Konjunkturbericht des WIFO
Weshalb die Wiener Wirtschaft Grund zu Optimismus gibt

Während es laut WIFO in Österreich insgesamt zu einer Rezession kam, gab es in der Bundeshauptstadt eine stabilere Entwicklung. Jubelstimmung kommt zwar auch hier nicht auf, dennoch blickt man optimistisch in die Zukunft.

Nachwehen der Coronapandemie, anhaltender Ukrainekrieg und hartnäckige Inflation: Europa und auch Österreich befinden sich weiterhin in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, der für das Vorjahr erwartete und erhoffte Aufschwung verzögerte sich. Die kurz vor Jahreswechsel veröffentlichte Prognose des Wirtschaftsförderungsinstituts (WIFO) geht für 2024 von einem Rückgang der österreichischen Bruttowertschöpfung von 0,6 Prozent aus. Erst heuer sollte es unter Annahme eines Aufschwungs in Deutschland auch hierzulande zu einem moderaten Wachstum kommen. Das hängt aber davon ab, welche Maßnahmen die neue österreichische Regierung zur Budgetkonsolidierung beschließt. Fallen diese zu hart aus, könnte das kleine Plus auch gar nicht zustande kommen, so WIFO-Chef Gabriel Felbermayr.

Doch gerade in der Bundeshauptstadt bestehe trotzdem Grund zu Optimismus, wie Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke und der Präsident der Wirtschaftskammer Wien, Walter Ruck, betonen. Sie verweisen auf den aktuellen Wiener Konjunkturbericht, der im Auftrag von Stadt Wien und Wirtschaftskammer Wien durch das WIFO erstellt wurde. Demnach entwickelt sich die Wiener Wirtschaft stabiler als der landesweite Durchschnitt. Die österreichische Konjunktur musste im ersten Halbjahr 2024 abermals deutliche Rückgänge in der realen Bruttowertschöpfung (–1,6 Prozent) hinnehmen, während die Wertschöpfung der Wiener Wirtschaft – als einzige unter den Bundesländern – wuchs (+0,3 Prozent).

Grund zu Optimismus

"Der Wiener Konjunkturbericht ist zwar kein Grund für Jubelmeldungen, aber er gibt durchaus Grund zu Optimismus. Wien erweist sich trotz der anhaltenden und multiplen Krisen als erfreulich resilient. Dafür spielt aber auch unsere konsequente Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik eine entscheidende Rolle. Auch dank der vielfältigen Förder- und Unterstützungsangebote des waff entwickelt sich die Beschäftigung in Wien schon das dritte Jahr in Folge besser als der österreichische Durchschnitt. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Beschäftigungszuwachs bei einem Prozent und damit um 0,8 Prozentpunkte über dem nationalen Durchschnitt", erklärt Hanke.

Ruck meint: "Einmal mehr entwickelt sich der Wirtschaftsstandort Wien besser als Gesamtösterreich. Weil wir innovative und flexible Unternehmen haben, weil unsere Betriebe kreativ sind. Und weil wir es geschafft haben, die Heterogenität unseres Wirtschaftsstandorts zu stärken. Was bedeutet, dass die Vielfalt der Wiener Wirtschaft hoch ist – aus Sicht der Branchenverteilung und aus Sicht der Unternehmensgrößen. Das hilft uns, wenn die Konjunktur einmal nicht so brummt, wie sie sollte. Und versetzt uns in die Lage, Chancen zu nutzen. Deshalb blicke ich auch optimistisch in die Zukunft."

Mit einem Anstieg der Bruttowertschöpfung um 0,1 Prozent im ersten Quartal (Österreich –1,9 Prozent) und 0,6 Prozent im zweiten Quartal (Österreich –1,2 Prozent) hat Wien nun bereits seit fünf aufeinanderfolgenden Quartalen einen Wachstumsvorsprung gegenüber Österreich. Im ersten Halbjahr 2024 sei dieser Wachstumsvorsprung mit zwei Prozentpunkten (Q1) und 1,8 Prozentpunkten (Q2) zudem außergewöhnlich groß gewesen.

Starker Dienstleistungssektor und öffentliche Investitionen

Für die Wirtschaft Wiens bedeute dies, ebenso wie für die anderen österreichischen Bundesländer, dass sie mit Gegenwind durch die schwache internationale und nationale Konjunktur zu kämpfen hatte. Die Stadt habe jedoch von ihrer ausgeprägten Dienstleistungsorientierung profitiert. Insbesondere die im ersten Halbjahr 2024 noch wachsenden unternehmensnahen und öffentlichen Dienstleistungen sorgten dafür, dass Wien in der gegenwärtigen Konjunktursituation im Vergleich zu Bundesländern mit stärkerem Exportfokus strukturell bedingt in einer besseren Situation war.

