Für viele Österreicher:innen ist Weihnachten das wichtigste Fest des Jahres. Auch für den Großteil der Einzelhändler:innen ist der Dezember mit dem X-Mas-Geschäft der wichtigste Monat im Geschäftsjahr. Branchenintern spricht man hier sogar vom "fünften Quartal". Das Weihnachtsgeschäft entscheidet darüber, ob das Geschäftsjahr erfolgreich endet oder nicht. Im Krisenjahr 2024 gilt dies mehr denn je, wenngleich die Ausgangslage heuer aufgrund der wirtschaftlichen Rezession, unzähliger Insolvenzen und einer unterdurchschnittlichen Konsumstimmung lange Zeit vor allem unter dem Motto der Verlustbegrenzung stand.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch präsentierten Handelsverband (HV) und Wifo die Prognose für das Gesamtjahr 2024 und das Weihnachtsgeschäft.
Weihnachtsgeschäft läuft gut an
Das aktuelle Weihnachtsgeschäft läuft vielversprechend. Nach einem erfolgreichen Auftakt in die Vorweihnachtszeit am ersten Adventsamstag (30. November), der sämtliche Prognosen des heimischen Handels übertroffen hatte (LEADERSNET berichtete), konnte auch der zweite Adventsamstag (7. Dezember) mit beeindruckenden Ergebnissen punkten (LEADERSNET berichtete).
"Die Umsatzprognose von Handelsverband und Wifo für den österreichischen Einzelhandel geht heuer von einem Dezember-Umsatz von insgesamt 7,5 Milliarden Euro aus, der weihnachtsbedingte Mehrumsatz liegt bei 1,15 Milliarden Euro netto. Im Vergleich zum Vorjahr (7,34 Milliarden Euro) freuen wir uns über eine moderate Steigerung von 2 Prozent", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Inflationsbereinigt entspricht das einem Plus von 0,6.
Weihnachtsgeschäft – Geplante Ausgaben der Österreicher:innen pro Kopf © Reppublika Research 11/2024
Nichtlebensmittelbereich hinter Vorjahresniveau
"Wir sehen auch heuer deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Betrachtet man lediglich den Nichtlebensmittelbereich, liegen die Mehrumsätze im Dezember um 26 Millionen Euro hinter dem Vorjahresniveau und um rund 84 Millionen Euro hinter 2019 zurück", sagt Jürgen Bierbaumer, Senior Economist am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo).
Topseller zu Weihnachten
Laut dem aktuellen Consumer-Check für das Weihnachtsgeschäft 2024 verschenken die Österreicher:innen größere und teurere "Packerl". Die Österreicher:innen geben im Schnitt heuer 386 Euro für Geschenke aus, um 26 Euro mehr als im Vorjahr, so Will. "Im Bundesländerranking greifen dieses Jahr die Niederösterreicher:innen und Burgenländer:innen mit 423 Euro am tiefsten in die Taschen, gefolgt von Oberösterreich und Salzburg mit 407 Euro. Leicht unterdurchschnittlich liegen die Tiroler:innen und Vorarlberger:innen mit 373 Euro sowie die Wiener:innen mit 364 Euro. Das Schlusslicht bilden die südlichen Bundesländer Steiermark und Kärnten mit 355 Euro", erklärt Rainer Will.
"Gutscheine boomen heuer so stark wie noch nie (42 Prozent), auch der Trend zu Geldgeschenken hält an (28 Prozent). Die Menschen schenken somit Wahlfreiheit. Vielfach werden damit allerdings auch einfach Rechnungen bezahlt und keine Wareneinkäufe getätigt. Die Hochsaison des Handels hält durch das Einlösen von Gutscheinen, Geld und auch durch Umtausch bis in den Jänner an, ein natürliches Kundengewinnungsprogramm", so der Geschäftsführer des Handelsverbandes. (Die 15 beliebtesten Geschenke sehen Sie hier).
Einzelhandel-Umsatz klettert auf 77,2 Milliarden Euro
"Aus all diesen Faktoren leitet sich unsere Gesamtjahresprognose 2024 für den österreichischen Einzelhandel von 77,2 Milliarden Euro netto ab. Eine nominelle Steigerung von 2,7 Prozent gegenüber 2023", sagt Handelssprecher Rainer Will und fügt hinzu: "Für 2025 erwarten wir, dass die Effekte des heurigen Weihnachtsgeschäfts noch stärker in den Jänner einwirken, insbesondere durch das Gutscheingeschäft sowie die Umtauschphase im stationären Handel nach Silvester. Spätestens im zweiten Quartal 2025 hoffen wir auf eine signifikante Aufhellung der Konsumlaune."
