Onlinehandel will mit Künstlicher Intelligenz Retourenflut bekämpfen

Jeder fünfte Artikel, der im österreichischen Onlinehandel bestellt wird, geht derzeit an den Verkäufer zurück.

Ist der Onlinehandel ein Umweltsünder? Laut einer aktuellen Studie des österreichischen E-Commerce-Gütezeichens ist jeder fünfte Artikel im Onlinehandel eine Retoure. Dazu trägt insbesondere das sogenannte "Bracketing" bei. Dabei handelt es sich um das Phänomen, dass Shopper immer mehrere Varianten eines Artikels kaufen und unpassende Größen oder Farben wieder zurücksenden. Mittlerweile betrifft dieser Trend weltweit 56 Prozent aller Onlinekäufe.

Nachhaltigkeit vs. Vorzüge des E-Commerce

Für Händler und deren Logistikpartner ist dieses Konsumentenverhalten ein großes Problem. Im besten Fall verursachen Retouren zusätzliche Transporte, Verpackungen und Produktaufbereitungen, im schlechtesten Fall führen sie zur Vernichtung von Neuwaren. Doch auch der Konsument findet sich in einem Dilemma wieder: Er legt ganz klar Wert auf Nachhaltigkeit, will aber gleichzeitig nicht auf die Vorzüge des E-Commerce verzichten.

"Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Onlinehändler nachhaltiger werden und neben der CO2-neutralen Distribution insbesondere das Thema Retouren adressieren. Smartes Retourenmanagement mit den richtigen Partnern hat das Potenzial, das Kundenerlebnis, die Wirtschaftlichkeit und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Onlineriesen zu verbessern und den ökologischen Fußabdruck zu verbessern, insbesondere durch Vermeidung und schnelle Wiedervermarktung ohne weite Zwischentransporte", erklärt Sven Rutkowsky, Logistikexperte und Partner bei Kearney Deutschland, dazu.

© Kearney
Sven Rutkowsky © Kearney

Algorithmen errechnen Kundenbedürfnisse

Mit Hilfe intelligenter Algorithmen (Predictive Analytics) versuchen Händler, genauer auf die individuellen Bedürfnisse ihrer "Problem"-Kunden einzugehen. Hat ein Konsument zum Beispiel Hosen einer bestimmten Marke häufig aufgrund der Passform zurückgeschickt, kann die Reihenfolge der Suchergebisse individuell für diesen Kunden im Webshop angepasst werden. Damit werden Hosen dieser Marke für den Kunden nicht mehr als Erstes vorgeschlagen und somit die Retourenquote gesenkt.

Häufig ist die Zerstörung von Retouren aus Sicht der Händler wirtschaftlich sinnvoller als die Weiterverarbeitung oder Spende. Mit dem "Smart Sorting"-Verfahren (Intelligentes Sortieren) kann der exakte Wiederverkaufswert bestimmt werden. Durch eine Echtzeitanalyse unter Berücksichtigung von zahlreichen Parametern – unter anderem Ursprungswert, Zustand, aktuelle Nachfrage des Artikels, Wiederaufbereitungskosten – wird direkt beim ersten Scan festgestellt, ob sich mit dem Artikel noch ein Gewinn erzielen lässt. So lassen sich viele Produkte effizient und profitabel in den Verkaufsprozess zurückführen, die sonst aussortiert und zerstört worden wären.

Oft sind die Rücksendebelege einer Sendung bereits ausgedruckt beigelegt und landen sofort im Müll, wenn keine Retoure erfolgt. Einige Händler haben mittlerweile auf papierlose Rücksendungen umgestellt. Der Kunde erhält das Rücksendeetikett digital, zum Beispiel als QR-Code auf seinem Smartphone. Bei der Abgabe im Paketshop muss nur noch der Code vorgezeigt werden – ganz ohne eigenen Ausdruck.

Bündelung von Paketen

In den USA ist "buy online and return in store" bereits die beliebteste Option zur Rückgabe. Die Händler haben dadurch die Möglichkeit, ihre Retouren zu bündeln und als Full Truck Load in ihre Sortierzentren zurückzusenden. Das spart nicht nur Kosten, sondern schont auch die Umwelt. Das Start-up Happy Returns in den USA ist ein Beispiel für Innovation in diesem Bereich: Es betreibt zahlreiche Rückgabestellen, beispielsweise in Einkaufszentren oder Supermärkten. Über diesen Weg können Käufer online gekaufte Artikel sogar unverpackt zurückgeben, wenn der Händler kein Geschäft in der Nähe betreibt. (as)

www.kearney.at

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