LEADERSNET-AEHRE-KOOPERATION
Südliche Ägäis: "Jeder sucht sein Seelenheil"

| Redaktion 
| 24.07.2024

Im Rahmen der Kooperation zwischen LEADERSNET und aehre dürfen sich die Leser:innen auf den nächsten spannenden Beitrag freuen. Das Nachhaltigkeits-Businessmagazin besuchte die Investoren Alexander Schwarzenberg und Georg Brammertz und fragte sie, wie man sein Seelenheil in der Symbiose mit 36 Inselbewohner:innen findet und warum ein Feuerwehrauto aus Stuppach bei Gloggnitz heute zur Wasserversorgung der Einwohner:innen von Arki beiträgt.

LEADERSNET veröffentlicht nun regelmäßig Interviews, Porträts und Servicegeschichten von aehre. Dabei befasst sich das Nachhaltigkeits-Businessmagazin stets mit einem der zentralen Themen der Gegenwart: Nachhaltigkeit, in allen ihren Facetten von Environment über Social bis Governance. 

Nachdem es beim letzten Mal um Julia und Matthias Wünscherdie den großelterlichen Hof retteten und dort nun Naturkosmetik produzieren, gegangen ist, dreht sich nun alles um Tiganakia Bay auf der kleinen griechischen Insel Arki.

In Tiganakia Bay auf der kleinen griechischen Insel Arki findet man, was man zum Rückzug aus dem Alltag braucht: einfachen, leisen Luxus. Bedacht und unaufgeregt hat man hier gezeigt, wie Tourismus nachhaltig wirken kann – dabei überall spürbar ist die Liebe zum Land und seinen Menschen. Der Blick über die Bucht und ihr türkisfarbenes Meer ist unbezahlbar, genauso wie das Herzblut, das im Engagement der letzten Jahre steckt. What money can’t buy: Luxus, den die Natur selbst herzugeben bereit ist und der in bewussten Schritten für die Gäste von Alexander Schwarzenberg und Georg Brammertz und zum Wohle aller entdeckt und wieder erweckt wurde. Tiganakia Bay erstreckt sich über eine Bucht entlang eines 2,7 Hektar großen fließenden Hügellandes mitten in einem Naturschutzgebiet südöstlich vor der Insel Patmos im griechischen Dodekanes und abseits vom Massentourismus der Ägäis. Mit sieben Häusern, einem Airstream-Wohnwagen und einer Community-Area bietet Tiganakia Bay als Timesharing-Projekt Platz für bis zu 20 Personen, die hier Ruhe und Erholung suchen.

aehre: Gleich vorweg stellt sich mir die Frage, wie ein Tourismusprojekt auf einer kleinen, nahezu unberührten griechischen Insel Nachhaltigkeit schaffen kann? Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

Georg Brammertz: Nachhaltigkeit sehen wir im Sinne von Geben und Nehmen, wobei es mehr ein Geben ist. Gemeinsam mit einer Gruppe von Investor:innen haben wir uns 2021 entschieden, hier tätig zu werden. Die Insel ist von starker Abwanderung bedroht: Vor 50 Jahren gab es noch 80 Bewohner:innen, vier Polizisten und einen Zollbeamten. Jetzt sind es 36 Menschen, die hier leben, und kein einziger Polizist mehr. Da Arki von drei Dingen lebt – Ziegen, Fischen und Tourismus –, war die Wahl für uns klar. Wenn man etwas bewirken möchte, kann man es nur über den Tourismus tun, denn der hat den größten Hebel.

 © Pavlos NastasEin Feuerwehrauto für die Gemeinde dient nicht nur als Feuerlöscher für den Notfall, sondern vor allem als Wassertransportmittel für die 36 Bewohner:innen der Insel © Pavlos Nastas

aehre: Wie ist es dazu gekommen und warum gerade Arki?

Alexander Schwarzenberg: Weil wir selbst immer und gerne hergekommen sind. Es ist schön hier, die Insel ist so klein und off the grid, dass man sich schnell zu Hause fühlt. Tiganakia ist eine Enklave im strengsten Naturschutzgebiet Natura 2000. Das Baurecht wäre viel umfassender – unsere Idee war es aber nicht, ein großes kommerzielles Ding aufzuziehen, sondern der Insel mit sehr sanftem Tourismus nach vorn zu verhelfen. Seitens des Vorbesitzers war brillant ausgedacht, wie man in eine unberührte Landschaft etwas baut, das optisch nicht hervorsticht. Bevor wir das Projekt übernommen haben, waren bereits Immobilien-Haie dran. Das wollten wir nicht zulassen und haben uns überlegt, wie man Arki zu einer grünen Insel machen kann. Unsere Intention war nicht, hier eine Luxusimmobilie für einen einzelnen Menschen zu errichten, die den Großteil des Jahres leer steht. Wir wollten etwas schaffen, was viele nutzen können, um so der lokalen Wirtschaft und der Demografie auf die Sprünge zu helfen. 

aehre: Was gab es hier, als ihr es übernommen habt?  Was waren die ersten Investitionen und Veränderungen, an die ihr herangegangen seid?

Brammertz: Es gab lediglich eine Handvoll Bungalows, es war kein Strom und kein Wasser vorhanden – eine verwaiste Bauruine auf knapp drei Hektar Land mit der Erlaubnis noch weitere 1.500 Quadratmeter zu bebauen. Zuerst haben wir den Strand aufgesandet, Schatten spendende Bäume gepflanzt und den Zugang ins Meer erleichtert. Die Menschen, die jetzt mit Ausflugsbooten von den anderen Inseln hierherkommen, können nun dort verweilen. Da wir Golfwagerl mit Fotovoltaikpaneelen auf dem Dach auf die Insel brachten und diese auch den Bewohner:innern zuteilten, fährt heute kaum noch jemand mit dem Auto, ausgenommen dem Feuerwehrauto, das wir aus Österreich geholt haben – was auch nicht zur Bespaßung, sondern für die Gemeinde passierte.

