Mit der Beendigung der Koalitionsverhandlungen und dem angekündigten Rückzug von Bundeskanzler Karl Nehammer steht Österreich an einem entscheidenden Wendepunkt. Inmitten der längsten Rezession seit 1945 drohen die wirtschaftlichen Herausforderungen weiter zu wachsen. Kein Wunder, dass heimische Wirtschaftstreibende und Entscheider:innen angesichts der anhaltenden innenpolitischen Unsicherheiten besorgt sind. Sie fordern nun, rasch für Klarheit zu sorgen, um so bald wie möglich zu einer handlungsfähigen Bundesregierung zu gelangen, die die Herausforderungen für den Standort so rasch wie möglich angeht.
Industrie
So hat sich unter anderem die Industriellenvereinigung (IV) zu Wort gemeldet. Laut der heimischen Industrie seien die Reformen, die nun umzusetzen sind, bereits bekannt – Arbeits-, Energie- und Bürokratiekosten müssten dringend reduziert werden und strukturelle Reformen im Bereich der Verwaltung und Pensionen seien dringend notwendig, so die IV, die von der künftigen Regierung auch ein klares Bekenntnis zu langfristig nachhaltigen Rahmenbedingungen für die heimischen Unternehmer:innen erwartet. Es brauche nicht nur kurzfristige Krisenbewältigung, sondern auch eine klare Strategie für die Zukunft. Der Industriestandort Österreich könne nur dann bestehen, wenn unbequeme, aber notwendige Reformen nun endlich angegangen werden. Die Industriellenvereinigung werde auch in der bevorstehenden Legislaturperiode auf die notwendigen Maßnahmen für den Standort Österreich und Europa hinweisen und auch der neuen Bundesregierung stets als starke Partnerin zur Verfügung stehen, heißt es abschließend.
Wirtschaftskammer
Laut dem neuen WKÖ-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer müsse die Stärkung des Arbeitsmarktes und der Wettbewerbsfähigkeit Schwerpunkt der neuen Regierung sein. Die steigende Arbeitslosigkeit müsse als Warnsignal für die Lage der Exportwirtschaft und damit die Lage aller nachgelagerten Wirtschaftszweige gesehen werden. "Wir merken, dass es immer schwerer fällt, unsere Produkte am Weltmarkt wettbewerbsfähig zu verkaufen. Unsere Wirtschaft ist in vielen Feldern nicht mehr konkurrenzfähig – Grund dafür sind die Lohnstückkosten, die in den vergangenen Jahren überproportional gestiegen sind", so Hattmannsdorfer und weiter: "Angesichts dieser Entwicklung müssen wir dringend Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und einer Entlastung des Standortes und der Betriebe setzen". Kurzfristig bräuchte es Maßnahmen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und die Arbeitslosigkeit zu senken. Und mittel- und längerfristig müsse man alles tun, um dem steigenden Arbeitskräftemangel gegenzusteuern. "Nur so können wir den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich nachhaltig sichern", so der WKÖ-Generalsekretär abschließend.
Gewerkschaft
Auch die Gewerkschaft nahm das Scheitern der Regierungsverhandlungen mit Bedauern zur Kenntnis. "Diese Entwicklung könnte zu einer politischen Instabilität führen – genau das Gegenteil dessen, was Österreich jetzt braucht: eine Regierung, die sich der Verantwortung stellt, die großen Herausforderungen zu bewältigen. In Zeiten von Krisen braucht es Stabilität", kommentiert Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende des ÖGB. Dieser Verantwortung sollten sich alle politischen Kräfte bewusst sein. Vor allem gelte es, das hohe Budgetdefizit in den Griff zu bekommen, die steigenden Energiepreise und Wohnkosten zu bremsen und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Außerdem brauche es dringend Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur, in den Gesundheits- und den Pflegesektor, in Kinderbildungsplätze sowie in den Klimaschutz, so Schuhmann. Nur so könnten Arbeitsplätze gesichert und der Standort gestärkt werden. Sowohl im Sinne der heimischen Bevölkerung als auch angesichts der geopolitischen Weltlage und der wirtschaftlichen Rezession müsse jetzt rasch entschieden werden, wie es weitergeht.
Fest steht, dass die kommenden Tage und Entscheidungen zeigen werden, welcher Weg zur Bildung einer neuen Bundesregierung eingeschlagen wird. Was sich die Wirtschaft von dieser erwartet, machen die drei angeführten Beispiele deutlich.
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