Video und Fotos der Studienpräsentation
Unter den Wienern leben nur zwei Prozent Kaffeehausverweigerer

Die neueste Forschung hat gezeigt, dass über 30.000 Personen täglich in eines der Wiener Cafés einkehren. LEADERSNET.tv war bei der Studienpräsentation dabei und hat bei den Verantwortlichen nachgefragt, wie es um die Wiener Kaffeehauskultur steht, warum diese Studie durchgeführt wurde, welches Image Kaffeehäuser heute genießen, wie wichtig ein eigener Kaffeehaus-Spot ist und wie sich Manuel Rubey beim Dreh von diesem geschlagen hat.

Die Fachgruppe der Kaffeehäuser und die KMU Forschung wollten wissen, welchen Stellenwert Wiener Kaffeehäuser heute noch bei den Einheimischen einnehmen und haben dem zum Anlass eine Studie durchgeführt, die nicht nur über die Häufigkeit des Kaffeehausbesuchs aufklärt, sondern auch über die Motivation dahinter sowie über die durchschnittlichen Ausgaben und über kulinarische Begleiter zum Kaffee. LEADERSNET.tv war bei der Studienpräsentation vor Ort und hat bei den Verantwortlichen genauer nachgefragt, zu welchem Ergebnis sie letztendlich gekommen sind und wie es um die Kaffeehauskultur steht. 

Weitreichende Geschichte

Die Geschichte des Wiener Kaffeehauses begann Ende des 17. Jahrhunderts und ging mit der Türkenbelagerung einher. Laut Aufzeichnungen soll der armenische Spion Deodato, der vom Wiener Hof mit der Zubereitung von Kaffee betraut war, das erste Kaffeehaus der Bundeshauptstadt gegründet haben. Von 1803 bis 1813 kam es aufgrund der Kontinentalsperre, die auf Napoleon zurückgeht, zu einer harten Probe für die Wiener Kaffeesieder. Als Österreich 1808 der Handelssperre beitrat, stand es schließlich schlecht um die Kaffeehäuser, denn der Zoll auf die Kaffeebohnen war so hoch, dass diese kaum mehr leistbar waren. In dieser Zeit wurde es den Kaffeehäusern erstmals gestattet, auch Wein und warme Speisen anzubieten. Mit dem Ende der Handelssperre kehrte auch das Heißgetränk in die Kaffeehäuser zurück, die zunächst nur Männern vorbehalten waren. Frauen durften erst ab 1856 die Räumlichkeiten betreten. Das Kaffeehaus entwickelte sich schließlich zu einem Ort der Zusammenkunft, der transnationalen literarischen Kommunikation sowie des Austausches und spielte auch in der Politik keine unwesentliche Rolle.

Die Kaffeehäuser waren somit zu dieser Zeit schon längst nicht mehr nur Orte des Getränke- und Speisekonsums, sondern ein ganztägiger offener Arbeitsraum, wo Stammgäste später auch telefonisch erreichbar waren und ihre Post hinschicken lassen konnten. Außerdem konnte man sich in den Cafés informieren, da Zeitungen, Fachzeitschriften und Illustrierte auslagen oder sich durch Konzerte und anderes unterhalten lassen. Seit 2011 genießen Wiener Kaffeehäuser nochmals einen neuen Status, da sie offiziell ins Verzeichnis des nationalen immateriellen Kulturerbens der UNESCO aufgenommen wurden. 

Kaffeehausstudie 2024

Doch wie steht es um die Kaffeehäuser heutzutage? "Wir wollten wissen: Hat das Kaffeehaus noch immer den Stellenwert für die Wiener:innen, den es schon vor Hunderten Jahren gehabt hat? Und es hat sich einfach gezeigt, es ist noch immer so. Also wir haben in Wien, in einer rund zwei Millionen Einwohnerstadt, genau zwei Prozent Kaffeehausverweigerer:innen und 98 Prozent Kaffeehausgeher:innen. Ich glaube, das spricht schon für eine Stadt wie Wien und ihre Kaffeehäuser", so Wolfgang Binder, Obmann der Fachgruppe Kaffeehäuser in der Wirtschaftskammer Wien gegenüber LEADERSNET.tv.

Um also Antworten auf diese Fragen zu finden, hat die Fachgruppe Kaffeehäuser und KMU Forschung eine Studie durchgeführt, bei der sie unter anderem wissen wollten, was die Einheimischen in die Cafés verschlägt. Für 70 Prozent der in der Studie befragten Wiener:innen ab 17 Jahren ist "Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen" einer der Gründe für einen Kaffeehausbesuch. 61 Prozent wollen einfach einen Kaffee oder ein anderes Heißgetränk trinken und für 38 Prozent dient der Ausflug in eine der Lokalitäten der Entspannung. 

"Ich denke, vor hundert Jahren hätte diese Frage ganz ähnliche Antworten erzielt. Die Grundfunktion des Kaffeehauses hat sich also nicht verändert", so Wolfgang Binder. Gegenüber LEADERSNET.tv betonte Binder außerdem, dass es den Wiener Kaffeehäusern nach wie vor gut gehe. "Totgesagte leben länger", schmunzelte er. "Sicher durchlebt man schwierige Zeiten, aber das Schöne ist, glaube ich, die Wiener Kaffeehäuser erfinden sich immer wieder neu. Und jetzt sind wir gerade in einer Phase, wo sie sich gerade wieder neu erfinden."

