Interview mit Wolfgang Struber
"Die Medienhäuser nehmen den Bedarf für Investitionen in ihre Zukunft sehr ernst"

Im LEADERSNET-Interview spricht Wolfgang Struber, Geschäftsführer der RTR Medien, unter anderem über den Medienstandort Österreich, das Medienverhalten der Zukunft, die Medienkompetenz der Österreicher:innen, die Verteilung von Fördergeldern, die Rolle von Qualitätsjournalismus und den Einsatz von KI. 

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Struber, Sie sind Chef der RTR Medien und somit Herr über das Medienfördergeld Österreichs. Was steckt hinter der Marke RTR?

Wolfgang Struber: Unser Motto lautet: "Wir stehen für Wettbewerb und Medienvielfalt" und genau das setzen wir um. Der Fachbereich Medien der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) ist Österreichs größte Förderstelle für Medienunternehmen. Mit den gesetzlich bei uns eingerichteten Förderungen stärken wir die Produktion von Radio- und TV-Inhalten privater Medienanbieter sowie von hochwertigen Audio-Podcasts und die digitale Transformation, hier besonders auch im Print-Bereich. Mit dem Fernsehfonds Austria unterstützen wir zudem die heimische Fernsehfilmproduktion. Diese Aufgaben sind auf einem kleinen Markt, der sich längst in einem internationalen Wettbewerb befindet, von essenzieller Bedeutung, um demokratiepolitisch wesentliche Angebots- und Meinungsvielfalt mindestens erhalten, im besten Fall weiter ausbauen zu können. Darüber hinaus sind wir als Service-, Beschwerde- und Streitbeilegungsstelle tätig und teilen als Kompetenzzentrum unser Wissen in Studien, Berichten oder Veranstaltungen. Die RTR ist eine Einrichtung des Bundes und in die zwei Fachbereiche Medien sowie Telekommunikation und Post gegliedert. Gemeinsam sind die zwei Fachbereiche Geschäftsstelle der Behörden Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria), Telekom-Control-Kommission (TKK) und Post-Control-Kommission (PCK). Darüber hinaus dienen beide Fachbereiche der RTR gemeinsam als Servicestelle für Künstliche Intelligenz und sind Ansprechpartner und Informationshub einer breiten Öffentlichkeit zum Thema KI.

LEADERSNET: Der Digitalisierungs-Boost ließ auch bei Österreichs Medien keinen Stein auf dem anderen liegen. Wohin soll sich der Medienstandort Österreich entwickeln? Was müssen wir tun, um diesen zu sichern?

Struber: Es ist wichtig, dass die zukünftigen Generationen auch noch journalistisch aufbereitete lokale, regionale und nationale Medieninhalte erhalten können, die nicht von ausländischen Internetgiganten auf Basis von Algorithmen gesteuert werden. Unsere heimischen Angebote stellen fest, dass sich die Mediennutzungsgewohnheiten geändert haben und sich immer schneller ändern werden. Das bringt mich zu Tageszeitungen und Qualitätsmedien – und zu Medienkompetenz: Qualitätsmedien tragen dazu bei, dass Menschen medienkompetenter sind. Dazu erstellen wir auch regelmäßig den Medienkompetenzbericht und die Digital Skills Studie. Der digitale Transformationsprozess erfordert, dass auch das Publikum medienkompetent und digitally skilled ist. Dabei spielen verlässliche, vertrauenswürdige und meinungsvielfältige Qualitätsmedien eine entscheidende Rolle.

LEADERSNET: Welche Geschäftsmodelle benötigen Österreichs Medien, um künftig davon leben zu können – wohin geht hier die Reise?

Struber: Die Förderanträge an unseren Transformationsfonds für 2025 überstiegen die vorhandenen Mittel um 70 Prozent. Man sieht also, dass die Medienhäuser den Bedarf für Investitionen in ihre Zukunft sehr ernst nehmen. Außerdem kam es zu einem erhöhten Anteil von synergetischen Kooperationsprojekten. Der notwendige Schulterschluss in der Branche wird damit zunehmend gelebt. Es geht zum einen darum, die Angebote an digitale Nutzungs- und Lebenswirklichkeiten anzupassen, individuellere und mobile Produkte anzubieten, aber auch darum, die Produktionsprozesse effizienter zu gestalten, beispielsweise durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um finanzielle und personelle Ressourcen für hochwertigen Journalismus weiterentwickeln zu können.

