Nicola Pohoralek im Interview
"Nur wenn das Vertrauen der Nutzer in die Marke überwiegt, werden Käufe getätigt"

Im LEADERSNET-Interview spricht Nicola Pohoralek, Managing Director GroupM, unter anderem über den Black Friday und darüber, wie die GroupM derartiges auf verschiedenen Kanälen bewirbt, auf welche Herausforderungen sie dabei stößt und wie der mobile Einkauf den Internetauftritt der Händler:innen beeinflusst. 

LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Pohoralek, Shopping- bzw. Schnäppchentage wie der Black Friday haben sich im Handel als starke Umsatztreiber erwiesen. Wo liegen hier für Retailer die Herausforderungen, dass sie ihre Zielgruppen punktgenau und zum richtigen Zeitpunkt erreichen?

Nicola Pohoralek: Heutzutage sprechen wir nicht mehr wirklich von einem "Black Friday", sondern eher von einer "Black Week" oder sogar einem "Black Month". Die Herausforderungen, Zielgruppen präzise und zur richtigen Zeit zu erreichen, sind im Mediengeschäft vielfältig und erfordern eine vorgeplante Strategie, um unter vielen Wettbewerbern vor Weihnachten sichtbar zu sein, wahrgenommen zu werden und im besten Fall eine gute Performance zu erzielen.

Im digitalen Bereich bedeutet dies, dass Monate im Voraus die Marke gestärkt, die richtigen Nutzer angesprochen und möglicherweise zur Interaktion mit der Marke oder den Produkten angeregt werden müssen. Nur wenn das Vertrauen der Nutzer in die Marke überwiegt, werden Käufe getätigt. Je nach Bekanntheitsgrad der Marke muss hier mehr oder weniger "Vorarbeit" geleistet werden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass Werbeflächen, insbesondere auf großen Plattformen, versteigert werden. Dabei geht es jedoch nicht nur um den höchsten gebotenen Preis, sondern auch um die Qualität und Relevanz, die eine Marke aufgebaut hat. Google spiegelt dies beispielsweise im Qualitätsfaktor wider. Daher ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, die bereits vor dem Black Friday in beide Parameter (Qualität & Relevanz) einzahlen; andernfalls wird das für Medien eingesetzte Budget nicht den gewünschten Erfolg erzielen.

LEADERSNET: Welche Lösungen bietet GroupM an, damit die Botschaften pünktlich und über alle wichtigen Kanäle ausgeliefert werden?

Pohoralek: Es gibt nicht die eine Lösung, sondern nur individuelle, die auf unsere Kund:innen und ihre Marken zugeschnitten sind. Wir entwickeln Funnel-Strategien bereits vor Weihnachten, um die beste Performance für den Black Friday garantieren zu können. Interessenbasiertes oder prädiktives Targeting kann hierbei sicherlich helfen. Aber wir haben auch hervorragende Erfahrungen mit unserem eigenen, maßgeschneiderten Algorithmus gemacht, der überhaupt kein User-Targeting verwendet, sondern breit startet und dann für die gewünschten Performance-KPIs optimiert. Da ein Algorithmus Zeit zum Lernen benötigt, muss eine Performance-Strategie klug vor dem Black Friday aufgesetzt werden.

LEADERSNET: Am Black-Friday-Kuchen wollen mittlerweile die meisten Händler:innen mitnaschen. Nach Europa kam der Trend zunächst via Amazon. GroupM ist in mehreren Märkten tätig. Welche Rolle spielt Amazon am Black Friday in Österreich und in Deutschland? Gibt es da Unterschiede?

Pohoralek: Leider gibt es keine genauen Zahlen für Amazon in Österreich. Vergleicht man jedoch die Bewertungen von amazon.de mit deutschen Einzelhändlern, so sind die Umsätze bei Amazon dreimal höher als bei den besten deutschen Händlern wie Otto oder Mediamarkt. Daher kann angenommen werden, dass die Beliebtheit und Bekanntheit von Black Friday-Aktionsrabatten durch Online-Händler in der gesamten DACH-Region zugenommen haben. Die einfache Online-Bestellung aller Produkte, schnelle Lieferung, sichere Bezahlung und die Möglichkeit, bestellte Artikel problemlos zurückzusenden, verschaffen Amazon einen klaren Vorteil. Leider können viele unserer heimischen Anbieter mit einem solchen Service nicht immer mithalten, obwohl sich die Einstellung der Verbraucher zumindest leicht in Richtung des heimischen Aspekts ihrer Einkäufe verschiebt und der Einkaufstrend sich in Richtung unserer heimischen Anbieter bewegt. Eine jährliche Studie des österreichischen Handelsverbands zeigt, dass im Jahr 2023 der Anteil des Online-Handels insgesamt um 8,6 Prozent gesunken ist, während der Anteil der heimischen Anbieter von 46 auf 49 Prozent gestiegen ist. Das, was aber klar ersichtlich ist, ist, dass die geplanten Ausgaben für den Black Friday in Österreich im letzten Jahr zurückgegangen sind. Dies hat mit Sicherheit mit der Inflation und der Tatsache zu tun, dass Haushalte mehr auf ihr Geld schauen müssen.

