Die österreichische Immobilienbranche blickt auf ein äußerst herausforderndes Jahr 2024 zurück. Beim Jahresbilanz-Pressegespräch des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) analysierten die Branchenvertreter die Entwicklungen und skizzierten sogleich notwendige Maßnahmen für die Zukunft.
"Wir sind im Jänner 2024 mit einer sehr pessimistischen Prognose für die Neubauzahlen gestartet und wissen jetzt, dass uns die Realität eingeholt hat", sagte Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKÖ, einleitend. Der Markt sei in weiten Teilen zum Erliegen gekommen. "Teuerung und Inflation, gesetzliche Rahmenbedingungen und strikte Kreditvergaberegeln haben nicht nur die Neubauzahlen einbrechen lassen, der gesamte Immobilienmarkt in Österreich ist mehr oder weniger zum Stillstand gekommen", fasste Gollenz zusammen. Besonders drastisch sei der Rückgang bei Kreditabschlüssen: "Die Abschlüsse für Kreditfinanzierungen sind im Jahr 2024 um bis zu 80 Prozent zurückgegangen, die Transaktionszahlen ebenfalls um bis zu 50 Prozent und der Einbruch im Neubau- und Sanierungsbereich war heuer aufgrund der Fertigstellungen zwar noch moderat, wird aber in den nächsten Jahren richtig bedrohlich."
KIM-Verordnung: Ein Erfolg der Interessenvertretung
Johannes Wild, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Niederösterreich und stellvertretender Obmann des Fachverbandes, machte vor allem die strengen Richtlinien der KIM-Verordnung für den Markteinbruch verantwortlich: "Vor allem die Finanzierungshürden – insbesondere die überzogenen Richtlinien bei der Kreditvergabe für den Immobilienerwerb durch die sogenannte KIM-Verordnung – haben zu einem massiven Markteinbruch in Österreich geführt." Dennoch sieht Wild hier auch einen Teilerfolg: "Wir haben daher jede Möglichkeit genutzt, uns gezielt einzubringen – mit dem Last-minute-Erfolg, dass die Verordnung 2025 nicht verlängert wird. Das zeigt, dass wir mit konstruktiver Kritik gemeinsam etwas erreichen können."
Trotzdem bleiben viele Herausforderungen bestehen, wie Wild betonte: "Aber auch mit dem Aus der Verordnung sind wesentliche Hürden für unsere Branchen – gewerbliche Bauträger, Immobilienmakler und Immobilienverwalter – keineswegs vollständig aus dem Weg geräumt. Ich verweise nur auf weiterhin bestehende Probleme etwa durch Rechtsunsicherheiten im Miet- und Wohnrecht als auch bei der Vergabe von Förderungen."
Daten als Grundlage für politische Verhandlungen
"Mit dem Neubaubericht, dem Immobilienpreisspiegel und den laufenden Auswertungen zum Bestellerprinzip haben wir dargestellt, wie sich der Markt und die Mitgliedsunternehmen im Jahr 2024 entwickelt haben und was auf uns zukommt", sagte Michael Pisecky, Fachgruppenobmann und Fachverbandsobmann-Stellvertreter. Diese fundierten Grundlagen hätten es ermöglicht, die Anliegen der Branche wirksam in die politischen Verhandlungen einzubringen: "Mit unseren Grundsatzpositionen und einem Maßnahmenpaket für Regierungsverhandlungen auf Bundes- und Landesebene wird die Branche mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich wahrgenommen. Erste Schritte zu Verbesserungen wurden von politischer Seite unternommen. Allerdings haben noch nicht alle Maßnahmen ihr Ziel, die Situation für die Betriebe zu verbessern, erreicht."
Signalwirkung des Baukonjunkturpakets
Gollenz zog eine gemischte Bilanz der bisherigen politischen Maßnahmen: "So hat das Baukonjunkturpaket zwar bisher viele Ziele verfehlt – der Ansatz, den Markt etwa durch die Befreiung von Kaufnebenkosten zu beleben, hat aber durchaus positive Signalwirkung." Gleichzeitig betonte er die Bedeutung von leistbarem Wohnbau: "Leistbares Wohnen war und ist ein zentrales politisches Anliegen – der Fachverband hat aber durchgesetzt, dass es dafür auch leistbaren Wohnbau braucht. Wir werden jedenfalls genau beobachten, wie sich die Finanzierungserleichterungen in Zukunft tatsächlich auswirken."
Dienstleistungen und Arbeitsplätze stärker ins Bewusstsein gerückt
Johannes Wild hob die Bedeutung der Immobilienwirtschaft als Arbeitgeber hervor: "Endlich konnten wir wieder in den Mittelpunkt und ins rechte Licht rücken, dass hinter den Dienstleistungen rund um eine Immobilie viele Arbeiten stecken, die von kleinen, regionalen Unternehmen und ihren Mitarbeitern erledigt werden." Diskussionen über das Bestellerprinzip und die Entlohnung von Hausverwaltungen hätten oft übersehen, dass es dabei um die Sicherung österreichischer Arbeitsplätze gehe: "Das konnten wir wieder stärker in Erinnerung rufen."
Ausblick: "Für 2025 gut gerüstet"
Trotz der schwierigen Ausgangslage zeigt sich die Branche kämpferisch: "Die Aussichten für das kommende Jahr sind nicht rosig – umso wichtiger sind und bleiben die Maßnahmenpakete und das Engagement des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder. Ich kann den Mitgliedsunternehmen versprechen, dass wir uns auch im kommenden Jahr mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für einen funktionierenden Immobilienmarkt einsetzen werden. Der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder ist dafür gut gerüstet. Und als Interessenvertretung sind wir durchaus auch Gegenwind gewohnt", so Gollenz.
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