Massive Auswirkungen befürchtet
Heimische Wirtschaft in Sorge wegen "Zoll-Keule" von Donald Trump

| Tobias Seifried 
| 03.04.2025

Hierzulande ist vor allem die Automobilindustrie von den Strafzöllen betroffen. Für sie sind die USA nach Deutschland der wichtigste Exportmarkt. Aber auch Branchen wie Handel, Industrie und Agrarbereich zeigen sich besorgt. Gefordert wird eine harte Gegenreaktion auf EU-Ebene. Dadurch könne Trump zurück an den Verhandlungstisch gezwungen werden, so Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer. 

Am Mittwochabend wurde klar, was sich Donald Trump unter dem "Tag der Befreiung" konkret vorstellt. Der US-Präsident hat Strafzölle für so gut wie alle Handelspartner angekündigt – gelten sollen sie bereits ab 9. April 2025. Mit den wechselseitigen Einfuhrzöllen gegen die ganze Welt möchte er "Amerika wieder reich machen". Für Einfuhren aus der EU werden 20 Prozent fällig (LEADERSNET berichtete), für Waren aus China betragen die Aufschläge sogar 34 Prozent und die Liste lässt sich sehr lange fortführen.

Harte Gegenmaßnahmen

Trumps "Zoll-Keule" bereitet auch der heimischen Wirtschaft Sorgen. Zahlreiche Vertreter:innen unterschiedlicher Branchen haben sich am Donnerstag zu Wort gemeldet. Der Großteil spricht sich für eine Gegenreaktion der Europäischen Union aus. Man müsse in dieser Situation Stärke beweisen, so der mehrheitliche Tenor. 

Auch Handels- und Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sprach sich am Donnerstag für heftige Gegenreaktionen vonseiten der EU aus. Angesichts der angekündigten neuen US-Zölle hat er am Donnerstag gemeinsam mit dem Präsidenten der Industriellenvereinigung Georg Knill, ein erstes Analysegespräch mit Wirtschaftswissenschafter Harald Oberhofer und führenden Vertreter:innen der österreichischen Exportwirtschaft einberufen. Im Anschluss gab Hattmansdorfer eine Stellungnahme ab. "Europa soll selbstbewusst und stark auftreten. Damit wir Donald Trump auch an den Verhandlungstisch zwingen, ist es jetzt wichtig, bei den Gegenmaßnahmen dort anzusetzen, wo es dem US-Präsidenten auch politisch wehtut. Das heißt, wir müssen republikanische Bundesstaaten und die Freunde von Donald Trump - die Techkonzerne - treffen", so der Minister. Damit meinte er höhere Steuern für Firmen wie Google oder den Facebook-Mutterkonzern Meta. Georg Knill plädierte für eine Lösung am Verhandlungstisch, da Handelsbarrieren Verlierer auf beiden Seiten brächten. 

Automobilbranche

Die bereits zuvor angekündigten Zölle von 25 Prozent auf importierte Autos sind mittlerweile bereits in Kraft. Kein Wunder, dass bei der heimischen Fahrzeugindustrie die Alarmglocken besonders laut schrillen. "Auch wenn die Gesamtexportquote der europäischen Länder in die USA nur wenige Prozent beträgt – für die österreichische Automobilindustrie sieht das anders aus: Hier sind die USA nach Deutschland der wichtigste Exportmarkt. Zudem werden viele Produkte österreichischer Zulieferbetriebe in Deutschland weiterverarbeitet und gelangen so über Deutschland in die Vereinigten Staaten", rief Hansjörg Tutner, Obmann-Stellvertreter des Fachverbandes der Fahrzeugindustrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am Donnerstag in Erinnerung.

"Tatsache ist, dass sich die Europäische Union derzeit in einer schwierigen Situation befindet. Angesichts der zusätzlichen US-Zölle wird es für Verhandlungen auf Augenhöhe notwendig sein, gegenüber der US-Regierung Stärke zu zeigen", so der Branchensprecher weiter. "Bei all dem sollte das übergeordnete Ziel die Abschaffung der gegenseitigen Zölle sein".

