Seit Beginn der 1990er Jahre beschäftigt sich Fronius mit dem Zukunftsthema Sonnenenergie. Das Unternehmen wurde dafür zur damaligen Zeit noch belächelt, nun hat sich dieses Modell allerdings zum wichtigsten Geschäftsbereich des Familienbetriebs entwickelt. Laut eigenen Angaben hat sich für Fronius der Geschäftszweig der Solarenergie erst im Verlauf der letzten Jahre heraus entwickelt. Nach dem Bau der Batterieladetechnik konnte der Betrieb größere Erfolge verzeichnen, die schließlich 1981 in die Einführung in eines neuen Schweißgeräts gipfelten.
"Wir sind uns allerdings mehr und mehr wie Stromräuber vorgekommen", denkt Geschäftsführerin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß zurück. "Man muss sich vorstellen, dass die Schweißtechnik zur damaligen Zeit Unmengen an Energie benötigt hat. Wir wollten einen Teil dieses Stroms wieder 'zurückliefern' und haben erste Versuche mit Photovoltaik-Modulen gestartet. Es war die Geburtsstunde der Business Unit Solar Energy." Sie erinnert sich außerdem weiters an die anfänglichen Schwierigkeiten ihrer neuen Idee: "Wir sind in der Anfangsphase häufig als die grünen Spinner dargestellt worden und hatten große Schwierigkeiten unsere Geräte am Markt unterzubringen. Man muss sich vorstellen, dass wir damals pro Woche nur rund ein bis zwei Wechselrichter gefertigt haben."
Das Stattfinden eines Umdenkprozesses
Wie sehr sich die Sichtweise auf Solarenergie im Verlauf der Jahre verändert hat, zeigen die aktuellen Zahlen. Schließlich hat dieser Geschäftsbereich jenen der Schweißtechnik bereits überholt. Fronius könne mit einem geplanten heurigen Output von 510.000 Wechselrichtern als größter Hersteller von Prosumer-Lösungen in Europa betrachtet werden. Weiters heißt es in einer aktuellen Aussendung, dass bereits 3,4 Millionen Wechselrichter der Firma in Betrieb seien. Dieser Umstand wiederum resultiere in rund 35,1 TWh an sauberer Sonnenenergie jährlich.
Ein positiver Nebeneffekt hiervon sei, dass die Energieversorgung mehr dezentralisiert werde, indem die Kund:innen selbst zu Produzent:innen werden – sie erzeugen ihren eigenen Strom, verbrauchen diesen lokal und geben den Überschuss an andere Verbraucher:innen weiter. Vor allem externe Umweltfaktoren wie beispielsweise hohe Energiepreise und die künftige Eigenversorgung Europas würden diese Entwicklung stetig verstärken. Hierzu verrät Martin Hackl, Marketing- und Vertriebsleiter der Solar Energy: "Im Fokus steht dabei immer die hohe Relevanz einer europäischen Wertschöpfung. Speziell aufgrund der jüngsten Lieferengpässe strebt Europa eine reduzierte Abhängigkeit von anderen Märkten an."
Regionale Produktionswerke statt Outsourcing
Daher habe das Unternehmen Standorte wie Österreich und Tschechien für seine Produktionswerke gewählt und zieht Outsourcing keinesfalls in Erwägung. Viel mehr bleibe die Erzeugung in regionaler Hand: "Wir bereiten uns strategisch auf das große Wachstum in Europa vor und investieren massiv in den Ausbau unserer Produktion und Kapazitäten", meint Martin Hackl.
Zur Veranschaulichung kann hier der neue Fertigungs- und Logistikstandort im oberösterreichischen Sattledt herangezogen werden. Hier wird die Nutzfläche von 41.000 um weitere 28.000 Quadratmeter vergrößert. Die Fertigstellung dieses Produktionswerkes ist für Ende Juli 2022 geplant, danach soll die schrittweise Besiedelung der neuen Flächen erfolgen.
Expansion wird nicht um jeden Preis durchgeführt
Als das Unternehmen sich zwischen 2011 und 2013 in der Solar-Krise befand, bewährte sich die Methode in guten Zeiten zu sparen, um für schlechte Zeiten abgesichert zu sein. "Wir haben unsere vorhandenen Mittel in die Forschung und Entwicklung investiert und auf diese Weise den Geschäftsbereich vor rund zehn Jahren gerettet. Eine Bank hätte uns diese Mittel vermutlich nicht zur Verfügung gestellt", meint Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß.
Personalressourcen für wachsenden Geschäftszweig nötig
Das konstante Wachstum des Wirtschaftsbereichs führe den Unternehmensangaben zufolge unweigerlich zu einem starken Anstieg an Arbeitskräften. Dieser Anstieg berge allerdings eine Herausforderung, mit der sich viele große Unternehmen konfrontiert sehen: die Verfügbarkeit von Arbeitnehmer:innen. "Wir müssen die Arbeitszeiten flexibler denken. Speziell die Arbeit im Schichtbetrieb bietet immer wieder Platz für Diskussionen. Dem gegenüber stehen viele Väter und Mütter, die gerade durch die Schichttaktung ihre Zeit mit den Kindern besser einteilen können. Und es gibt Studierende, Vereinsmitglieder oder Selbstständige, die nicht nur Stunden reduzieren, sondern auch gewisse Rhythmen verändern wollen. Genau hier setzen wir an und wollen Österreichs menschenfreundlichste Fertigung werden", sieht der Denkansatz von Geschäftsleitungs-Mitglied Thomas Herndler vor.
Zu den genannten Schichtmodellen laufen bereits erste Pilotprojekte. Zusätzlich sieht sich das Unternehmen als zukunftsorientiert und hat daher großen Wert auf die Ausbildung der nächsten Generation gelegt. Pünktlich zum letztjährigen Lehrstart beschäftigt der oberösterreichische Betrieb, laut eigenen Angaben, rund 160 Lehrlinge in 16 verschiedenen Berufsbildern. (ta)
www.fronius.com
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