Die CES in Las Vegas, auf der Österreich heuer als Innovations-Champion ausgezeichnet wurde (LEADERSNET berichtete), gilt zwar gemeinhin als weltgrößte Messe für Unterhaltungselektronik, doch über die letzten Jahre hat sie sich auch zu einem der wichtigsten Branchentreffen der Automobilindustrie entwickelt. Kein Wunder, schließlich wird auch der gesamte Mobilitätssektor immer digitaler.
Auch in diesem Jahr (5. bis 8. Jänner) nutzten daher zahlreiche Autobauer und Zulieferer die CES, um ihre Neuheiten zu präsentieren, darunter u.a. Hersteller wie BMW, Mercedes, Stellantis, General Motors, Volkswagen, Sony (mit Honda) oder Lightyear sowie Zulieferer wie Forvia, ZF und Continental. Sie gaben einen Ausblick auf die Mobilität von morgen. Da VW die Studie seiner Elektro-Limousine ID.7 mit 700 km Reichweite schon einen Tag vor der Messe präsentiert hat und LEADERSNET darüber bereits berichtete, bleibt diese Neuheit in diesem Artikel außen vor.
Stellantis
Peugeot Inception Concept © Peugeot
Der Stellantis-Konzern, zu dem Marken wie Peugeot, Fiat, Opel, Alfa Romeo, Jeep, etc. gehören, zeigte gleich zwei Fahrzeugneuheiten. Zum einen feierte die Peugeot-Studie Inception ihre Weltpremiere. Mit dem Auto gibt der Konzern einen Ausblick auf seine kommenden Elektromodelle. Das Showcar basiert auf der neuen, ab 2023 genutzten Elektro-Plattform "STLA Large". Deshalb ist das Inception Concept mit einer 800-Volt-Technologie, die kurze Ladezeiten ermöglicht, ausgestattet. Mit ihrer 100-kWh-Batterie soll die Studie mit einer Vollladung 800 Kilometer zurücklegen können. Dank zweier E-Motoren (einer pro Achse) leistet der Inception fast 500 kW (680 PS). Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h soll in weniger als drei Sekunden gelingen. Das Design sollten sich Peugeot-Fans etwas genauer ansehen. Denn laut den Franzosen wird die Optik des Showcars alle zukünftigen Produkte der Marke inspirieren bis hin zu den neuen Kompaktmodellen, die 2025 starten sollen.
RAM 1500 BEV © RAM Trucks
Die ebenfalls zum Stellantis Konzern gehörende Marke RAM Trucks hat auf der CES die seriennahe Studie eines Pick-ups enthüllt. Dieser soll u.a. dem Ford F150 Lightning oder dem Tesla Cybertruck ab dem Jahr 2024 das Leben schwerer machen. RAM will künftig auf ein Portfolio vollständig elektrifizierter Fahrzeuge setzen. Dazu gehört auch der in Las Vegas gezeigte 1500 BEV, dessen Design sich bis zum Marktstart nur noch geringfügig ändern wird. Leistungswerte des Antriebstrangs gibt es noch nicht. Stellantis hat lediglich verraten, dass der mit Vierradlenkung ausgestattete Allradler mit 800 Volt Gleichstrom-Schnellladung mit bis zu 350 Kilowatt in etwa zehn Minuten eine Reichweite von bis zu 160 Kilometer nachladen können soll.
BMW
BMW wurde eine besondere Ehre zuteil. Denn der Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse durfte die große CES Eröffnungs-Keynote halten. Am Ausstellungsstand drehte sich dann alles um die Studie iVision Dee (steht für Digital Emotional Experience), die zeigen soll, wie Realität und virtuelle Welt zunehmend verschmelzen. Die futuristische Mittelklasse-Limousine in reduzierter Formensprache soll eine besonders intensive Beziehung zwischen Mensch und Automobil ermöglichen. Die künftigen digitalen Funktionen reichen weit über das heute bekannte Maß von Sprachsteuerung und Fahrerassistenzsystemen hinaus. Das Head-up-Display über die gesamte Breite der Windschutzscheibe, das herkömmliche Bildschirme im Cockpit obsolet macht, sei ein Vorgriff auf die nächste Fahrzeuggeneration. Ab 2025 wird diese Technologie laut BMW in den Modellen der sogenannten "Neuen Klasse" (künftige Elektroautos der Marke) erhältlich sein.
Cockpit des BMW iVision Dee ohne Tasten und Bildschirme © BMW Group
"Mit dem BMW i Vision Dee zeigen wir, was möglich ist, wenn Hardware und Software verschmelzen. Damit schöpfen wir das volle Potenzial der Digitalisierung aus, um das Fahrzeug zu einem intelligenten Begleiter zu machen. Das ist die Zukunft eines Automobilherstellers – und das ist die Zukunft von BMW: die Verschmelzung von virtuellem Erlebnis und echter Fahrfreude", sagte Zipse bei der Präsentation.
