Weichenstellungen
Herausforderungen und Chancen: Die Zukunft des Immobilienmarktes im Expertenblick

| Julia Weninger 
| 26.02.2025

Barbara Freiler, Handler Holding, Romy Schwenkert, Soravia, Thomas Glanzer, Alukönigstahl GmbH, und Rafael Lughammer, LZH Group, über aktuelle Entwicklungen und notwendige politische Weichenstellungen. 

Der Immobilienmarkt bleibt auch 2025 ein dynamisches Feld voller Herausforderungen und Chancen. Steigende Baukosten, regulatorische Hürden und Finanzierungsengpässe prägen die Branche. Vier Ambassadors des Lifecycle-Abschnitts "Plan & Build" von HUNDREDUNDERFORTY geben exklusive Einblicke in die aktuellen Entwicklungen und notwendigen politischen Weichenstellungen.

Trotz einer moderaten Entspannung bei den Zinskosten bleibt der Transaktionsmarkt in Österreich und Deutschland von restriktiven Finanzierungsbedingungen und unsicherer Preisfindung gebremst. Die Diskrepanz zwischen Käufer- und Verkäufererwartungen führt weiterhin zu reduzierten Volumina, während institutionelle Investoren aufgrund der hohen Eigenkapitalforderungen zurückhaltend agieren. Die Unsicherheit in der Preisfindung hemmt nicht nur den Investmentmarkt, sondern erschwert auch die Rentabilität neuer Entwicklungen. Gleichzeitig eröffnen sich attraktive Opportunitäten für kapitalstarke Investoren, insbesondere im Bereich distressed Assets und Umnutzungsprojekte. "Während Wohn- und Logistikimmobilien weiterhin gefragt sind, bleibt der Büro- und Einzelhandelsmarkt unter Druck, was flexible Nutzungskonzepte und strategische Neubewertungen erfordert", so Romy Schwenkert von Soravia.

Barbara Freiler sieht die Leistbarkeit als zentrales Problem, insbesondere im Wohnbau. "Die Bau- und Immobilienpreise bleiben hoch, trotz sinkender Zinsen und nahendem Ende der KIM-Verordnung. Als Immobilienprojektentwickler und ausführendes Unternehmen sind wir gemeinsam mit der gesamten Branche gefordert, Leistbarkeit zu schaffen." Ein Lösungsansatz liegt für sie in innovativen Technologien und neuen Bauweisen. "Ich bin davon überzeugt, dass der Einsatz von KI, gutes Engineering in einer Frühphase der Projekte, Systembauweisen sowie smarte Lösungen im Bereich Logistik, ESG und Kreislaufwirtschaft in absehbarer Zukunft zu einem Umbruch unserer Geschäftsmodelle führen werden. Das muss jetzt passieren. Der Leidensdruck für alle Stakeholder ist viel zu hoch. Es ist kurz vor bzw. eigentlich schon nach zwölf." Doch auch die Politik müsse aktiv werden, um Bau- und Immobilienkosten zu senken. "Es gibt technisch funktionierende, smarte Lösungen, die wir als 'Bauen außerhalb der Norm' bezeichnen. Damit könnten wir Projekte optimieren und leistbar – also auch wieder finanzierbar – machen."

Frage der Rentabilität 

Besonders im Wohnungsbau stellt sich die Frage der Rentabilität – steigende Baukosten, gesetzliche Auflagen und eine sinkende Kaufkraft führen dazu, dass Projekte verzögert oder in kleinerem Umfang realisiert werden. Zusätzlich sorgen langwierige Genehmigungsprozesse und komplexe Bauvorschriften für erhebliche Verzögerungen, während die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum in urbanen Gebieten weiter steigt. "In Deutschland fehlen laut ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss) rund 700.000 Wohnungen", so Romy Schwenkert, Soravia.

Rafael Lughammer betrachtet den Markt als angespannt mit zunehmenden Auswirkungen auf Wohnungssuchende. "Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist bereits sehr hoch, und durch fehlende Fertigstellungen wird sich diese Situation gegen Jahresende noch weiter verschärfen." Gleichzeitig sieht er in den veränderten Rahmenbedingungen neue Investitionschancen: "Die steigenden Mieten in Verbindung mit gesunkenen bzw. weiter sinkenden Zinsen und stabilen Baukosten werden Immobilieninvestitionen und -finanzierungen gegen Jahresende wieder und jedenfalls kommendes Jahr unmittelbar attraktiver machen." Die größte Herausforderung liege aktuell in der Kapitalbeschaffung. "Durch einige schwarze Schafe und weitere Immobilienunternehmen in Schwierigkeiten, vor allem jene mit historischer Profitgier und wenig Vorsorge, schrecken Banken aktuell vor Immobilienfinanzierungen zurück. Umso unkomplizierter es früher war, desto komplizierter ist es jetzt." Ein Mittelweg müsse her.

