Autobauer setzten 2023 mehr als zwei Billionen Euro um
"Es wird noch lange dauern, bis die Branche mit E-Autos echtes Geld verdient"

| Tobias Seifried 
| 15.04.2024

Laut EY haben die Pkw-Produzenten im Vorjahr dank hoher Neuwagenpreise Rekordumsätze und -gewinne eingefahren, die aber fast ausschließlich mit dem Verkauf von Verbrennermodellen erzielt wurden. Der profitabelste Autobauer kommt aus Deutschland; Kund:innen dürfen sich auf eine Rabattschlacht freuen.

Dank hoher Neuwagenpreise und eines Absatzwachstums von sieben Prozent konnten die weltgrößten Autokonzerne im vergangenen Jahr erneut Rekordumsätze und -gewinne einfahren, wie die vierteljährliche EY-Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Hersteller der Welt zeigt. Demnach stieg der Gesamtumsatz um 14 Prozent auf 2,05 Billionen Euro, der Gewinn kletterte sogar um 15 Prozent und erreichte 176 Milliarden Euro. Allerdings trübte sich das Bild zuletzt ein und die Rekordgewinne beruhen vor allem aus dem Verkauf von Verbrennermodellen. Bei Elektroautos sehen die Margen hingegen noch mager aus.

Insgesamt lag die Marge der Prüfungs- und Beratungsorganisationen zufolge mit 8,6 Prozent leicht über dem Vorjahreswert von 8,5 Prozent. Zum Vergleich: In den fünf Jahren vor Ausbruch der Pandemie hatte die Gewinnmarge der Unternehmen nur durchschnittlich 5,5 Prozent betragen. Allerdings habe sich das Bild im vierten Quartal 2023 eingetrübt: Der Umsatz sei nur noch um neun Prozent gestiegen, der Gewinn sogar um fünf Prozent geschrumpft.

Sondereffekt trägt zu Rekorden bei

Ein wichtiger Grund für das deutliche Umsatz- und Gewinnwachstum im vergangenen Jahr sei zudem ein Sondereffekt gewesen: Der schwache Yen habe den japanischen Autokonzernen zu einem Gewinnplus von 65 Prozent und einem Umsatzwachstum von 22 Prozent verholfen, so EY. Die übrigen Unternehmen entwickelten sich deutlich weniger dynamisch: Die deutschen Hersteller verzeichneten zusammen ein Gewinnwachstum von sieben Prozent, die US-Konzerne mussten sogar einen Gewinnrückgang von 29 Prozent vermelden.

Bei der Gewinnmarge konnte sich laut der Analyse dennoch ein deutscher Autokonzern vor den Wettbewerbern platzieren: Mercedes-Benz führt mit einer Marge von 12,8 Prozent vor Stellantis (12,1 Prozent) und BMW (11,9 Prozent) das Ranking der profitabelsten Autokonzerne an. Den stärksten Rückgang verzeichnete Tesla: Die Marge des Elektroautoherstellers sank im Vergleich zum Vorjahr von 16,8 auf 9,2 Prozent, womit sich das Unternehmen im Mittelfeld platzierte.

Elektromobilität stottert

"Im vergangenen Jahr konnte die Branche noch von hohen Neuwagenpreisen und der wiederhergestellten Lieferfähigkeit profitieren. Allerdings wurden auch die Probleme, vor denen die Branche steht, immer deutlicher", sagt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West und verweist auf drei Probleme.

  1. Die Konjunktur schwächelt, der Neuwagenabsatz liegt nach wie vor weit unter den Vor-Pandemie-Niveau. Im Jahr 2019 hatten die Hersteller noch knapp 76 Millionen Pkw verkauft, im vergangenen Jahr waren es nur etwa 66 Millionen. Die Folge, so Gall: "Überkapazitäten sind aktuell ein echtes Problem für die Hersteller, aber auch für die Zulieferer. Und von einer Konjunkturaufhellung, die zu einem echten Nachfrageschub führen könnte, ist derzeit nichts zu sehen."

  2. Die Elektromobilität kommt nicht so richtig in Gang. "Im Vertrauen auf einen rasanten Anstieg der Nachfrage nach Elektroautos wurden Milliardeninvestitionen getätigt, und nun wachsen die Zweifel – in der Politik, in der Branche und bei den Kund:innen", sagt der EY-Experte. Die aktuellen Milliardengewinne seien fast ausschließlich Verbrennermodellen zu verdanken. "Es wird noch lang dauern, bis die Branche mit Elektroautos echtes Geld verdient." Auch in Österreich wurden im ersten Quartal 2024  weniger reine Stromer verkauft als im Jahr davor (LEADERSNET berichtete).

  3. Der Absatz in China stockt. Bis auf Volkswagen und BMW verzeichneten alle von EY untersuchten Hersteller Rückgänge auf dem chinesischen Markt. Im Durchschnitt schrumpfte der Absatz dort um fünf Prozent, die deutschen Konzerne verzeichneten zusammen ein leichtes Absatzplus von 1,4 Prozent. Damit habe sich der Bedeutungsverlust Chinas im vergangenen Jahr fortgesetzt: Im Jahr 2020 wurden noch 39 Prozent aller Neuwagen der deutschen Autokonzerne an Kunden in China übergeben – im vergangenen Jahr waren es nur noch 34 Prozent. Constantin M. Gall dazu: "Auf dem chinesischen Markt wachsen die Bäume längst nicht mehr in den Himmel. Zudem greifen chinesische Elektroautohersteller zunehmend die etablierten Hersteller auf den Heimatmärkten an. Auch diese Herausforderung wird in den kommenden Jahren noch größer werden."

Ausblick: Rabattaktionen kosten Marge

Für Kaufinteressent:innen sind die aktuellen Entwicklungen jedenfalls gute Nachrichten. Denn immer mehr Hersteller würden aktuell versuchen, die Kund:innen mit Preissenkungen, Rabattaktionen, günstigen Finanzierungsangeboten und Sondermodellen zurück in die Autohäuser zu locken, beobachtet Gall: "Der Wettbewerb wird wieder stark über den Preis ausgetragen – auch im Elektrosegment. Die aktuellen Rekordmargen werden daher nicht zu halten sein."

Laut dem Experten würden vor diesem Hintergrund Kostensenkungsprogramme immer wichtiger werden: "Viele Autokonzerne leiden immer noch unter einer überbordenden internen Bürokratie und zu komplexen Abläufen – was hohe Summen verschlingt und die Wettbewerbsfähigkeit gerade gegenüber den jungen Elektroautoherstellern beeinträchtigt. Da bleibt noch viel zu tun", so Gall abschließend.

www.ey.com

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