Mercedes
Mercedes zeigte zwar kein neues Auto, hatte aber dennoch eine große Ankündigung im Gepäck. So kündigte Chief Technology Officer Markus Schäfer weitreichende Pläne für die Errichtung eines globalen Mercedes Benz Schnelllade-Netzwerks an. Noch in diesem Jahr soll es in Nordamerika starten, der Aufbau des Netzwerks in Europa, China und weiteren Kernmärkten soll bald folgen. Die Schnellladeparks werden sich Mercedes zufolge in gleichmäßigen Abständen in wichtigen Städten und Ballungszentren in der Nähe von Autobahnen und wichtigen Verkehrsknotenpunkten befinden. So soll das Netzwerk ein hochwertiges, nachhaltiges und zuverlässiges Ladeerlebnis gewährleisten.
So stellt sich Mercedes seine Schnellladestationen vor © Mercedes-Benz Group
Die Stationen sollen u.a. mit Überwachungskameras und anderen Maßnahmen ausgestattet sein, um ein sicheres Ladeumfeld zu gewährleisten. Ausgewählte Ladepunkte seien zum Schutz vor Witterungseinflüssen überdacht. Je nach Region und Standort werden die Ladestationen vier bis zwölf – und maximal bis zu 30 – High-Power-Charger mit bis zu 350 kW Ladeleistung bieten.
Sony/Honda
Yasuhide Mizuno mit der ersten Studie der neuen Marke Afeela © Sony Honda Mobility
Sony bringt sein gemeinsam mit Honda entwickeltes Elektroauto unter dem Markennamen Afeela auf den Markt. Laut der neuen Gemeinschaftsfirma wird der erste Serienstromer ab 2026 zunächst in Nordamerika auf den Markt kommen. Das auf der CES 2023 gezeigte Fahrzeug orientiert sich optisch an der bereits vor zwei Jahren gezeigten Studie Vision S01. Laut Yasuhide Mizuno, CEO Sony Honda Mobility Inc., verfügt es über weitreichende autonome Fahrfunktionen. So sind u.a. 45 Kameras und weitere Sensoren zur Umfeldbeobachtung mit an Bord.
Lightyear
Der Lightyear 2 soll ein Fahrzeug für den Massenmarkt werden © Lightyear
Das Elektroauto Start-up Lightyear, das im Vorjahr ein rund 200.000 Euro teures Solarauto auf den Markt gebracht hat, kündigte auf der CES sein zweites Modell an. Allzu viele Infos vom Lightyerar 2 gibt es noch nicht. Das ebenfalls mit Solar-Technologie ausgestattete Fahrzeug, von dem nur schemenhafte Fotos veröffentlicht wurden, soll jedoch ab unter 40.000 Euro zu haben sein und Ende 2025 auf den Markt kommen.
Circle Mobility
Circle-Pod mit Wechselakku für Carsharing-Flotten © Circle Mobility
Einen kleiner E-Flitzer, der speziell für Carsharing-Anbieter entwickelt wurde, hat Circle Mobility mit dem Circle-Pod vorgestellt. Neben einer speziellen Software für Verleihdienste verfügt das Fahrzeug auch über auswechselbare Akkus, die es von der Ladeinfrastruktur unabhängig machen soll.
Zulieferer
Bei den Zulieferern drehte sich in Las Vegas ebenfalls fast alles um die Elektro-Mobilität und Nachhaltigkeit. So stellte Continental beispielsweise einen neuen Reifen vor, der zu über 90 Prozent aus nachwachsenden Materialien besteht. Als zweite Neuheit zeigte Conti ein gebogenes Ultrawide-Display für Cockpits, das sich über die gesamte Fahrzeugbreite erstreckt.
Da wollte Bridgestone nicht nachstehen und enthüllte auf der CES speziell für E-Autos entwickelte digital vernetzte Reifen und Luftfederungen. Diese smarte Technologie soll Fahrzeugleistung, Effizienz, Sicherheit und Komfort verbessern. Außerdem wurden ein erneuerbarer Naturkautschuk aus dem Wüstenstrauch Guayule sowie neue Recyclingtechniken für Autoreifen vorgestellt.
Bridgestone vernetzt Reifen und Luftfederung für mehr Effizienz und Komfort © Bridgestone
Ziemlich abgefahren ging es auch am Stand von Forvia zu. Bei dem Unternehmen handelt es sich um die neue Dachmarke der Zulieferer Hella und Faurecia. Als Highlight wurde die Innenraumstudie Third Place enthüllt, die das Auto in Zukunft als "dritten Platz" neben Wohnung und Arbeitsstätte etablieren soll. Eine sperrige Lenksäule gibt es nicht mehr – gesteuert wird rein elektrisch per Steer-by-wire-Technik.
www.ces.tech
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