»Da wir Golfwagerl mit Fotovoltaikpaneelen auf dem Dach auf die Insel brachten, fährt heute kaum noch jemand mit dem Auto, ausgenommen dem Feuerwehrauto.« Georg Brammertz

Schwarzenberg: Bis heute haben wird rund 400 Bäume und Sträucher gepflanzt. Anfänglich hatten wir uns darauf verlassen, von der Gemeinde genug Wasser dafür zu bekommen. Im Sommer gab es dann aber keines mehr für uns, weil sie selbst nicht genug hatte. So mussten wir mit einem Omaha-Landing-Craft Wasser auf die Insel bringen und die Zisterne füllen. Das volatile Wasserproblem war dann auch der ausschlaggebende Grund, ganz auf Autarkie umzusteigen. Und so bauten wir eine Entsalzungsanlage, wodurch wir täglich 32.000 Liter Trinkwasser erzeugen können. Auf diese Weise gibt es jetzt auf Arki Wasser für jeden, der es braucht. Die Leute der Gemeinde können mit dem Feuerwehrauto von der Zisterne 4.500 Liter Wasser in vier Minuten auftanken und an jeden Ort der Insel bringen.

»Das volatile Wasser­problem war dann auch der ausschlaggebende Grund ganz auf Autarkie umzusteigen.« Alexander Schwarzenberg

Brammertz: Mit 150 450 Watt starken Solarpaneelen auf den Dächern der Gebäude erzeugen wir täglich bis zu 300 Kilowatt Strom, wir haben Batteriespeicher und ein Kraftwerk mit einem Notstromaggregat. Den Strom könnte man in ein Netz einspeisen, so eines vorhanden wäre, denn unser Stromspeicher geht nie unter 50 Prozent. Für jeden Arbeitsschritt beschäftigen wir die hier ansässigen Menschen, auch den ganzen Winter hindurch – sei es, um die Häuser fertigzustellen, die Wege zu gestalten, Leitungen zu graben, die Kapelle und/oder den Friedhof zu bauen. Mit Tiganakia Bay wollen wir 2025 – neben dem Timesharing – auch in eine Art Hotelbetrieb gehen, was auch wieder mehr Jobs schaffen wird, um die Jungen vor Ort zu halten. 

© Pavlos NastasFür Alexander Schwarzenberg ist Griechenland die zweite Heimat, die Kapelle sein Herzensprojekt © Pavlos Nastas

aehre: Seit ein paar Wochen steht hier auch eine Kapelle, daneben wird wieder gebaggert.

Schwarzenberg: Als wir die Bäume gepflegt haben, sind wir auf eine vergessene Getreidedresche gestoßen. Die hatte so eine großartige Energie, dass ich beschlossen habe, drumherum eine Kapelle zu errichten. Sie ist Johannes dem Täufer gewidmet. Jetzt bauen wir einen Friedhof, da die Insel keinen hat und es ein Anliegen der Einwohner:innen ist.

aehre: Wäre es nicht das bessere Geschäftsmodell, so etwas kommerzieller und größer zu machen?

Schwarzenberg: Was wir hier schaffen, ist für das Seelenheil – einen Luxus, den man sich gönnt. Gutmensch bin ich keiner, darum suche auch ich mein Seelenheil. Was andere in einem Sportwagen, der Jagd oder dem Leistungssport finden – das ist nicht mein Ding –, das finde ich in der Natur und den Menschen. Es ist eine Wohltätigkeit, die keine Charity ist. Es ist am Ende des Tages aber auch ein Geschäft und es soll auch eines bleiben. Aber eine Kommerzialisierung in der Größenordnung eines großen Hotelbetriebs käme einer Invasion eines Kreuzfahrtschiffes gleich, dessen Imprint diese Insel nicht vertragen würde.

© Pavlos NastasIm südlichsten Teil der griechischen Insel Arki liegt das Natura-2000-Schutzgebiet, darin bettet sich Tiganakia Bay mit seinen Häusern kaum sichtbar in die Landschaft ein © Pavlos Nastas

aehre: Was wünscht ihr Arki für die Zukunft?  

Schwarzenberg: Zuwanderung. Es ist schade, dass es das Gesetz nicht erlaubt, Flüchtlinge aufzunehmen. Man hätte Familien mit Kindern auf Arki ansiedeln können, um dieser depressiven Abwanderung entgegenzuwirken. Heute gibt es hier ein einziges Schulkind, das mit sechs Jahren immer noch alleine spielen muss. Es wäre eine unglaubliche Win-win-Situation, Flüchtlingen eine bestehende Infrastruktur zu bieten und die Insel damit wieder zu bevölkern.  – 

Mehr zum Thema Nachhaltigkeit finden Sie im neuen Nachhaltigkeits-Businessmagazin aehre auf www.aehre.media und in der aktuellen Ausgabe am Kiosk.

aehre – das Nachhaltigkeits-Businessmagazin

Themen: Environmental-, Social- und Governance

Geschäftsführerinnen: Maria-Grazia Nordberg und Annabel Köle-Loebell

Gründung: März 2023

Praterstrasse 66/5

1020 Wien

Tel.: +43 1 890 44 06

Kontakt: hello@aehre.media

Homepage: www.aehre.media

Fakten

150
450Watt starke Solarpaneele auf den Dächern der Gebäude erzeugen täglich bis zu 300 Kilo-watt Strom.

32.000 
Liter Trinkwasser produziert die Entsalzungsanlage täglich, das mit dem Feuerwehrauto an jeden Ort auf der Insel geliefert werden kann.

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