Der Bericht belege aber auch deutlich die Bedeutung öffentlicher Investitionen: In Wien kamen in der ersten Jahreshälfte demnach positive Impulse zum Wachstum der realen Wertschöpfung sowohl aus den öffentlich finanzierten und sonstigen Dienstleistungen als auch von den unternehmensnahen Diensten. Branchenspezifisch kamen die stärksten Wachstumsimpulse in Wien im ersten Halbjahr aus den Finanzdienstleistungen, der öffentlichen Verwaltung sowie den Informations- und Kommunikationstechnologiedienstleistungen.

Beschäftigungswachstum 

Obwohl sich die seit Mitte 2022 spürbare Rezession auch auf dem Wiener Arbeitsmarkt bemerkbar macht, bleibe man das Bundesland mit dem höchsten Beschäftigungszuwachs in ganz Österreich. Trotz der wirtschaftlichen Stagnation steige die unselbstständige Beschäftigung in Wien derzeit robust. Im Oktober 2024 wurde mit 934.277 unselbstständig Beschäftigtenverhältnissen Ruck und Hanke zufolge sogar ein neuer Rekordwert erreicht. Im österreichischen Durchschnitt ist hingegen ein leichter Rückgang bemerkbar (-0,1 Prozent). Dieser Unterschied sei insbesondere auf die Dienstleistungsorientierung der Wiener Wirtschaft zurückzuführen.

Steigende Arbeitslosigkeit

Dennoch war in Wien zuletzt ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen: Im November 2024 stieg die Arbeitslosigkeit (inklusive Schulungsteilnehmer:innen) um +8,1 Prozent an, liegt damit aber knapp unter dem österreichischen Durchschnitt (+8,9 Prozent). Der Stadtrat erneuert in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer ausreichenden finanziellen Ausstattung des AMS, damit dieses die Kernaufgabe der raschen Wiedervermittlung von Arbeitslosen in eine Beschäftigung nachkommen könne. "Leider geht der Bund den falschen Weg und kürzt die AMS-Gelder. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit in Österreich ist das schlicht verantwortungslos", so Hanke abschließend.

Auf diesen Anstieg wurde am Donnerstag (2. Jänner) auch vom Arbeitsmarktservice (AMS) Wien verwiesen. Demnach ist die Zahl der beim AMS Wien als arbeitslos vorgemerkten Personen im Dezember 2024 im Jahresvergleich um 8,4 Prozent auf 135.206 angestiegen, die der AMS-Kundinnen und -Kunden in Schulung um 3,2 Prozent auf 35.087. Die Summe beider Gruppen ist um 7,3 Prozent größer geworden. Die Zahl der über 50-Jährigen, die arbeitslos oder in Schulung sind, ist um sechs Prozent gestiegen, die Zahl der unter 25-Jährigen um 12,6 Prozent. Nach wichtigen Branchen betrachtet, ist die Arbeitslosigkeit in Wien im Dezember im Bau um 1,1 Prozent gesunken. In der Warenproduktion ist sie um 10,8 Prozent angestiegen, im Einzelhandel um 10,4 Prozent und in Hotellerie und Gastronomie um 10,2 Prozent.

"Die Arbeitslosigkeit wird heuer in Wien weiter steigen, übers Jahr gesehen voraussichtlich im mittleren einstelligen Bereich, wobei sich das Tempo in der zweiten Jahreshälfte weiter verringern sollte", erwartet AMS-Wien-Vizechefin Katharina Luger. Zum Vergleich: 2024 war die Arbeitslosigkeit im Gesamtjahr um 9,2 Prozent gestiegen. In Wien werde der Anstieg der Arbeitslosigkeit höher sein als etwa in den Tourismus-Bundesländern Tirol und Kärnten, aber deutlich niedriger als in Bundesländern mit höherem Industrialisierungsanteil wie Oberösterreich und der Steiermark.

In der Bundeshauptstadt soll sich auch das erwartete Beschäftigungsplus von gut einem Prozent positiv auswirken, das höher sein werde als im Rest von Österreich. Luger dazu: "Und natürlich hilft uns auch, dass die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden und dadurch Arbeitsplätze frei werden."

www.wien.gv.at

www.wko.at

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