Herausfordernde Zeiten
Drohende Wohnraumkrise in Österreich: Warum der Immobilienmarkt unter Druck steht

| Redaktion 
| 26.11.2024

Wohnraum wird immer knapper – vor allem in Österreichs Ballungszentren. Der aktuelle Wohnungsmarktbericht 2024 von CBRE zeigt eine alarmierende Entwicklung: Es droht eine strukturelle Unterversorgung. 

Der Wohnraum in Österreichs Ballungszentren wird zunehmend knapp, wie der Wohnungsmarktbericht 2024 des internationalen Immobiliendienstleisters CBRE aufzeigt – eine strukturelle Unterversorgung scheint unausweichlich.

Ein Mix aus demografischen, ökonomischen und politischen Faktoren treibt diese Entwicklung voran. Besonders in den Städten wächst die Bevölkerung rasant. Wien und Graz verzeichneten im Jahr 2024 einen relativen Zuwachs von 1,2 Prozent. In Wien wurde die Zwei-Millionen-Einwohner-Marke sogar früher als prognostiziert überschritten. Der Trend zu Single-Haushalten verstärkt die Situation zusätzlich: Bundesweit leben im Schnitt nur noch 2,18 Personen pro Haushalt, in Wien sogar nur 2,06 – Tendenz sinkend.

Zu wenig Neubau, steigende Baukosten

Der Wohnungsbau kann mit diesem Wachstum nicht mithalten. Seit 2021 liegen die Baubewilligungen in Wien unter dem zehnjährigen Durchschnitt – ein Frühindikator für die sinkenden Fertigstellungszahlen. Gründe dafür seien die gestiegenen Baupreise, hohe Finanzierungskosten und der wirtschaftlich bedingte Stillstand vieler Projekte.

"Das sorgt gemeinsam mit den geringen Fertigstellungen für anhaltend steigende Mieten", so Marc Steinke, Head of Research bei CBRE Austria, und bringt die Situation auf den Punkt: Mietwohnungen werden immer teurer. Die Spitzenmiete im freifinanzierten Segment ist seit Jahresbeginn um drei Prozent auf 18,60 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Besonders hoch sind die Mieten in den innerstädtischen Bezirken und den exklusiven Villenlagen im Westen Wiens.

Neubauten

Heuer werden in Wien rund 11.160 Wohnungen in großvolumigen Neubauten fertiggestellt – ein Rückgang von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für 2025 wird ein weiteres Minus von acht Prozent erwartet. Besonders dramatisch sieht es bei Eigentumswohnungen aus: Die Fertigstellungen sind um 42 Prozent eingebrochen. "Viele Entwickler warten mit der Umsetzung, bis eine entsprechende Vorverwertungsquote erreicht ist", beobachtet Steinke.

Eigentumsmarkt: Aufwärtstrend trotz KIM-Verordnung

Trotz hoher Zinsen und restriktiver KIM-Verordnung zeigt der Eigentumsmarkt wieder eine steigende Tendenz. "Nach zwischenzeitlich moderaterer Entwicklung rechnen wir auch hier wieder mit größeren Zunahmen", prognostiziert Lukas Schwarz, Head of Capital Markets bei CBRE Austria. Der durchschnittliche Kaufpreis liegt aktuell bei 6.200 Euro pro Quadratmeter, mit den höchsten Preisen in den inneren Bezirken Wiens.

ESG wird zur Pflicht

Nachhaltigkeit steht zunehmend im Fokus des Immobilienmarktes. ESG-Kriterien sind mittlerweile unverzichtbar für Transaktionen, vor allem im institutionellen Bereich. Nadja Pröwer, Head of ESG bei CBRE Austria, betont: "Bei Bestandsgebäuden kann ein Klimaschutzfahrplan Aufschluss über die notwendigen Maßnahmen geben, um den Dekarbonisierungspfad der EU einzuhalten." Oft könne bereits durch geringe Eingriffe der erste Schritt gemacht werden und eine zukünftige Taxonomie-Konformität angestrebt werden, sodass es zu keiner Gefahr eines "stranded assets" kommt. Auch Kreislaufwirtschaft und Brownfield-Nutzung rücken ebenfalls stärker in den Fokus.

Investoren sind zurück 

Nach einem schwierigen Jahr 2023 ist das Investitionsvolumen im ersten Halbjahr 2024 bereits höher als im gesamten Vorjahr. Die Spitzenrendite im Bereich Wohnen liegt derzeit bei 4,6 Prozent – mit einer leichten Abwärtsbewegung in den kommenden Monaten. "Das wird – insbesondere verkäuferseitig im Core-Segment – zu einer weiteren Belebung des Marktes führen", prognostiziert Lukas Schwarz.

Der österreichische Wohnungsmarkt bleibt damit ein Spannungsfeld zwischen hoher Nachfrage, knappen Ressourcen und steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit. 

www.cbre.at

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