Die digitalen Riesen wachsen weiter. Zumindest geht das aus der neuen Spendingstudie hervor, die Momentum Wien in Zusammenarbeit mit dem iab austria und dem IAB Europe durchgeführt hat. Auf der Basis von 103 strukturierten persönlichen Experteninterviews und den staatlichen Einnahmen aus der Digitalsteuer analysierten sie die aktuelle Lage der Branche und erarbeiteten einen Ausblick hinsichtlich künftiger Entwicklungen.
Heimische Vermarkter und Publisher geraten weiter unter Druck
So ergab die Studie, dass sich durch die seit 2020 in Österreich eingeführte Digitalsteuer für die globalen Unternehmen ein Umsatz von 2,06 Milliarden Euro manifestiert. Damit ist Amazon und Co. erneut die umsatzstärkste Mediengattung in Österreich.
Maximilian Mondel und Bernd Platzer von Momentum Wien zur Studie: "Rund 82 Prozent der rot-weiß-roten Digitalwerbespendings fließen aktuell zu globalen Plattformen wie Google, Facebook, Amazon, TikTok und Co. Nur 18 Prozent werden bei heimischen Portalen platziert. Rund 64 Prozent der von österreichischen werbetreibenden Unternehmen getätigten Digitalwerbespendings fließen in Social-Media-Marketing (29,3 Prozent) und Suchwortvermarktung (34,9 Prozent). Fazit: Der Medienstandort Österreich gerät weiter unter Druck."
Verschiebung des Einnahmeverhältnisses
Wie die Analyse zeigte, ist die klassische Digitalwerbung weiterhin auf einem negativen Kurs. Sie wird erneut geringer als der Gesamtmarkt wachsen und wird mit einem Zugewinn von sechs Prozent auf einen Nettowerbewert von 486 Millionen Euro kommen. Damit sinkt der Umsatzanteil um 0,3 Prozentpunkte auf 17,7 Prozent.
Anders sieht es bei der Digitalwerbung aus. Im laufenden Jahr wird hier ein Anstieg um 8,2 Prozent auf 2,75 Milliarden Euro erwartet. Damit verschiebt sich das Einnahmeverhältnis wieder zugunsten der globalen Plattformen und zulasten heimischer Publisher und Vermarkter.
Zu den größten Profiteuren zählen laut Umsatzwachstum damit Amazon Advertising (+18,2 Prozent), Social Media Marketing (+neun Prozent) und die Suchwortvermarktung (+7,2 Prozent). Weniger erfolgreich verläuft das Affiliate Marketing. Mit einem Minus von 2,8 Prozent geht es auf einen Nettowerbewert von 31,6 Millionen Euro zurück.
iab-austria-Präsidentin Rut Morawetz zum Ergebnis der Analyse: "Trotz aller Diskussionen um die Rolle sozialer Medien in der Verbreitung von Fake News und Deep Fakes nehmen die Investitionen österreichischer Werbetreibender und Agenturen ungebrochen zu. Ihr Geschäftsmodell wird durch den Wegfall der Third-Party-Cookies begünstigt. Der wachsende Stellenwert von Retail Media manifestiert sich an den wiederholt zweistelligen Zuwachsraten von Amazon Advertising. In der 'Momentum Spendingstudie 2023 und Prognose 2024' zeichnen sich nachhaltige Verschiebungen am digitalen Werbemarkt ab."
Weniger Geld für die Finanzierung heimischer journalistischer Angebote
Auch wenn die digitalen Werbespendings in Österreich im zurückliegenden Jahr um 7,5 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 2,5 Milliarden Euro gewachsen sind, profitieren heimische Publisher und Vermarkter nur im geringen Ausmaß. Die Zuwächse der klassischen Digitalwerbung liegen bei nur 4,7 Prozent – auf ein Volumen von 458,8 Millionen Euro. Damit verläuft das Wachstum unterhalb der Inflationsrate von 7,8 Prozent.
Die höchsten Zuwächse entfallen auf Amazon Advertising und Social Media-Marketing – mit 18,2 beziehungsweise 10,3 Prozent. Gemeinsam vereinen sie 37,8 Prozent aller österreichischen Spendings auf sich. Auf die Suchwortvermarktung entfallen weitere 34,9 Prozent. Damit lukriert diese 887,5 Millionen Euro am österreichischen Markt.
Somit zeigt die Studie eine weitere Verschiebung zugunsten globaler Plattformen und internationaler Anbieter auf, die bereits 82 Prozent der heimischen Digitalwerbeumsätze abziehen. So bleiben von 2,5 Milliarden Euro lediglich 452 Millionen in Österreich, wo sie zur Wertschöpfung und Finanzierung journalistischer Angebote beitragen.
Das Ranking der Digitalgiganten finden Sie in der Infobox.
Schattenseiten der globalen Plattformen
Problematisch sind vor allem die negativen Folgen, die mit der Erstarkung der Digitalgiganten einhergehen. Die Verbreitung von Hassrede, Diskriminierung, Gewalt und manipulierten Inhalten führt unter anderem zur Verrohung der Gesellschaft. Das macht sich nicht zuletzt an den gestiegenen Zahlen der körperlichen Angriffe gegenüber Politiker:innen bemerkbar.
Besonders im Super-Wahljahr 2024 wird daher die reichweitenstarke Verbreitung von Deep Fakes und Fake News zur Herausforderung für die Demokratie. "Unter den (jungen) Menschen gibt es einen breiten Konsens und klare Forderungen an die österreichische und europäische Politik. Das unterstreicht die deutlichen Forderungen des Online-Vermarkterkreises, dass es endlich faire Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen und wohlüberlegte Schutzmaßnahmen für den österreichischen Medienstandort braucht. Verantwortungsvolle Politik ist zukunftsorientierte und standortsichernde Medienpolitik!", unterstreicht Eugen Schmidt (AboutMedia), Leiter des Online-Vermarkterkreises.
Maßnahmen zum Schutz demokratischer Strukturen
Der Online-Vermarkterkreis fordert bereits seit Jahren, die gesamten Einnahmen aus der Digitalisierung in das nationale Medien-Ökosystem zu investieren. Dadurch soll das Überleben der österreichischen Medien sichergestellt werden. Die Deckelung des Fonds zur Förderung der digitalen Transformation und auch die Einschränkung zur Förderung auf tradierte Medienmarken sollen demnach abgeschafft werden.
Zudem müsse die Digitalsteuer auch in Neugründungen, reine Digitalmedien und Vermarkter fließen, damit diese eine Chance im globalen Wettbewerb haben. "Während sich Brüssel den Kopf zerbricht, wie man Künstliche Intelligenz überregulieren und erneut einen Wettbewerbsnachteil herstellen kann, braucht es jetzt Lösungen für das nationale und europäische Mediensystem. Vor dem Hintergrund eines Super-Wahljahres und der immensen Bedeutung der Medien für die Partizipation an demokratiepolitischen Prozessen braucht es mehr Geschwindigkeit und Mut in der politischen Entscheidungsfindung. Ohne Rahmenbedingungen und Wettbewerbsfähigkeit ist das wirtschaftliche Überleben der Medien infrage gestellt, womit sie Gefahr laufen, das Vertrauen der Menschen zu verlieren", so Schmidt abschließend.
www.momentum.wien
www.iab-austria.at
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