Das Budget und die Steuern bewegen nicht nur die gesamte Bevölkerung, sondern sind auch die entscheidenden Themen bei den aktuellen Regierungsverhandlungen. Wenn ÖVP, SPÖ und Neos trotz teils deutlich unterschiedlicher Ansichten hier auf keinen grünen Zweig kommen, dann dürfte es das mit der angestrebten "Zuckerl-Koalition" gewesen sein.
Dass bei diesen Themen, ob der aktuell kriselnden Wirtschaft, Handlungsbedarf besteht, darüber sind sich Expert:innen einig. Untermauert wird das nun von den Ergebnissen einer volkswirtschaftlichen Analyse, die EcoAustria im Auftrag von Deloitte durchgeführt hat. Demnach bremsen die komplexe österreichische Steuerlandschaft und die hohe Abgabenquote den Wirtschaftsstandort aus. Obwohl Unternehmen schon lange Reformen fordern, tue sich seitens der Politik zu wenig. Die aktuelle Wirtschaftskrise und Rezession machten ein schnelles Handeln wichtiger denn je. Zahlreiche wirkungsvolle Maßnahmen liegen am Tisch, die für einen neuen Aufschwung sorgen könnten, so die Studienautor:innen.
Seit langem gelte das österreichische Steuersystem als großer Hemmschuh für die heimische Wirtschaft, zeigt man sich bei Deloitte überzeugt. Auch die immer lauter werdenden Appelle von Unternehmen hätten bisher zu keinen umfassenden Reformen geführt. "Der österreichische Standort befindet sich seit geraumer Zeit im Sinkflug. Seit Jahren versuchen wir deshalb die Verantwortlichen aus der Politik wachzurütteln. Leider hat sich bis jetzt zu wenig getan", zeigt sich Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich, besorgt und fügt hinzu: "Im Gegenteil: Die geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingen haben die Situation erheblich verschärft. Der Wirtschaftsstandort Österreich verliert im internationalen Wettbewerb dramatisch an Attraktivität, ein Ende der Abwärtsspirale ist nicht in Sicht. Wenn der Wohlstand hierzulande erhalten werden soll, muss jetzt gehandelt werden."
Dringende Entlastung des Faktors Arbeit
Um das Ruder herumzureißen, sei ein Bündel an steuerlichen und fiskalpolitischen Maßnahmen notwendig. Vor allem der Entlastung des Faktors Arbeit komme dabei eine zentrale Bedeutung zu. Laut der Deloitte Austrian Tax Survey fordern mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Österreich eine Reduktion der Lohnnebenkosten. 40 Prozent wiederum sprechen sich für eine weitere Reduktion des Einkommensteuersatzes aus. Aus volkswirtschaftlicher Sicht würden demnach beide Maßnahmen einen signifikanten Unterschied machen.
"Unsere Berechnungen verdeutlichen, dass Abgabenreduktionen beim Faktor Arbeit mit positiven Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekten im Ausmaß von rund 30.000 Personen beziehungsweise 4,5 Milliarden Euro verbunden sind sowie die Konsum- und Investitionsnachfrage stärken. Zudem führen die positiven volkswirtschaftlichen Effekte zu zusätzlichen öffentlichen Einnahmen, sodass sich die Abgabensenkung zum Teil selbstfinanziert", erklärt Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria.
Spürbare Senkung der Unternehmenssteuern
Neben der Entlastung des Faktors Arbeit sei der Analyse zufolge für die Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes auch die Reduktion der Unternehmenssteuern essenziell, und hier insbesondere die Senkung der Körperschaftssteuer (KÖSt). Eine Senkung der KÖSt ab dem Jahr 2025 um zwei Prozentpunkte auf 21 Prozent würde laut der Studie ein Entlastungsvolumen für die Wirtschaft von gut einer Milliarde Euro bringen. "Dadurch ergibt sich nicht nur neuer Spielraum für Investitionen und Innovationen seitens der Unternehmen, sondern man würde auch der Abwanderung von Unternehmen in Niedrigsteuerländer entgegenwirken", sagt Herbert Kovar, Managing Partner Tax & Legal bei Deloitte Österreich. Außerdem sei eine niedrigere KÖSt auch ein positives Signal für internationale Unternehmen, die eine Ansiedlung in Österreich in Erwägung ziehen, so der Experte weiter.
Vielfältige Potenziale zur Gegenfinanzierung
Eine umfassende Abgabensenkung hätte laut den Expert:innen viele positive Folgen, doch müsse diese auch finanziert werden. Angesichts des enormen Budgetdefizits erscheine das auf den ersten Blick schwierig. "Bei genauerer Betrachtung liegen viele Hebel für eine Gegenfinanzierung auf der Hand. Sie reichen von einer schrittweisen Anhebung des gesetzlichen und faktischen Pensionsantrittsalters über eine Abschaffung der wenig zielführenden Bildungskarenz bis hin zu einer Reform des Klimabonus", so Kovar. Generell müssten Unterstützungen nach dem Gießkannenprinzip ein Ende haben – diese brächten wenig und kosteten viel.
Das größte Potenzial für die Gegenfinanzierung liege in Einsparungen bei Bürokratie und Verwaltung. Durch die Hebung von Effizienzpotenzialen in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Gesundheit und Bildung könnten demnach bis zu zehn Milliarden Euro eingespart werden. "In den Bürokratiedschungel fließt ein großer Teil des Haushaltsbudgets. Es braucht eine Föderalismusreform sowie eine Änderung der Abgabenautonomie beziehungsweise des Finanzausgleichssystems. All das würde das Budgetloch maßgeblich verkleinern", betont Deloitte CEO Breit.
Absage an eine Vermögenssteuer
Immer wieder wird rund um die Gegenfinanzierung auch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer ins Spiel gebracht. Diese sei nach der Analyse von EcoAustria nicht zielführend, da sie mit höheren Kapitalnutzungskosten, einer Investitionszurückhaltung und entsprechenden Wertschöpfungsverlusten verbunden wäre. "Die Einführung einer klassischen Vermögenssteuer würde im Jahr 2030 einen Wertschöpfungsverlust für Österreich von 4,3 Milliarden Euro mit sich bringen, da es durch die Besteuerung zu einer geringeren Investitionstätigkeit kommt. Das steht in keiner Relation zur erwartbaren Budgetverbesserung von 3,3 Milliarden Euro. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine solche Steuer abzulehnen. Es gibt hier zahlreiche wirkungsvollere Maßnahmen, die jetzt zügig umgesetzt werden sollten", führt Köppl-Turyna abschließend aus.
www.deloitte.com/at
www.ecoaustria.ac.at
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