LEADERSNET: Wie schaut das Medienverhalten unserer Gesellschaft aus Ihrer Sicht in der Zukunft aus?

Struber: Digital, mobil, zeitunabhängig und vielfältiger, aber auch kritischer gegenüber den Quellen. Letzteres ist zunehmend erforderlich und die Kehrseite von Social Media. Deshalb können wir im Rahmen unseres gesetzlichen Auftrages dabei unterstützen, auch weiterhin ein verlässlicher Orientierungsanker in einer veränderten Medienwelt zu sein.

Unsere neue Förderung für Audio-Podcasts greift zum Beispiel die stetig wachsende Bedeutung dieser Angebote im Medienkonsum der Bevölkerung auf und stärkt gezielt den Ausbau verlässlicher, hochwertiger Qualitätsproduktionen in diesem Segment. Unser heuer zum zweiten Mal erschienener Online-Audio-Monitor Austria zur Online-Nutzung von Audioangeboten im Internet belegt, dass Audio-Podcasts bereits von 40 Prozent der Online-Bevölkerung genutzt werden, bei den 15- bis 29-Jährigen liegt die Reichweite sogar schon bei 57 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist die neue Audio-Podcast-Förderung ein notwendiges, zeitgemäßes Förderinstrument zur Stärkung heimischer Qualitätsangebote.

LEADERSNET: Ist das demokratiepolitische Regulativ von unabhängigem Journalismus heute noch zu verlangen? Kann unabhängiger Journalismus durch Förderungen gewährleistet werden?

Struber: Sinn und Zweck des Journalismus ist seine Kontrollfunktion als vierte Gewalt im Staat. Diese Funktion ist nicht infrage zu stellen. Unsere Förderungen, aber auch die Qualitäts-Journalismus-Förderung der KommAustria, die eine Grundsicherung der Arbeitsbedingungen für Journalist:innen und damit für einen qualitätsvollen, unabhängigen Journalismus bietet, dienen nichts anderem, als Medien- und Meinungsvielfalt sowie einen faktenbasierten, demokratiepolitischen Diskurs zu gewährleisten.

LEADERSNET: Welche politischen Rahmenbedingungen wünschen Sie sich von der neuen Regierung, um dem medialen Transformationsprozess gerecht zu werden?

Struber: Wir nehmen die Aufgaben wahr, die uns der Gesetzgeber als Fördergeber und als Geschäftsapparat der unabhängigen und weisungsfreien Medienbehörde KommAustria aufgetragen hat – jetzt und in Zukunft. Das Wichtigste ist, dass es in Österreich ein Grundverständnis für die demokratiepolitische Bedeutung von Medien- und Meinungsvielfalt und des dualen Medienmarktes gibt. Die Förderungen sind ein Instrument für einen pluralistischen Medienstandort Österreich.

LEADERSNET: Künstliche Intelligenz ist gekommen, um zu bleiben. Inwieweit kann der Einsatz von künstlicher Intelligenz die Medienbranche revolutionieren?

Struber: Sie wird bereits revolutioniert. Die Digitalisierung und der Einzug künstlicher Intelligenz im Mediensektor haben einen prägenden Einfluss auf die Branche. Dies bringt zahlreiche rechtliche, gesellschaftliche und ethische Fragen hervor, mit denen wir uns in unserer Studienreihe zu KI in der Medienbranche und in der gemeinsamen KI-Servicestelle der zwei RTR-Fachbereiche mit den Marktteilnehmern auseinandersetzen. Wir fungieren hierbei als Ansprechpartner und Informationshub und stehen dem österreichischen KI-Ökosystem bei der Umsetzung des europäischen AI Act zur Seite.

LEADERSNET: Dürfen wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir diese mit großem Respekt erwarten?

Struber: Die Zukunft des österreichischen Medienmarktes ist von Dynamik und Wandel geprägt. Während das Wachstum in bestimmten Bereichen Anlass zur Freude gibt, erfordern die Herausforderungen in Bezug auf Vertrauen, Technologie und sich ändernde Konsumgewohnheiten einen respektvollen und strategischen Umgang. Die Branche muss sich kontinuierlich anpassen und innovativ bleiben, um diese Herausforderungen zu meistern und die Chancen zu nutzen, die sich durch die digitale Transformation und neue Technologien ergeben. 

LEADERSNET: Vielen Dank!

www.rtr.at

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