Zukunft der Mobilität
"Entscheidend ist nicht die Antriebsart, sondern die nachhaltige Energie"

| Tobias Seifried 
| 16.12.2024

Bei den "Energy Transition Innovation Talks" in Wien waren sich Experten einig, dass es für eine erfolgreiche Mobilitätswende drei nachhaltige Antriebsarten geben muss.

Während zahlreiche Branchenkenner:innen und Hersteller mittlerweile fest davon überzeugt sind, dass bei Autos die Zukunft elektrisch ist (auch wenn die Transformation länger dauert als zunächst erwartet), gibt es diesbezüglich auch andere Meinungen, wie die fünfte Ausgabe der "Energy Transition Innovation Talks" zeigte. Bei der Veranstaltung in Wien wurde der Frage nachgegangen, welche Schritte notwendig sind, um die Energiewende im Verkehr so rasch wie möglich zu erreichen. Stephan Schwarzer, Geschäftsführer der eFuel Alliance Österreich, lud erneut eine Expertenrunde ein, um Antworten auf die anstehenden Herausforderungen rund um eine rasche Mobilitätswende zu finden. Als Partner waren dieses Mal die Sparte Transport und Verkehr und die Fachgruppe Güterbeförderung der Wiener Wirtschaftskammer (WKW) mit dabei.

Antriebsart entscheidend

Bernhard Geringer, emeritierter Vorstand des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien, hat darauf folgende Antwort: "One-fits-all gibt es nicht. Das entscheidende für eine umweltschonende Mobilität ist nachhaltige Energie und nicht die Antriebsart. Wir brauchen daher Technologie-Offenheit und klimaneutrale Lösungen, aus denen je nach Bedarf und Anwendung ausgewählt werden kann." Auch der Wirkungsgrad im Motor sei von untergeordneter Bedeutung, wenn der Strom für das E-Auto nicht von der eigenen Solaranlage am Dach kommt, sondern von einem Wärmekraftwerk ins allgemeine Stromnetz eingespeist wird. Daher seien die gängigen Wirkungsgradvergleiche keine sinnvolle Entscheidungsgrundlage.

Auch Jürgen Roth, Vorstandsvorsitzender der eFuel Alliance Österreich, spricht sich für einen Technologiemix aus: "Wir wollen ein Miteinander. Man kann eine Kutsche nicht mit einem einzigen Pferd auf einen steilen Berg hinaufziehen. Es braucht zwei Pferde, damit man rasch und sicher oben ankommt." Hier nimmt Roth auch die Politik in die Pflicht: "Die politisch Verantwortlichen müssen sich endlich eingestehen, dass sie der Wirtschaft schweren Schaden zugefügt haben, indem sie ihre Entscheidungen auf Basis falscher Voraussetzungen und überholter Annahmen getroffen haben."

Strafen für Automobilhersteller aussetzen

"Seither gab es Krieg, Rezession, Einbrüche in der Autoindustrie, Vordringen chinesischer Automarken mit geringem österreichischem Zuliefereranteil. Daher begrüße ich die Initiative von Wirtschaftsminister Kocher gemeinsam mit Italien und vielen anderen Mitgliedstaaten, die Revision der CO₂-Grenzwerte vorzuziehen und die horrenden Strafzahlungen auszusetzen. Man kann doch nicht so tun, als ob nichts passiert wäre. Ich hoffe auf einen breiten Konsens bei Regierungs- und Oppositionsparteien, um dieser nationalen Bedrohung etwas entgegenzusetzen", so der Wirtschaftsexperte.

Bernhard Haidacher, Head of SHEQ-Management bei der Lkw Walter Internationale Transportorganisation AG, untermauerte: "Ohne alternative Treibstoffe geht es nicht." Das Unternehmen sei einer der Vorreiter, wenn es um klimaneutralen Transport geht. Wie so viele Unternehmen verfolgt auch Lkw Walter eine Nachhaltigkeits-Strategie und setzt dabei unter anderem auf HVO (Diesel aus erneuerbaren Rohstoffen), um die selbst gesteckten Ziele zur CO₂-Einsparung zu erreichen. Die ersten Praxiserfahrungen zeigten aber auch, dass die Resilienz bei nachhaltigen Treibstoffen noch erhöht werden müsse. Außerdem gebe es noch einige steuerliche Fragen zu klären. Haidacher: "Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die alternative Treibstoffe gegenüber fossilem Diesel bevorzugen."

Kasimir Nemestothy, Energieexperte der Landwirtschaftskammer Österreich, stellte die Programme zur Erreichung der österreichischen Klimaziele auf den Prüfstand und kam zu folgendem Ergebnis: "Der Anteil der Erneuerbaren ist viel zu gering. 2022 sind nur 22,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Österreich auf elektrische Energie entfallen und davon kamen unionsweit wiederum nur 40 Prozent aus nachhaltigen Energiequellen. Das heißt: Wir brauchen alle nachhaltigen Lösungen, damit wir unsere Klimaziele erreichen können."

Wolfgang Böhm von der Fachgruppe Güterbeförderung in der WKW hat ebenfalls positive Erfahrungen mit HVO gemacht: "Der Treibstoff ist CO₂-neutral, wird in Europa produziert und wir müssen keine Experimente mit tonnenschweren Akkus machen." Spartenobmann Transport und Verkehr in der WKW Davor Sertic spricht sich ebenfalls für Technologieoffenheit aus und formuliert eine Forderung an die Politik: "Die Politik muss endlich auf die Wirtschaft hören, denn die Wirtschaft weiß am besten, was sie braucht."

Wirtschaft fordert Ende der steuerlichen Diskriminierung

Gastgeber Stephan Schwarzer verwies abschließend darauf, dass Elektroautos in Österreich aktuell mit hohem CO₂-Rucksack unterwegs sind. Der Anteil der erneuerbaren Quellen am Strom fiel in den kalten Novembertagen oft unter 60 Prozent, zeitweise auch unter 50 Prozent. "Autos, die mit erneuerbaren Kraftstoffen fahren, sollen steuerlich genauso behandelt werden wie Autos, die mit Strom fahren, dann gibt es kraftvolle Incentives, um die CO₂-Emissionen aus Pkws zu senken."

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Debatte rund um die Mobilitätswende weiter hart geführt werden wird. Jene Expert:innen, die nahezu ausschließlich auf den Elektroantrieb setzen, werden künftig ebenso ihre Argumente in den Ring werfen, wie jene, die für einen Antriebsmix und Technologieoffenheit plädieren.

www.efuel-alliance.at

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