Die Grunddynamik in der Umsatzentwicklung verlief heuer aufgrund der schwachen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung durchwachsen, so Wifo-Experte Jürgen Bierbaumer. "Das rezessive Konjunkturumfeld hat die Konsumlaune belastet, gleichzeitig ist die Sparquote stark gestiegen. Real liegen die Umsätze aber minimal über dem Vorjahr. Positiv ist auch, dass sich die Inflation in den letzten Monaten normalisiert hat", ergänzt Bierbaumer.
Einzelhandel – Umsatzentwicklung 2019 bis 2024 © Wifo 2019 bis 2024
Handel stark von Insolvenzen betroffen
Laut den aktuellen AKV-Zahlen verzeichnet der Handel im Branchenvergleich mit Abstand die meisten Insolvenzen. Wie die jüngste Statistik für Jänner bis November belegt, wurde im Handel heuer mit exakt 941 insolventen Unternehmen ein neuer Höchstwert erreicht.
Die österreichischen Händler:innen haben vor diesem Hintergrund für 2025 folgende Strategien und Maßnahmen geplant, um ihre wirtschaftliche Existenz nach dem Weihnachtsgeschäft abzusichern:
- Investitionsstopp: 49 Prozent (Vorjahr: 43 Prozent)
- Reduktion von Werbespendings: 33 Prozent (Vorjahr: 41 Prozent)
- Personalabbau: 31 Prozent (Vorjahr: 32 Prozent)
- Verkürzte Öffnungszeiten: 24 Prozent (Vorjahr: 27 Prozent)
- Expansionsstopp: 15 Prozent (Vorjahr: 24 Prozent)
- Filialschließungen: 17 Prozent (Vorjahr: 19 Prozent)
Gezielte Investitionen, um Wachstumschancen abzusichern
Laut der jüngsten Blitzumfrage des Handelsverbandes werden 41 Prozent der Betriebe im Gesamtjahr 2024 einen Verlust erwirtschaften, 21 Prozent maximal ein ausgeglichenes Ergebnis und 38 Prozent einen Gewinn. Immerhin 61 Prozent der Händler:innen sehen sich in der Lage, 2025 verstärkt zu investieren, um Wachstumschancen abzusichern:
- Interne Prozessoptimierung: 35 Prozent
- Webshop Auf-/Ausbau: 26 Prozent
- Digitale Prozessoptimierung: 25 Prozent
- Fokus auf Werbung/Marketing: 23 Prozent
- Ladenbau & Geschäftsausstattung: 19 Prozent
- Mitarbeiter-Schulungen: 19 Prozent
Drei Wünsche ans Christkind
Damit 2025 das wirtschaftliche Comeback gelingen kann, sei man laut dem HV auf die Unterstützung von politischer Seite angewiesen. Daher seien jetzt staatliche, lenkungspolitische Schritte erforderlich. Vor diesem Hintergrund richtet der Handelsverband drei Wünsche ans Christkind.
Einer der drei Wünsche ist die Entbürokratisierung. Der Reformstau und die überbordende Bürokratie behindern laut dem HV die Wettbewerbsfähigkeit und belasten die Unternehmen. Der zweite Wunsch ist das Level Playing Field im digitalen Handel und der Schaden, den die Anbieter:innen aus Fernost für den österreichischen Staat und Handel verursachen. Bei Gesamtausgaben der Österreicher:innen im Internet-Einzelhandel von circa 10,6 Milliarden Euro beträgt der Kaufkraftabfluss ins Ausland je nach Studie bereits fünf bis zu acht Milliarden Euro. Der Marktanteil der Anbieter:innen aus Fernost daran dürfte bereits in Richtung 20 Prozent tendieren, womit wir bei mittlerweile 1,5 Milliarden Euro Abfluss nach Fernost wären. Der Schaden für den heimischen Handel liegt bei rund 4,5 Milliarden Euro. Last but not least wünscht sich der HV eine Bremse für Energiekostensteigerungen. Denn aus heutiger Sicht fallen mit Ende 2024 wichtige Entlastungen und Zuschüsse im Energiesektor weg. So ist ab Jänner eine Erneuerbaren-Förderpauschale pro Zählpunkt zu leisten, welche in den vergangenen Jahren ausgesetzt bzw. aus dem Bundesbudget finanziert wurde. Auch der Erneuerbaren-Förderbeitrag, welcher ebenfalls ausgesetzt wurde, ist ab dem Jahr 2025 zu entrichten.
LEADERSNET war bei der Pressekonferenz. Einen Eindruck können Sie sich hier machen.
www.handelsverband.at
www.wifo.ac.at
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