Ein verhinderter Verkauf macht Wiener Unternehmen zum Corona-Gewinner

Vor Ausbruch der Pandemie wollte Semperit seine marode Medizinsparte abstoßen, nun erwirtschaftet diese mit Schutzhandschuhen bedeutsame Gewinne.

Selten hat sich ein verhinderter Verkauf eines unlukrativ gewordenen Geschäftsfeldes wohl so ausgezahlt: Semperit profitiert aktuell vom florierenden Geschäft mit Schutzhandschuhen. Und das, obwohl der in Wien ansässige Produzent und Verarbeiter von Kautschukprodukten noch im Jänner sein bis damals kriselndes Medizingeschäft verkauden wollte. Dann kam Corona, und um April wurde die geplante Veräußerung vorerst gestoppt. Der Grund: stetig steigende Gewinne.

Corona als unerwarteter Business-Booster 

Die Semperit-Tochter Sempermed konnte im direkten Zusammenhang mit der Coronakrise durch die enorm hohe Nachfrage an Schutzhandschuhen im ersten Halbjahr die Produktionsmengen und die operative Effizienz signifikant steigern. Insbesondere im zweiten Quartal habe es dann aufgrund der Corona-Pandemie einen deutlichen Nachfrageanstieg nach medizinischen Schutzhandschuhen und einen marktseitig getriebenen Anstieg der Preise gegeben, protokolliert der Gummiverarbeiter im Halbjahresbericht.

Mit Anfang Juli adjustierte Semperit die Prognose für 2020 deutlich nach oben, woraufhin auch die Semperit-Aktie es dem Ausblick gleichtat und um 26 Prozent nach oben wanderte.

Auf-und Abwertungen

Aufgrund der Coronakrise und der globalen Konjunkturabschwächung hat Semperit sein Segmentvermögen auf- und abgewertet. In der Medizinsparte Sempermed habe es einen Wertaufholungsbedarf von 88,8 Millionen Euro und bei Sempertrans einen Wertminderungsbedarf von 20 Millionen Euro gegeben, teilte Semperit am Freitag mit.

Inklusive Auf- und Abwertungen schnellte das Betriebsergebnis (Ebit) auf 112,2 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2020 gegenüber 20,9 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2019. Das um die Wertberichtigungen bereinigte EBIT lag mit 43,4 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahreshalbjahr. Der Konzernumsatz reduzierte sich aber um rund 4 Prozent auf 418,9 Millionen Euro.

Umfassendes Restrukturierungsprogramm seit 2018

Semperit produziert Produkte aus Kautschuk für die Bereiche Industrie und Medizin, unter anderem Hydraulik- und Industrieschläuche, Fördergurte, Rolltreppen-Handläufe sowie Untersuchungs- und Operationshandschuhe. Der Kautschukverarbeiter hat seinen Hauptsitz in Wien und beschäftigt weltweit rund 7.000 Mitarbeiter, davon rund 3.800 in Asien und rund 900 in Österreich am Produktionsstandort Wimpassing und in Wien. Zur Semperit gehören weltweit 14 Produktionsstandorte sowie Vertriebsniederlassungen in Europa, Asien, Australien und Amerika.

Aufgrund hoher Verluste wird der Semperit Konzern seit 2018 umgebaut. "Unser umfassendes Restrukturierungs- und Transformationsprogramm trägt nun auch im Sektor Medizin Früchte: Die operative Performance konnte deutlich gesteigert werden", so Semperit-Chef Martin Füllenbach am Freitag in einer Aussendung. Die Corona-Pandemie habe zu einer "Sonderkonjunktur" bei medizinischen Schutzhandschuhen geführt, aber auch der konjunktursensible Sektor Industrie bei Semperit zeige sich "bisher bemerkenswert widerstandsfähig". (red)

www.semperitgroup.com

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