Auch Thomas Glanzner sieht eine unruhige Marktphase. "Das Zinsumfeld bleibt volatil – etwas, das wir nach dem Ende der Finanzkrise von 2008 bis rund 2022 nicht mehr erlebt haben, aber davor durchaus üblich war." Er beobachtet eine laufende Marktbereinigung unter Projektentwicklern, die bis zur ersten Jahreshälfte 2025 andauern werde. "Die damit verbundenen Verluste belasten sowohl Banken als auch Investoren erheblich. Bis sich Vertrauen in neue Marktteilnehmer etabliert, wird es einige Jahre dauern." Die Diskrepanz zwischen hohen Entwicklungskosten und den Finanzierungsmöglichkeiten für Endkunden bleibe enorm. "Selbst mit fallenden Zinsen und dem voraussichtlichen Auslaufen der KIM-Verordnung im Sommer 2025 bleibt das Ungleichgewicht bestehen." Als Lösung sieht er unter anderem den verstärkten Einsatz modularer und serieller Bauweisen. "Um Kostenrisiken zu minimieren, Prozesse zu beschleunigen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, zeichnet sich ein klarer Trend zur Forcierung von modularen und seriellen Bauweisen ab."

 Welche politischen Maßnahmen könnten den Markt stärken?

Rafael Lughammer fordert gezielte Förderungen für nachhaltigen Wohnraum, auch im freifinanzierten Bereich. "Es braucht eine stärkere & gezielte Förderung zur (nachhaltigen) Wohnraumschaffung, auch im freifinanzierten Bereich. Der Wegfall der Kreditvergabebeschränkungen für Verbraucher allein wird nicht viel ändern. Die Banken brauchen wieder mehr Mut bzw. einen Impuls von außen."

Thomas Glanzner sieht eine Lockerung der KIM-Verordnung als notwendig, um den Wohnungsmarkt wieder in Bewegung zu bringen. "Eine Lockerung der strengen Kreditvergaberegeln für Endkunden wäre notwendig, um den Wohnungsmarkt wieder in Bewegung zu bringen." Zudem fordert er effizientere Genehmigungsverfahren und einen stabileren Finanzierungsmarkt. "Schnelle, digitalisierte und standardisierte Verfahren könnten Bauprojekte beschleunigen und Kosten senken. Ein verlässlicher regulatorischer Rahmen, der Investoren und Banken mehr Planungssicherheit bietet, wäre essenziell, um das Vertrauen in den Markt wiederherzustellen."

Zusammenfassend bleibt der Markt in einer Übergangsphase. Während kurzfristig weiterhin Herausforderungen dominieren, sieht Glanzner ab Ende 2025 eine Stabilisierung mit positiven Vorzeichen. Mit den richtigen Anpassungen könnten sich mittelfristig neue Wachstumschancen ergeben.

ESG-Vorgaben praxisgerecht

"Um den Immobilienmarkt in Deutschland und Österreich wieder zu beleben und die Angebotslücke insbesondere im Wohnungsbau zu verringern, sind gezielte steuerliche Anreize und Förderprogramme unerlässlich", erklärt Romy Schwenkert, Soravia. "Eine zeitlich befristete Senkung der Grunderwerbsteuer (die je nach deutschem Bundesland aktuell zwischen 3,5 % und 6,5 % liegt; in Österreich sind es 3,5 % zuzüglich Grundbucheintragungsgebühr) könnte den Erwerb von Immobilien für breitere Bevölkerungsschichten attraktiver machen und gleichzeitig den Transaktionsmarkt ankurbeln." Ebenso könnten bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Neubauten – etwa eine degressive AfA (Absetzung für Abnutzung) – die Investitionsbereitschaft erhöhen und die Eigentumsquote stärken.

"Die Beschleunigung und Digitalisierung von Bau- und Genehmigungsprozessen, wie sie in einzelnen Pilotprojekten bereits erfolgreich erprobt werden, würde Planungs- und Umsetzungszeiten signifikant reduzieren und somit das Projektrisiko für Entwickler minimieren", so Schwenkert weiter. "Eine flexiblere Kreditvergabe und angepasste Finanzierungskonditionen sind notwendig, um Kapitalzugang sowohl für Käufer als auch für Projektentwickler zu erleichtern." Nicht zuletzt sollten die ESG-Vorgaben praxisgerecht gestaltet werden.

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