Die Managementberatung Horváth hat mit rund 50 Geschäftsführungs- und Vorstandsmitgliedern großer Bauunternehmen, darunter auch 15 aus Österreich, in persönlichen Tiefeninterviews über Branchenentwicklungen gesprochen. Das sind die Ergebnisse der Studie.
Positiver Blick auf 2025
In den vergangenen drei Jahren ist die Umsatzentwicklungskurve stetig gesunken. Die Studie zeigt nun, dass Unternehmensverantwortlichen auf 2025 erstmals positiv blicken. Dabei wird im Durchschnitt ein Plus von 3,8 Prozentpunkten erwartet. "Der Kostendruck hat sich entspannt, das 'Tal der Tränen' ist endlich durchschritten", sagt Ralf Sauter, Studienleiter und Partner bei Horváth.
Während Liquiditätssicherung im vergangenen Jahr noch an erster Stelle der wichtigsten Managementthemen stand und von 67 Prozent als "sehr wichtig" bewertet wurde, liegt es jetzt an siebter Stelle mit 38 Prozent. Neu auf Platz eins steht die Optimierung von Kosten- und Ertragsstrukturen.
Kostenoptimierung
Die Unternehmen verhindern durch die Kostenoptimierung größere Gewinnrückgänge im laufenden Jahr. Für das heurige Jahr rechnen sie durchschnittlich mit einem leichten Umsatzminus von 0,1 Prozentpunkten. Bei österreichischen Unternehmen ist die Einschätzung noch etwas pessimistischer und liegt bei -3,6 Prozentpunkten. Grund für die Negativentwicklung seien Marktunsicherheiten, die sich sowohl bei Investor:innen als auch bei privaten Bauherren in Abwarten und Zurückhalten ausgewirkt haben. Vor dem Hintergrund, dass sich der Leitzins stabilisiert hat und die Baukosten nicht weiter in die Höhe treiben, würde der Markt wieder anziehen.
Für das nächste Jahr rechnen zwei Drittel der befragten Unternehmen mit einer positiven Umsatzentwicklung, auch hierzulande. Diese Entwicklung soll vor allem durch die Projekte im Bereich Infrastruktur und Tiefbau sowie eine Zunahme bei Renovierungen gestützt werden. Hochbauprojekte im Büro- und insbesondere im Wohnbau in Österreich selbst sind nach wie vor auf einem sehr niedrigen Level. Hauptgrund dafür ist, dass es wieder einige Zeit brauchen wird, um die Projektpipeline zu entwickeln.
"Die Kosten im Griff zu behalten, bleibt daher wichtig, gerade in Hinblick auf die anhaltend hohen Material- und Personalkosten", sagt Horváth-Experte Stefan Bergsmann.
Fachkräftemangel als Problem
Die Studie zeigt, dass für 53 Prozent der befragten Firmen der Handwerker- und Fachkräftemangel ein sehr großes Problem und für weitere 30 Prozent ein großes Problem ist. Die Mehrheit der Firmen rechnet damit, dass die Baukosten aufgrund steigender Personalkosten auch wieder in die Höhe klettern, gerade im Hauptbaugewerbe. Potenzial für weitere Verbesserung von Kosten- und Erlösstrukturen gibt es Bergsmann zufolge genug. "Reines personelles Cost-Cutting bringt die Firmen nicht weiter; für nachhaltige Verbesserungen müssen die Strukturen tiefergehend verschlankt und neu organisiert werden. Da ist die Branche noch nicht so weit wie andere Industrien", so Bergsmann.
Nachhaltigkeit nachholen
Hinter den Themen Kostenmanagement und Fachkräftemangel rangiert der Branchentrend "nachhaltige Produkte und Kreislaufwirtschaft". 47 Prozent erachten das Thema als sehr wichtig, weitere 37 Prozent als wichtig. Hierzulande wird die Wichtigkeit dieses Thema noch höher eingeschätzt. 60 Prozent der Befragten sagen, es sei sehr wichtig - 30 Prozentsagen, es sei wichtig. Dem Thema kommt im Vergleich zu anderen Branchen eine noch höhere Bedeutung zu. Einerseits steigt die Nachfrage nach nachhaltig gebauten und betriebenen Gebäuden – was wiederum die Kosten in die Höhe treibt. Zum anderen hängt das Baugewerbe in der Umsetzung von ESG-Kriterien hinterher. "Die Firmen fangen jetzt erst an, auf Scope drei Ebene ihre Produktion nachhaltiger zu gestalten", sagt der Horváth-Experte.
Enorme Probleme bereite den Unternehmen bei der Dekarbonisierung, eine flächendeckende Entwicklung und zeitnahe Zulassung kreislauffähiger Bauprodukte sowie ganzheitliche Lösungen zur Materialrückführbarkeit. Darüber hinaus kämpft man mit dem schlechten Image von Beton, u. a. aufgrund der anhaltenden Zunahme der Bodenversiegelung.
KI steht nicht im Mittelpunkt
Der Einsatz von KI steckt bei den Unternehmen noch immer "in den Kinderschuhen". Sechs von zehn Firmen geben an, in diesem Thema höchstens im "Beginner"-Stadium zu sein, also sich erst noch ein Bild über Nutzungsmöglichkeiten zu machen beziehungsweise einzelne Anwendungen zu testen. "Das Bild entspricht dem im Maschinen- und Anlagenbau und ist nicht als kritisch zu bewerten", so Stefan Bergsmann und fügt hinzu: "Man kann auch nicht sagen, dass im Bereich der Digitalisierung nichts passiert ist. Die Unternehmen haben die Auftragsflaute schon genutzt, um ihre digitale Transformation voranzutreiben. Allerdings sollte das unbedingt verzahnt mit organisatorischen Umstrukturierungen erfolgen."
Die Unternehmen wissen aber auch, dass noch Handlungsbedarf ist. Die Digitalisierung ist in der Priorisierung im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze nach oben gerückt. Und um KI wirklich nutzen zu können, braucht es in erster Linie auch sinnvolle und verknüpfbare Daten – da hat die Bauwirtschaft noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
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