LEADERSNET: Mittlerweile hat sich rund um den Black Friday ein länger andauerndes Shopping-Event entwickelt – Stichworte: Black Week oder Black Month. Macht das die Arbeit von Agenturen schwerer oder leichter? Dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und/oder Algorithmen müsste ein längerer Zeitraum eigentlich entgegenkommen.

Pohoralek: Das stimmt. Dennoch müssen im Vorfeld die besten Voraussetzungen geschaffen werden, damit ein Algorithmus zur richtigen Zeit die beste Performance liefern kann. Das bedeutet Vorbereitung in der Kampagnenstrategie, Optimierung und Preisentwicklung, die in der Regel eine Auktion ist. Natürlich ist es einfacher, wenn man dafür mehr als nur einen Tag hat, damit die KI lernen kann, aber die Vorarbeit bleibt bestehen und muss individuell auf die Kund:innen und ihre Marken zugeschnitten sein.

LEADERSNET: Rund um derartige Shoppingevents herrscht auch immer eine große Rabattschlacht, die dazu führt, dass der Handel zwar den Umsatz deutlich steigert, unterm Strich aber oft kein bis wenig Gewinn überbleibt. Welche Strategie steckt hier dahinter? Macht man da gezwungenermaßen mit, um bei den Kund:innen im Gedächtnis zu bleiben, oder lohnt sich das auf längere Sicht auch finanziell?

Pohoralek: Um eine genaue Aussage darüber zu treffen, bräuchte ich Zahlen, die ich leider nicht habe. Unsere Aufgabe als Mediaagentur ist es jedoch natürlich, den Umsatz und Gewinn unserer Kund:innen zu maximieren. Allein am Black Friday teilzunehmen, halte ich in den wenigsten Fällen für eine sinnvolle Strategie. Vielmehr führen wir unsere Kund:innen durch eine längerfristige Strategie und Herangehensweise, basierend auf unseren Einblicken in das breitere Einkaufsverhalten der Verbraucher.

LEADERSNET: In den letzten Jahren hat sich bei den Konsument:innen eindeutig ein Trend in Richtung "mobile" entwickelt. Was bedeutet das für Händler:innen und deren Internetauftritt?

Pohoralek: Der mobile Einkauf macht etwa 20 Prozent des Umsatzes in Österreich aus und steigt von Jahr zu Jahr. Obwohl dies noch weit von dem 50-Prozent-Anteil entfernt ist, den wir in China sehen, schwappt dieser Trend natürlich auf unseren Markt über. Daher müssen Händler-Websites und insbesondere der Online-Shop benutzerfreundlich auf mobilen Geräten sein. Dies fehlt oft bei kleineren Händlern. Die Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten und wie schnell und sicher Einkäufe getätigt werden können, sind ebenfalls entscheidend für einen Verkauf.

Aus medienspezifischer Sicht ist es wichtig, dass digitale Werbematerialien, die Produkte oder Aktionen präsentieren, tatsächlich auf die entsprechende Produkt- oder Aktionsseite verlinken. Wir sehen oft, dass diese Regel nicht befolgt wird oder die dahinterstehenden Produkte ausverkauft sind. Ein funktionierendes Bestandsmanagementsystem im Hintergrund ist unerlässlich – unabhängig davon, ob Käufe über Desktop oder Mobilgerät getätigt werden.

Viele, insbesondere große Händler, bieten auch eigene mobile Apps an, die den Kaufprozess vereinfachen und somit ein ideales digitales Einkaufserlebnis bieten.

LEADERSNET: Zum Abschluss noch eine Frage, die nicht nur auf die digitalen Maßnahmen an Black Friday & Co. abzielt. Was empfehlen Sie dem stationären Handel, um möglichst viel von solchen zum Großteil online getriebenen Shoppingereignissen rauszuholen? Gibt es hier passende crossmediale Lösungen?

Pohoralek: Ganz im Gegensatz zum Ursprung mussten sich stationäre Einzelhändler an die von internationalen E-Commerce-Giganten in Österreich eingeführte Idee des Black Friday erst gewöhnen und springen nun ebenfalls auf den Zug auf, indem sie Rabatte und Aktionen in ihren Geschäften anbieten. Ich persönlich finde das gut, da es auch diejenigen anspricht, die überhaupt nicht online einkaufen. Daher müssen, ebenso wie beim digitalen Kampagnenmanagement, im Vorfeld Maßnahmen ergriffen werden, um den Black Friday anzukündigen. Dies geschieht natürlich auch digital, aber nicht ausschließlich, sondern wird dann in klassischen Medien kommuniziert. In jedem Fall ist es wichtig, bei der Wahl der Medien die Marke der Kund:innen zu berücksichtigen, und dafür gibt es keine Standardempfehlung.

www.groupm.co.at

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