Wichtig sei in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass die Erhebung einer Umsatzsteuer alle Fahrzeuge unabhängig vom Herkunftsland gleichermaßen betrifft und kein Argument für US-Zölle sein könne. Zudem wirkten sich Zölle nicht nur negativ auf Hersteller außerhalb der USA aus, sondern in hohem Maße auch auf die amerikanischen Verbraucher:innen. "Zudem gefährden sie hunderttausende Arbeitsplätze, da mehrere europäische Automobilhersteller große Werke in den USA betreiben und ihre Produkte teilweise wieder nach Europa exportieren", so Tutner.

Da neben Europa auch Länder wie China, Südkorea, Mexiko, Großbritannien oder Japan von den US-Zöllen betroffen sind, sollte man darüber nachdenken, gemeinsam aufzutreten, um bei den Verhandlungen, die so schnell wie möglich stattfinden sollten, eine bessere Position zu haben.

Handel

Der Handelsverband (HV) zeigt sich besorgt über den drohenden Wirtschaftskrieg, denn die Maßnahmen könnten erhebliche Auswirkungen auf den österreichischen Handel und die Konsument:innen haben.

"Während alle über neue Zölle reden, sollten wir endlich jene Zollfreigrenzen, die in unserer eigenen Hand liegen, auf null senken, um uns zu schützen", sagte Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. "Die neuen US-Zölle treffen nicht nur die Exportwirtschaft, sondern werden auch den heimischen Handel und die Konsument:innen belasten. Höhere Importkosten führen zu steigenden Preisen für Endverbraucher:innen und könnten die Kaufkraft in Österreich negativ beeinflussen. Falls sich die wirtschaftliche Lage durch Zölle weiter eintrübt, könnte dies wiederum zu einer verstärkten Kaufzurückhaltung führen. Gleichzeitig ist eine wahre Lawine von Billigstprodukten aus Fernost zu erwarten. Wir müssen aufpassen, hier nicht zur Müllhalde des Planeten zu werden."​​​

Darüber hinaus fordert der HV die EU-Kommission auf, die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze voranzutreiben. Diese Freigrenze ermöglicht es derzeit, Waren bis zu einem Wert von 150 Euro zollfrei zu importieren, was insbesondere asiatische Onlinehändler bevorteilt und den heimischen Handel benachteilige.

"Die Europäische Union geht für 2024 von 4,6 Milliarden Paketen aus, die zollfrei nach Europa geliefert wurden. Die Paketlawine hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt. Rund zwei Drittel dieser Pakete sind falsch deklariert, um Zollgebühren zu umgehen und Einfuhrumsatzsteuer zu sparen. Wir reden hier von einem kriminellen Massenphänomen", so der Handelssprecher. Der Schaden für den österreichischen Handel liege bei rund 4,5 Milliarden Euro; der daraus resultierende Steuerentgang im Finanzministerium bei 900 Millionen Euro.

Landwirtschaft

Die Zollankündigung wird auch von Landwirtschaftskammer Österreich-Präsident Josef Moosbrugger kritisch bewertet: "Solche Handelseinschränkungen schaden der (Land-)Wirtschaft auf beiden Seiten. Daher fordern wir die EU-Kommission dringend auf, Gespräche mit der US-Regierung zu suchen, um gemeinsame Lösungen zu finden und eine weitere Verschärfung der Situation zu verhindern. Gelingt das nicht, wird Europa wohl selbst nicht umhinkommen, seine Wirtschaft gezielt zu schützen." Der außenpolitische Schwenk der USA sei weder mit den WTO-Prinzipien, noch mit dem bis dato liberalen geopolitischen Ansatz erklär- und vereinbar, so der LKÖ-Präsident.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind laut Moosbrugger das zehntwichtigste Exportland Österreichs im Agrar- und Lebensmittelbereich. Waren im Wert von 272 Millionen Euro gingen laut Statistik Austria zuletzt – von Jänner bis September 2024 – in die USA. Das entspricht zwei Prozent aller Ausfuhren im Rahmen der Zollkapitel 1-24, die einen Gesamtwert von 12,65 Milliarden Euro hatten. Der Anteil der Agrarexporte (K1-24) an den Gesamtexporten Österreichs (K01-97) umfasst 8,8 Prozent.

"Die Qualitätsstrategie der europäischen Lebensmittel-Erzeugung ist auch auf den internationalen Märkten der Erfolgsfaktor beim Export. Das hat wohl zu besonders hohen prohibitiven Zöllen für die EU beigetragen. Trotzdem ist diese Vorgangsweise nicht nachvollziehbar und für beide Seiten schädlich", warnt Moosbrugger.

www.usa.gov

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