Was Arbeitgeber wissen müssen
Neue Regelungen zur Übernahme von Bildungskosten im Arbeitsverhältnis

Gastkommentar von Christina Hödlmayr, Partnerin, Rechtsanwältin und Arbeitsrechtsexpertin bei LeitnerLaw Rechtsanwälte. 

Mit dem Inkrafttreten des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) zum 28. März 2024 wurden in Österreich wesentliche Neuerungen im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung eingeführt, die ab sofort für Arbeitgeber:innen relevant sind. Neben neuen Mindestinhalten für Dienstzettel und Dienstverträge wurde auch eine gänzlich neue Bestimmung zur Aus-, Fort- und Weiterbildung eingeführt.

Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick

Wenn eine bestimmte Aus-, Fort- oder Weiterbildung gesetzlich, durch Verordnungen, den anwendbaren Kollektivvertrag oder den Arbeitsvertrag vorgeschrieben ist, gelten ab sofort folgende Regelungen:

  1. Teilnahme als Arbeitszeit: Die Teilnahme an dieser Weiterbildung wird als Arbeitszeit gewertet.
  2. Kostenübernahme durch den:die Arbeitgeber:in: Der:die Arbeitgeber:in muss die Kosten der Weiterbildung tragen, es sei denn, diese werden von einem Dritten (z.B. AMS) übernommen.

Interessant ist, dass die österreichische Regelung über die Vorgaben in der EU-Transparenzrichtlinie hinausgeht. Der Anwendungsbereich ist insbesondere weiter, weil die EU-Transparenzrichtlinie eine Verpflichtung zur Kostentragung und Anrechnung als Arbeitszeit nur für jene Weiterbildungen vorsieht, die aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen zu absolvieren sind. Eine Bezugnahme auch auf jene Fortbildungen, die nach dem Arbeitsvertrag Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit sind, enthält die EU-Transparenzrichtlinie nicht, ebenso wenig wie einen Anwendungsbereich für reine Fortbildungen (z.B. Auffrischungsschulungen).

Was bedeutet das für die Praxis?

In der Praxis wird genau dieses "Gold-Plating" des österreichischen Gesetzgebers kritisiert. Eine zentrale Frage ist, wie diese neue Bestimmung mit den bestehenden Regelungen zum Ausbildungskostenersatz vereinbar ist. Unternehmen müssen daher ihre Dienstverträge und Stellenprofile entsprechend anpassen, um unvorhergesehene Kosten zu vermeiden. Klar ist, dass Unternehmen bei der Erstellung von Stellenprofilen, Tätigkeitsbeschreibungen und auch Funktionsbeschreibungen in Dienstverträgen in Zukunft genauer überlegen sollten, welche Voraussetzungen für die Stelle als notwendig definiert werden. Zu weit gefasste Anforderungsprofile in einer Funktionsbeschreibung, auf die in einem Dienstvertrag verwiesen wird, können zu einer Kostentragungspflicht führen, wenn die Mitarbeiter:innen noch nicht über die entsprechende Ausbildung verfügen.

Ein Beispiel ist das Güterbeförderungsgesetz, das die Weiterbildung als Nachweis der Fahrerqualifikation vorsieht. Diese wird nicht als Weiterbildung im Sinne der neuen Bestimmungen gewertet, wodurch keine Kostenersatzpflicht und Wertung als Arbeitszeit entstehen. Anders sieht es aus, wenn jemand als LKW-Fahrer:in eingestellt wird, ohne den erforderlichen Führerschein zu haben. Hier könnte eine Kostenersatzpflicht des Unternehmens entstehen. Daher ist eine Einzelfallprüfung wichtig.

Rückerstattungsverpflichtungen: Was bleibt bestehen?

Inwieweit bestehende Rückersatzverpflichtungen noch wirksam sind bzw. neue abgeschlossen werden können, beurteilt sich danach, ob eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung in den Anwendungsbereich der neuen gesetzlichen Bestimmungen fällt. Ist ein Anwendungsbereich gegeben, werden Altvereinbarungen unwirksam und neue Vereinbarungen können nicht abgeschlossen werden. Faktisch verbleibt wohl nur mehr ein kleiner Restbereich, in dem tatsächlich wirksame Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen abgeschlossen werden können.

Denkbar ist dies bei Bildungsmaßnahmen, die keine Voraussetzung für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit sind und wo das Unternehmen vertraglich keine Verpflichtung vorschreibt, beispielsweise Führungskräftetrainings, wenngleich diese jedenfalls sinnvoll für die Tätigkeit einer Führungsrolle sind. Rückersatzfähig sollten auch Bildungsmaßnahmen sein, die für eine allenfalls erst zukünftig ausübbare Tätigkeit absolviert werden, ohne dass eine Beförderung schon vereinbart wurde. Sofern Mitarbeiter:innen eigenständig Fortbildungen besuchen möchten, die beruflich relevant sein können, jedoch nicht direkt mit ihrer aktuellen Tätigkeit verknüpft sind und weder vertraglich noch gesetzlich oder durch einen Kollektivvertrag vorgeschrieben sind, können Arbeitgeber:innen auch in solchen Fällen Vereinbarungen zur Erstattung von Ausbildungskosten abschließen.

Arbeitgeber:innen müssen bestehende Stellenprofile und Funktionsbeschreibungen auf notwendige Anpassungen überprüfen. Denn diese brauchen klare Richtlinien für die Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter, um unvorhergesehene Kosten zu vermeiden. Arbeitgeber:innen sollten nun besonders darauf achten, dass sie die Auswirkungen der neuen Regelung zu Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen gründlich prüfen. Es gilt, individuelle Situationen sorgfältig zu bewerten und eine angemessene Ausgestaltung der Arbeitsverträge sicherzustellen, um unnötige Belastungen zu vermeiden.

www.leitnerlaw.eu


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