstützungsmöglichkeiten im Inland?

Bernkopf: Das Bild ist differenziert. Bei Liquiditätsprodukten verzeichnen wir eine gute Nachfrage – besonders bei der im letzten Jahr vorgestellten "Vorratsinvest", womit wir mittel- bis langfristige Finanzierungen von Lägern und Krediten an Lieferanten ermöglichen. So können Lieferketten unbürokratisch gefestigt und Ausfälle verhindert bzw. deren Folgen minimiert werden. Bei den Investitionen sehen wir aufgrund der anhaltenden Rezession und des unsicheren Ausblicks hingegen eine Zurückhaltung. Das gefährdet mittel- bis langfristig die Realisierung von Produktivitäts- und Innovationspotenzialen. Und der Ausbau von Erneuerbaren Energien und Netzen ist ebenfalls alternativlos, wenn Österreich als Industriestandort wettbewerbsfähig bleiben will. Hier braucht es auch politische Maßnahmen, damit Unternehmen ihre Investitionstätigkeit in Österreich wieder ausweiten.

www.oekb.at

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