Asset Management
Wie Fondsmanager in die Zukunft blicken

| Larissa Bilovits 
| 25.11.2024

Martin Gautsch, Bereichsleiter Asset Management bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, gibt einen Einblick in die Welt der Stimmungs- bzw. Sentimentindikatoren und erklärt, wie diese gedeutet werden können.

Wer überlegt, in Aktien zu investieren, sollte nicht nur auf aktuelle Zahlen und Fakten schauen. Vor allem ein fundierter Blick in die Zukunft kann über Erfolg entscheiden, denn nur so können Trends bestmöglich antizipiert und daraus die richtige Strategie abgeleitet werden. Natürlich existiert keine sagenumwobene Glaskugel, aber dennoch gibt es bestimmte Signale, die eine wertvolle Orientierungshilfe bieten, wenn man sie richtig interpretiert und in einen breiteren Kontext setzt. Einer, der dabei unterstützt, ist Martin Gautsch, Bereichsleiter Asset Management bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG.

"Stimmungs- bzw. Sentimentindikatoren sind wertvolle Werkzeuge, um die Marktstimmung zu messen und Trends besser zu verstehen. Sie helfen Vermögensverwaltern, ein Gefühl für die Stimmung der Marktteilnehmer zu bekommen und das Marktverhalten vorauszusehen", erklärt Martin Gautsch. 

Umfragebasierte Stimmungsindikatoren

Der Einkaufsmanagerindex (PMI, Purchasing Managers' Index) ist ein bedeutender Indikator für die Einschätzung der wirtschaftlichen Dynamik. Er stützt sich auf monatliche Umfragen unter Einkaufsmanagern aus unterschiedlichen Branchen und dient als wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung. Der PMI erfasst sowohl die Erwartungen als auch die realen Aktivitäten von Unternehmen in Bereichen wie Produktion, Auftragsvolumen, Personalplanung und Lieferketten.

Sentiment Indices hingegen sind Umfragen, die die Stimmungslage am Finanzmarkt widerspiegeln. Sie analysieren den Anteil optimistischer (Bullen), pessimistischer (Bären) und neutral eingestellter Finanzberater und geben damit ein Stimmungsbarometer für die Marktpsychologie ab.

Technische Stimmungsindikatoren

Die Volatilitätsindizes (z. B. VIX) werden häufig als "Angstindikator" bezeichnet. Hohe Werte signalisieren eine nervöse oder unsichere Marktlage, während niedrige Werte auf eine entspannte und optimistischere Grundhaltung hindeuten.

Der technische Indikator Moving Average Convergence Divergence (MACD) weist darauf hin, wenn Marktbewegungen übermäßig werden. Er dient als Warnsignal für überkaufte Märkte (starker und schneller Anstieg von Vermögenspreisen) oder überverkaufte Märkte (starker und schneller Preisverfall).

Verhaltensindikatoren

Die Put/Call-Ratio vergleicht die Anzahl der gehandelten Verkaufsoptionen (Puts) mit der Kaufoptionen (Calls) und liefert Einblicke in die Markterwartungen der Anleger. Ein höheres Verhältnis deutet darauf hin, dass mehr auf fallende Kurse gesetzt wird, während ein niedrigeres Verhältnis auf steigende Kurserwartungen hindeutet.

Die Short Interest Ratio gibt das Verhältnis zwischen leerverkauften Aktien und dem durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen an. Hohe Werte deuten auf eine pessimistische oder unsichere Marktstimmung hin, da Leerverkäufer auf fallende Kurse spekulieren. Gleichzeitig wird dieser Indikator häufig als Kontraindikator genutzt, da er auf mögliche Kursanstiege bei einem Short Squeeze hinweisen kann.

Die Verschuldung auf Marginkonten (Margin Debt) ist ein Indikator für die Risikobereitschaft der Investoren. Ein stark wachsendes Marginkreditvolumen signalisiert häufig übertriebenen Optimismus am Markt und kann auf eine bevorstehende Korrektur oder Trendwende hinweisen.

Keine isolierte Betrachtung

"Viele der genannten Indikatoren funktionieren besonders gut, wenn sie als Kontraindikatoren verwendet werden. Hohe Optimismuswerte (z. B. niedriger VIX, niedrige Put/Call-Ratio) können als Warnsignal für eine mögliche Korrektur interpretiert werden und umgekehrt", erklärt Gautsch. Es sei jedoch Vorsicht geboten, denn eine isolierte Betrachtung der Stimmungsindikatoren könne oft fehlleiten. "Setzt man sie jedoch in Kombination mit makroökonomischen und fundamentalen Daten ein, können sie helfen, einen besseren Überblick über Markttrends zu bekommen", so der Bereichsleiter Asset Management. 

Zu beachten sei auch, dass kurzfristige Marktstimmungen oft flüchtig seien. "Indikatoren wie Margin Debt oder Volatilität sind wertvoller, wenn sie in einen längerfristigen Kontext gesetzt werden. Die Wahl und Kombination von Indikatoren sollte auch an die jeweilige Marktphase und die Risiko-Rendite-Erwartung angepasst werden. Hier hilft eindeutig langjährige Erfahrung", unterstreicht Martin Gautsch.

www.zkb-oe.at


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