Studie der Nationalbank
Österreichische Haushalte haben mehr Vermögen denn je

| Tobias Seifried 
| 24.10.2024

Die Nationalbank hat aktuelle Entwicklungen des Finanzvermögens präsentiert. Dabei zeigt sich, dass die Österreicher:innen auf das steigende Zinsniveau rasch reagiert haben. Mittlerweile gibt es eine Trendumkehr.

Wie die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zeigen, ist das Geldvermögen privater Haushalte nach einem Rückgang im Jahr 2022 jüngst wieder gewachsen und hat im Juni 2024 nominell mit 872 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreicht. Durch die zuletzt hohe Teuerung verlor es jedoch seit 2022 real an Wert. Im Umfeld eines rasch steigenden Zinsniveaus rückten gebundene Einlagen verstärkt in den Fokus der Anleger:innen, während Kreditnehmende ihr Engagement insbesondere in der Immobilienfinanzierung reduzierten. Stagnierender Konsum und eine weiterhin erhöhte Sparneigung zeugen von einem generell vorsichtigen Verhalten der privaten Haushalte.

"Ein deutlich geändertes Zinsumfeld bringt naturgemäß Bewegung in das Anlage- und Finanzierungsverhalten privater Haushalte und erfordert vorausschauende, rationale Entscheidungen der Anleger:innen und Kreditnehmenden", eröffnete Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik, eine Pressekonferenz in der OeNB.

Prompte Reaktion

Anleger:innen haben demnach prompt auf den raschen Anstieg des Zinsniveaus reagiert und gebundene Einlagen zulasten täglich fälliger Produkte aufgebaut. Hohe Volumina wurden vor allem im Jahr 2023 bewegt, als 26,1 Milliarden Euro an gebundenen Einlagen aufgebaut und 22,4 Milliarden Euro an täglich fälligen Einlagen jeweils netto abgestoßen wurden. Im ersten Halbjahr 2024 schwächte sich diese Entwicklung vor dem Hintergrund einer abwärts gerichteten Zinsperspektive etwas ab. 

Gefragt blieben weiterhin Wertpapiere, die im ersten Halbjahr 2024 im Ausmaß von 5,1 Milliarden Euro gekauft wurden. Der Anlageschwerpunkt lag dabei auf verzinslichen Titeln (+3,3 Milliarden Euro). Bevorzugt wurden inländische Produkte, die im zweiten Quartal 2024 87 Prozent des Volumens absorbierten. Während sich die Veranlagung im ersten Quartal 2024 noch überwiegend auf Bankanleihen konzentrierte (93 Prozent) und nicht mehr als 0,7 Milliarden Euro erreichte, hat sie sich im zweiten Quartal 2024 auf zwei Milliarden Euro fast verdreifacht und mehrheitlich (56 Prozent) auf staatlich begebene Bundesschatzscheine erstreckt.

"Das seit 2022 lebhafte Interesse an Anleihen stellt einen Wendepunkt im Anlageverhalten der privaten Haushalte dar. Zuvor waren diese Produkte über knapp ein Jahrzehnt hinweg per saldo durchgehend abgestoßen worden", erklärte Turner.

Abgeschwächt hat sich im ersten Halbjahr 2024 hingegen die Nachfrage nach Investmentzertifikaten (+1,5 Milliarden Euro), die im Umfeld der COVID-19-Pandemie noch massiv gekauft wurden (2021: +9,6 Milliarden Euro, 2022: +6,1 Milliarden Euro).

Sparquote steigt auf über elf Prozent

Insgesamt investierten österreichische Haushalte im ersten Halbjahr 2024 11,7 Milliarden Euro in Finanzprodukte, womit die Veranlagung des gesamten Jahres 2023 (10,2 Milliarden Euro) bereits deutlich übertroffen wurde. Die Sparquote erreichte 2023 8,7 Prozent, Prognosen erwarten für das Jahr 2024 sogar 11,4 Prozent.

Damit erreichte das Geldvermögen im Juni 2024 mit 872,1 Milliarden Euro nominell einen neuen Höchststand. Das Wachstum in Höhe von +2,6 Prozent spiegelt auch Kursgewinne wider, von denen Wertpapieranleger infolge der günstigen Börsenentwicklung profitierten. Inflationsbereinigt war im ersten Halbjahr 2024 jedoch ein realer Verlust des Geldvermögens von 0,7 Prozent zu verzeichnen, der im Jahr 2023 5,1 Prozent und 2022 sogar zehn Prozent erreichte.

Im historischen Rückblick entwickelten sich die nominellen Finanzaktiva der Haushalte seit 1995 nur zweimal rückläufig: im Jahr 2008 (-1,5 Prozent) als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie 2022 (-2,3 Prozent) aufgrund geopolitischer Konflikte und ihrer Auswirkungen auf die Finanzmärkte.

Die Finanzverpflichtungen der österreichischen Haushalte sind 2023 (-2 Prozent) sowie im ersten Halbjahr 2024 (-1 Prozent) etwas gesunken. Im Juni 2024 lag die Verschuldung der Haushalte bei 215,2 Milliarden Euro. Diese Entwicklung wurde vor allem durch höhere Finanzierungskosten hervorgerufen, die zu einer rückläufigen Kreditaufnahme privater Haushalte führten.

www.oenb.at

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