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"Wir müssen uns nicht vor der KI fürchten, sondern vor den Menschen dahinter"

Auf Einladung der Sparte Information & Consulting der Wirtschaftskammer Salzburg präsentierte die Philosophin und Autorin Lisz Hirn in ihrer Keynote neue Perspektiven auf das Menschsein und regte eine gesellschaftliche Debatte an, welche Kompetenzen und Fähigkeiten wir im digitalen Zeitalter entwickeln müssen.

"Was ist der Mensch, und wie verändert sich dieser durch die Technologien wie Smartphone, KI und ChatGPT?" Dieser Frage ging die Philosophin und Autorin Lisz Hirn kürzlich in ihrer Keynote nach, zu der die Sparte Information & Consulting der Wirtschaftskammer Salzburg Interessierte ins Kavalierhaus Klessheim lud.

Begonnen hatte sie ihren Vortrag mit der Feststellung, dass sie nicht die Erste sei, die versuche, eine Definition für den Menschen zu finden. Viel spannender als die Frage des Seins sei aber: "Was ist der Mensch noch nicht, was könnte er noch werden?" Das sei, so Hirn, besonders angesichts der aktuellen technologischen Entwicklungen – Stichwort Künstliche Intelligenz (KI) – relevant. In diesem Zusammenhang hinterfragte die Autorin die menschliche Selbstwahrnehmung als "Krönung der Schöpfung" und zitierte Nietzsche: "Vielleicht sind wir nur ein Übergangswesen, das im Prozess mit der Technologie steht."

Die wahre Sorge gilt dem Menschen hinter der KI

Ihrer Ansicht nach sei die Angst, die manche Menschen vor Künstlicher Intelligenz haben, zu vernachlässigen – vielmehr müsse man sich vor den Menschen fürchten, die derartige Software entwickeln. "Es ist nicht das Problem, dass Maschinen besser rechnen oder Muster erkennen. Die eigentliche Gefahr liegt darin, wie Konzerne KI programmieren und welche Macht sie damit über unsere Daten erlangen."

KI an sich habe aber durchaus positive Seiten, so könne Sie administrative Aufgaben übernehmen und Kosten einsparen, während der Mensch sich stärker auf seine sozialen Fähigkeiten konzentrieren könne: "Gerade das Sorgen und das Pflegen ist nämlich das urtypisch menschliche, was uns von den Maschinen oder Robotern unterscheidet", bekräftigt Hirn. "Darauf sind wir aber weder stolz noch will es jemand tun." Gerade in den interaktiven Bereichen, in der Pädagogik, gewinne der Mensch als soziale Spezies an Bedeutung. 

Lebenslanges Lernen erforderlich

Im Spannungsfeld zwischen Natur und Technik müsse sich der Mensch neu definieren, wodurch lebenslanges Lernen "eine neue Bedeutung" bekomme, so Hirn. Zwar sei noch nicht klar, wie KI unser Arbeitsumfeld langfristig verändern würde, allerdings glaube sie, dass da völlig neue Themen auf uns zukommen werden – etwa Berufe, die man jetzt noch nicht kennt. Besonders wichtig erscheint der Philosophin die Frage: "Schaffen wir es, eine gewisse Souveränität gegenüber diesen Künstlichen Intelligenzen zu gewinnen? Wollen wir sie in jedem Bereich einsetzen?"

Gesetzliche und gesellschaftliche Regeln erforderlich

Zudem thematisierte sie den durch KI verursachten, steigenden Energieverbrauch: "Müssen wir möglicherweise sogar Atomkraftwerke reaktivieren, um diese Systeme zu füttern?", stellte sie in den Raum.

Auch mit Appellen an die Politik wurde nicht gespart. Demnach sieht Hirn besonders kritisch, dass Konzerne die rechtlichen Grauzonen ausnutzen würden. Ihr zufolge brauche es klare gesetzliche Regelungen, aber etwa auch "Benimmregeln" für den Umgang mit Technologien und Geräten – Stichwort Suchtverhalten.

Welche Kompetenzen und Fähigkeiten wir im digitalen Zeitalter entwickeln müssen, sei eine gesellschaftliche Debatte, die Hirn zum Abschluss ihrer Keynote anregen wollte. "Bildung und Souveränität gegenüber der Technologie sind entscheidend, besonders in Hinblick auf Themen wie E-Voting und die zukünftigen Berufsbilder, etwa den digitalen Nachlassverwalter", betont sie abschließend.

Reges Interesse der Beteiligten

Zustimmung bekam Hirn nicht nur von ihren Zuhörer:innen, die im Anschluss die Möglichkeit hatten, mit der Autorin zu diskutieren und ihr Buch "Der überschätzte Mensch – Anthropologie der Verletzlichkeit" am Büchertisch der Rupertus Buchhandlung zu erwerben – auch Spartenobmann Wolfgang Reiger pflichtete ihr bei: "Die KI wird den Menschen sicher nicht ersetzen, aber das Arbeitsumfeld und Aus- und Weiterbildungen verändern." Er und Spartengeschäftsführer Martin Niklas freuten sich über das rege Interesse an der Veranstaltung.

Einen Einblick in die Keynote können Sie hier erhaschen:

LEADERSNET war bei der Veranstaltung dabei. Eindrücke finden Sie in unserer Galerie.

www.wko.at/sbg

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