Gastkommentar Ralf-Wolfgang Lothert
Brauchen wir ein neues Mindset?

| Redaktion 
| 13.10.2024

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Geht es Ihnen auch so, geneigte Leser:innen? Immer häufiger hören wir, dass wir ein neues, agileres "Growth"-Mindset brauchen. Bei JTI Austria arbeiten wir schon seit einigen Jahren daran. Doch was ist dieses "andere" Mindset? Warum benötigen wir es? Wie Sie es von mir gewohnt sind, fangen wir von vorn an. Was versteht man unter einem Mindset? Kurz gesagt, unsere Denkweise und Haltung – also unser "Mindset" – beeinflussen und steuern maßgeblich unser Verhalten. Um das Thema weiter zu vertiefen, lassen Sie mich jedoch noch etwas ausholen.

Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit

Viele Unternehmen, Behörden und Institutionen haben erkannt, dass unsere heutige Gesellschaft sich grundlegend von jener des 20. Jahrhunderts unterscheidet. Wissenschaftler:innen sind sich einig, dass wir in einer Welt leben, die von mehr Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt ist – kurz "YUCA" (aus dem Englischen: volatility, uncertainty, complexity, ambiguity). Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, können auch folgerichtig die Methoden und Hierarchien des 20. Jahrhunderts nicht mehr ausreichen. Unsere Gesellschaft und ihre Institutionen müssen sich also transformieren.

An dieser Stelle kommen jene Begriffe ins Spiel, die oft mit Transformationsprozessen verbunden sind: Agilität, Vertrauen in Mitarbeitende und das Zugestehen von mehr Entscheidungsbefugnissen – in Summe bekannt unter dem Schlagwort Empowerment. Diese Veränderungen sind notwendig, damit funktionsübergreifende Teams bessere und schnellere Ergebnisse erzielen können. (Bitte haben Sie an dieser Stelle Nachsicht für diesen kurzen Exkurs und die gleichzeitig stark verkürzte Darstellung.)

"Fixed Mindset" zu einem "Growth Mindset" bewegen

All diese Veränderungen können jedoch nur dann zum Erfolg führen, wenn die Menschen – egal ob in ihrer Rolle als Bürger:innen oder Mitarbeitende – neben den notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen auch das richtige Mindset mitbringen. Deshalb lautet die Antwort auf meine Eingangsfrage eindeutig: Ja, wir brauchen ein neues Mindset.
Ein Mindset ist nichts Angeborenes und demnach auch nicht unveränderlich, sondern erlernbar. Wir müssen uns von einem sogenannten "Fixed Mindset" zu einem "Growth Mindset" bewegen, wie es von der Forscherin Carol Dweck beschrieben wurde.

Ein "Fixed Mindset" zeigt sich, wenn jemand Herausforderungen vermeidet, glaubt, Ziele seien unerreichbar, oder Feedback ignoriert. Menschen mit einem "Growth Mindset" hingegen sehen Herausforderungen als Chancen und betrachten Fehler als Lernmöglichkeiten. Sie denken: "Ich kann es vielleicht noch (!) nicht, aber ich werde es versuchen!" Ich bin überzeugt, dass Ihnen, geneigte Leser:innen, beide Arten von Menschen aus Ihrem Umfeld bekannt sind.

Uns ist wohl allen klar, dass wir ganz dringend ein "Growth Mindset" brauchen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Doch wie erreichen wir das? Es lässt sich schließlich nicht einfach verordnen.

Implementieren von Strukturen für agiles Arbeiten und mehr Empowerment

Als Unternehmen können wir zumindest die Voraussetzungen dafür schaffen, darunter fällt beispielsweise das Implementieren von Strukturen für agiles Arbeiten und mehr Empowerment. Darüber hinaus braucht es ein psychologisch sicheres Umfeld, in dem sich Menschen trauen können, ihre Gedanken frei zu äußern und auch eingestehen können, wenn Fehler passieren. In einer positiven Fehlerkultur werden diese wie oben beschrieben als Chance zur Weiterentwicklung betrachtet – je schneller sie begangen, entdeckt und behoben werden können, umso besser.

Fehler und Rückschläge akzeptieren 

Wenn solcherlei Grundbedingungen erfüllt sind, gibt es zahlreiche Ansätze, deren man sich bedienen kann, um ein "Growth Mindset" zu entwickeln. Einige der wichtigsten wären etwa, Herausforderungen anzunehmen, beharrlich zu sein, positiv zu denken, aber auch Fehler und Rückschläge zu akzeptieren und für kontinuierliches Lernen offen zu sein. Das Umfeld muss dies aber jedenfalls fördern und ermöglichen, weil es die positiven Erfahrungen damit braucht, um sich "daran zu gewöhnen" und es so lange zu üben, bis es zum Normalzustand wird.

Für viele mag das theoretisch klingen – und ja, ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass auch für mich anfänglich einiges eher nach "Berater-Sprech" klang. So richtig konnte ich mir nicht vorstellen, wo und wie sich dies in der Praxis niederschlagen sollte. Und ja, es kann sich auch als langwieriger Prozess entpuppen. Aber ebenso aus eigener Erfahrung in unserem Unternehmen, das weltweit über 45.000 Mitarbeitende auf dem Weg in die Zukunft begleitet, kann ich Ihnen auch sagen: Es ist der richtige und wichtige Weg zum Erfolg. Das Mindset ist dabei ein entscheidender Baustein. Doch ohne die entsprechenden Rahmenbedingungen, wie ich sie oben kurz skizziert habe, wird auch ein neues Mindset nicht viel bewirken.

Sollten wir bei der Analyse unserer Gesellschaft, unserer Bürokratie oder unserer Unternehmen zu ähnlichen Ergebnissen kommen, dann lassen Sie uns gemeinsam die Transformation beginnen und gemeinsam ein positives "Growth Mindset" entwickeln. Ich verspreche Ihnen: Mit diesem Mindset kommt nicht nur der Erfolg, sondern auch ein gesteigertes Wohlbefinden und Selbstvertrauen – für jede:n Einzelne:n von uns.

www.jti.com


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