LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Kirchberger, die Situation für die gesamte Immobilienbranche ist aktuell nicht gerade leicht. Wann rechnen Sie mit einer Erholung?
Alexander Kirchberger: Die derzeitige Lage auf dem Immobilienmarkt ist von verschiedenen Herausforderungen geprägt, darunter das anhaltend hohe Zinsniveau, die hohen Baukosten und die schwächelnde gesamtwirtschaftliche Situation. Dennoch wurde durch die kürzlich verkündete Zinssenkung der EZB ein positives Signal, insbesondere auch für die Immobilienbranche, versendet. Am Transaktionsmarkt sind bereits erste positive Reaktionen und eine zunehmende Dynamik zu beobachten.
LEADERSNET: Wie hat sich das Portfolio von EHL im Bereich Industrie- und Logistikimmobilien in den letzten Jahren entwickelt?
Kirchberger: In den vergangenen Jahren haben wir das Portfolio im Bereich Industrie- und Logistikimmobilien kontinuierlich erweitert und weiterentwickelt. Wir haben unseren Einsatz in dieser Assetklasse erheblich erhöht, um den steigenden Bedarf an modernen und effizienten Industrie- und Logistikstandorten zu decken. Dabei ist es uns gelungen, die Qualität und Vielfalt unseres Angebots deutlich zu verbessern. Diese Entwicklungen ermöglichen es uns, unseren Kund:innen passende und maßgeschneiderte Lösungen anbieten zu können und zukünftige Marktbedürfnisse zu erfüllen.
LEADERSNET: Welche Faktoren berücksichtigen Sie bei EHL bei der Standortwahl für neue Industrie- und Logistikimmobilien?
Kirchberger: Als Dienstleister suchen wir nicht selbst nach Standorten, sondern konzentrieren uns darauf, unseren Kunden:innen ein möglichst breites Angebot zu bieten, das ihre Anforderungen und Bedürfnisse optimal erfüllt. Dabei achten wir darauf, dass die Standorte strategisch gut gelegen sind, um eine optimale Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur wie Autobahnen, Schienen und Flughäfen zu gewährleisten. Ebenso spielen die Nähe zu Absatzmärkten und Lieferant:innen, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Zudem gewinnen Nachhaltigkeitsaspekte zunehmend an Bedeutung. Wir legen großen Wert darauf, unseren Kund:innen langfristig nachhaltige und umweltfreundliche Lösungen anbieten zu können.
LEADERSNET: Von jenen Unternehmen, die auf der Suche nach passenden Objekten sind, heißt es oft, dass es an Top-Flächen mangle. Wie sieht es diesbezüglich in Wien aus?
Kirchberger: In den letzten Jahren führte eine Kombination aus dem Boom im E-Commerce, Schwierigkeiten in den Lieferketten und daraus resultierenden Erweiterungen der Lagerbestände zu einer besonders hohen Nachfrage nach Logistikflächen. Gleichzeitig war die Produktion neuer Flächen verhältnismäßig gering, was zu einem deutlichen Nachfrageüberhang und einer minimalen Leerstandsrate bei Industrie- und Logistikimmobilien führte. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen geht die Nachfrage am Logistikmarkt jedoch zurück. Mit der hohen Neuflächenproduktion in den Jahren 2024 und 2025 wird das Angebot erstmals seit Jahren die Nachfrage übersteigen. Dies bietet suchenden Unternehmen die Möglichkeit, aus verschiedenen Projekten auszuwählen, wobei Lage und wirtschaftliche Faktoren wieder stärker in den Vordergrund rücken.
LEADERSNET: Klimawandel, Umwelt, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sind immer wichtigere Themen. Wie stark wirken sich die ESG-Standards mittlerweile auf die Entscheidung von Unternehmen aus, in welche Objekte sie sich einmieten?
Kirchberger: In der Vergangenheit spielten ESG-Kriterien auf dem Industrie- und Logistikmarkt eine eher untergeordnete Rolle. Hauptfaktoren waren die Lage, Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit der Immobilien. In den letzten Jahren hat jedoch das Bewusstsein für ESG-Standards auch in dieser Assetklasse zugenommen. Da Unternehmen derzeit aus mehreren Projekten auswählen können, gewinnen Nachhaltigkeitskriterien zunehmend an Bedeutung und werden zu entscheidungsrelevanten Faktoren. Die Unternehmen legen vermehrt Wert auf Immobilien, die umweltfreundlich gebaut und betrieben werden. Aspekte wie Energieeffizienz, Nutzung erneuerbarer Energien und nachhaltige Baumaterialien stehen im Fokus. Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Unternehmensstrategie wird zunehmend als Wettbewerbsvorteil gesehen und trägt zur langfristigen Wertsteigerung bei.
LEADERSNET: Welche Trends und Prognosen sieht EHL für die Zukunft des Industrie- und Logistikimmobilienmarktes, und wie bereitet sich das Unternehmen darauf vor?
Kirchberger: Mit der fortschreitenden Urbanisierung wird der Bedarf an Logistikflächen in der Nähe von Stadtzentren und für die Last-Mile-Logistik langfristig steigen. Gleichzeitig müssen wir den Herausforderungen des Klimawandels und der Bodenversiegelung begegnen. Unser gemeinsames Ziel ist es daher, verantwortungsvoll mit unseren natürlichen Ressourcen, insbesondere den Bodenflächen, umzugehen. Bei neuen Immobilienentwicklungen ist die Einhaltung von ESG-Standards nicht mehr wegzudenken, um mit der EU-Taxonomie-Verordnung im Einklang zu stehen. Dies zeigt sich in einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Bauweise sowie im Betrieb der Immobilien. Gebäude mit Zertifizierungen sind besonders gefragt, da sie den CO₂-Fußabdruck reduzieren und langfristig die Betriebskosten senken. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, Grundstücke in guten Lagen zu finden, um den Bedarf an diesen Flächen zu decken. In diesem Zusammenhang rücken insbesondere Brownfield-Entwicklungen immer weiter in den Vordergrund, da hier keine Grünflächen versiegelt, sondern bestehende Gebäude einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Wir werden weiterhin größten Wert auf unsere langfristigen Beziehungen mit unseren Kund:innen, die einerseits auf der Nutzer-andererseits auf der Entwicklerseite stehen, legen. Damit können wir sicherstellen, dass wir suchende Unternehmen bestmöglich bei Ihrer Standortsuche unterstützen und über alle Möglichkeiten am Immobilienmarkt umfassend beraten können.
www.ehl.at
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