"Das zweite Wohnzimmer"

Die Studie stellte überdies heraus, wie es um das Image der Kaffeehäuser steht und ob diese noch immer als "zweites Wohnzimmer" wie früher gelten. Das Ergebnis: ein Drittel der Bevölkerung geht zumindest einmal pro Woche ins Kaffeehaus, ein weiteres Viertel mehrmals im Monat. Bei der Bevölkerung ab 17 Jahren gehen außerdem zwei Prozent sogar täglich ins Café. "Das sind mehr als 32.000 Kaffeehausbesuche jeden Tag. Im Schnitt haben unsere rund 2.000 Kaffeehäuser also jeweils 16 Stammgäste, die jeden einzelnen Tag kommen", freut sich Binder. Wobei 39 Prozent der Befragten angeben, vor allem in ihr Stammcafé zu gehen. Personen über 65 Jahre tendenziell noch mehr.

Gegenüber LEADERSNET.tv bekräftigte auch Berndt Querfeld, Geschäftsführer des Café Landtmann, dass Kaffeehäuser noch immer als zweites Wohnzimmer gelten: "Wir haben eine sehr hohe Verweildauer – im Schnitt 1,5 Stunden. Was dabei interessant ist, ist, dass der Kaffee nicht der primäre Grund ist, ins Kaffeehaus zu gehen. Da haben sicher andere Lokale mehr mitzukämpfen. Der Kaffee ist austauschbar in jeder Form. Das Kaffeehaus selbst – der Service, das Gute, das Schlechte, das "Grantelnde" - das sind ja alles Dinge, die, wenn man dort zu Gast ist, meist gern mag und deswegen das Kaffeehaus aussucht und sein Stammcafé hat. Ich glaube, eigentlich muss man sein Stammcafé finden – vielleicht auch zwei. So eins für jeden Tag und eines für Besonderes."

Kosten pro Aufenthalt

Der klassische Wiener Kaffeehaus-Kaffee ist wohl die Melange. Sie führt regelmäßig die Verkaufsstatistiken an, wodurch ihr Preis in den Fokus gerät. Der Preis für eine Melange bewegt sich bei 54 Prozent der Befragten zwischen drei Euro und 3,99 Euro. 29 Prozent geben einen leicht höheren Preis an (vier bis 4,99 Euro) und 13 Prozent trinken ihre Melange sogar für weniger Geld (zwei bis 2,99 Euro). 

Blickt man auf die am liebsten georderten Speisen im Kaffeehaus, zeigt sich schnell: die Mehlspeise bzw. der Kuchen gehört zum Kaffee. Für 57 Prozent stehen Kuchen und Torten auf dem Speisezettel, das Frühstück in all seinen Variationen ist für 42 Prozent ein Schmankerl und für knapp ein Drittel (30 Prozent) ist es das Mittagessen, das dazu gehört.

Am Ende summieren sich die Ausgaben für einen durchschnittlichen Kaffeehausbesuch für knapp 30 Prozent auf unter zehn Euro. Weitere 43 Prozent der Gäste geben weniger als 15 Euro aus. "Wobei das natürlich diejenigen sind, die nicht zum Essen kommen. Aber man sieht, Kaffee und Kuchen gehen sich aus", so Binder, der die Trinkgeld-Bereitschaft der Wiener:innen hervorhebt: "Die Hälfte der Gäste gibt zumindest zehn Prozent Trinkgeld, kaum eine:r, der:die das Trinkgeld generell weglässt."

"Was der Gast nicht schafft, schafft die Gastwirtschaft"

Bei der Studienpräsentation wurde auch die neue Imagekampagne der Fachgruppe der Kaffeehäuser gezeigt, die Funktionen des Kaffeehauses für die Wiener:innen verdeutlicht. Gemeinsam mit Thoms Kratky (Werber) entstand der neue Spot "Was der Gast nicht schafft, schafft die Gastwirtschaft" mit Manuel Rubey in der Hauptrolle als singender Ober. 

Das Video sehen Sie hier:

LEADERSNET.tv wollte von Kratky wissen, wie sich der Schauspieler in seiner Rolle als Ober geschlagen hat. "Manuel Rubey ist hervorragend. Erstens ist er ein Publikumsliebling und zweitens ist er in der Rolle aufgegangen. Wir haben einen ganzen Tag lang gedreht und zum Schluss haben die Gäste geglaubt, er ist ein Kellner. Er hat die Rolle also perfekt gemacht", so der Werber.

Manuel Rubey zeigt sich bei der Frage, ob er die richtige Besetzung für den Spot sei, bescheidener: "Das müssen andere beurteilen. Ich freue mich, wenn er es so sieht. Ich habe es sehr gern gemacht. Ich habe in meiner Jugend gekellnert und ich liebe das Kaffeehaus. Also, ein paar Parameter habe ich vielleicht erfüllt." Womit er sich allerdings sicher ist, ist die Aktualität der Wiener Kaffeehäuser. "Traditionen sind manchmal schwierig, wenn man so im Alt- und ewig Gestrigen verharrt. Und beim Kaffeehaus ist es aber genau das Gegenteil. Das Kaffeehaus stand immer schon für Weltoffenheit, für Urbanität, für Unterschiede, für Diskussionen, für Zusammenkommen mehrerer Schichten und ich finde, das ist im Wiener Kaffeehaus perfektioniert", so der Schauspieler abschließend. 

LEADERSNET.tv holte damit sowohl Wolfgang Binder (WKW Fachgruppenobmann Kaffeehäuser) als auch Berndt Querfeld (Kaffeesieder und Geschäftsführer Café Landtmann) sowie Thomas Kratky (Marketingexperte) und Manuel Rubey (Schauspieler) vor die Kamera.

Außerdem war LEADERSNET vor Ort und hat hier für Sie Eindrücke der Studienpräsentation gesammelt. 

www.wko.at

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