LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Wernhart, die Situation für die gesamte Immobilienbranche ist aktuell nicht gerade leicht. Auch bei Büroimmobilien gibt es derzeit eher mehr Schatten als Licht. Wann rechnen Sie mit einer Erholung?
Stefan Wernhart: Im Vergleich zu anderen Sektoren der Immobilienbranche, die aufgrund der wirtschaftlichen herausfordernden Zeit Ergebnisrückgänge verzeichneten, zeigte sich die Vermietungssituation im Büroimmobiliensektor im letzten Jahr deutlich positiver. Die Gesamtvermietungsleistung auf dem Wiener Büromarkt erreichte mit rund 180.000 Quadratmetern ein Ergebnis, das mit dem der Vorjahresperiode nahezu ident ist. Für das Jahr 2024 erwarten wir, dass die geringe Verfügbarkeit von hochwertigen, kurzfristig bezugsfertigen Neubauten in besonders stark nachgefragten Mikrolagen mit ausgezeichneter öffentlicher Verkehrsanbindung und hervorragender Infrastruktur den Markt prägen wird.
LEADERSNET: Wie sieht es aktuell mit Leerständen aus und wie groß ist hier der Unterschied zwischen Top-Lagen und schlechter erschlossenen Stadtteilen?
Wernhart: Die Leerstandsrate in Wien liegt derzeit bei 3,4 Prozent und befindet sich damit auch im internationalen Vergleich auf einem außergewöhnlich niedrigen Niveau. In weniger gut angebundenen Gebieten ist der Leerstand in den letzten Jahren signifikant angestiegen und verfügbare Büroflächen lassen sich oftmals auch zu sehr niedrigen Mietansätzen nur schwer vermieten. Diese Flächen werden von den Eigentümer:innen häufig einer alternativen Nutzung zugeführt und somit dem Büromarkt entzogen. In stark nachgefragten Lagen, wie beispielsweise der Wiener Innenstadt, liegt der Leerstand aktuell bei 2,7 Prozent, wodurch die mieterseitige Nachfrage in dieser Lage kurzfristig nur schwierig bedient werden kann und die Interessent:innen sich auf zukünftige Projekte fokussieren müssen.
LEADERSNET: Von jenen Unternehmen, die auf der Suche nach passenden Objekten sind, heißt es oft, dass es an Top-Flächen mangle. Wie sieht es diesbezüglich in Wien aus?
Wernhart: Die Verfügbarkeit hochwertiger und nachhaltiger Erstbezugsflächen in Top-Lagen ist in den letzten Jahren aufgrund des Nachfrageüberhanges deutlich zurückgegangen. Auch aufgrund der restriktiveren Finanzierungsvorgaben der Banken und den gestiegenen Baukosten hat sich das Fertigstellungsvolumen in Wien den letzten fünf Jahren reduziert und zu einer Leerstandsrate von aktuell nur 3,4 Prozent geführt. Das ist innerhalb von Europas Metropolen der zweitniedrigste Wert nach Paris (2,4 Prozent). Daraus resultiert ein deutlich erkennbarer Nachfrageüberhang in den Top-Lagen, z.B. in der Wiener Innenstadt oder rund um den Hauptbahnhof. Aufgrund dieser Umstände erkennen wir bei EHL in diesen Lagen auch ein entsprechend steigendes Mietpreisniveau; die Spitzenmieten in Wien liegen aktuell bei 28 Euro netto pro Quadratmeter.
LEADERSNET: In den letzten Jahren hat der Trend zum Homeoffice den Büromarkt stark geprägt bzw. verändert. Seit dem Ende der Pandemie beordern viele Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen aber wieder zurück ins "echte" Büro. Wie wirkt sich das bisweilen auf das Geschäft der EHL aus?
Wernhart: Im Vergleich zu anderen Ländern wurde das Homeoffice in Österreich nach der Corona-Pandemie nicht in großem Umfang bzw. flächendeckend eingeführt, mit Ausnahme von Konzernen mit umfangreichem Verwaltungsapparat. In diesem Bereich lässt sich tatsächlich eine deutliche Reduktion der benötigten Büroflächen um bis zu 50 Prozent beobachten. Größtenteils ist bei unseren Kund:innen durch die Einführung von Homeoffice oder Remote Working eine Reduktion der benötigten Büroflächen von circa 20 Prozent zu erkennen. Dies resultiert jedoch in vielen Fällen nicht in einem entsprechend verringerten Flächenbedarf. Stattdessen nutzen Unternehmen die eingesparte Fläche oft in gleichem oder ähnlichem Ausmaß für qualitativ hochwertige Nebenräume oder Rückzugsmöglichkeiten für die Mitarbeiter:innen, um die Aufenthaltsqualität Büro zu verbessern.
LEADERSNET: Eine weitere Herausforderung, mit der aktuell so gut wie alle Wirtschaftszweige zu kämpfen haben, ist der Fachkräftemangel. Wie versucht die EHL genügend gut ausgebildete Mitarbeiter:innen zu finden und gibt es spezielle Benefits?
Wernhart: Als renommiertes und bekanntes Immobilienunternehmen schätzen wir uns in der glücklichen Lage, dass sich viele engagierte und motivierte Damen und Herren direkt bei uns bewerben. Bei EHL legen wir seit jeher ein ganz besonders großes Augenmerk auf eine qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter:innen und fördern diese in hohem Maße. Darüber hinaus pflegen wir einen familiären und wertschätzenden Umgang innerhalb des Unternehmens, der das Arbeitsklima positiv prägt und dazu beiträgt, dass sich unsere Mitarbeitenden geschätzt und unterstützt fühlen.
LEADERSNET: Haben Unternehmen, die einen attraktiven Arbeitsplatz bieten, beim Recruiting bessere Chancen, oder spielen für Bewerber:innen andere Aspekte wie das Gehalt oder die Work-Life-Balance wichtigere Rollen?
Wernhart: Ein ansprechend gestaltetes Arbeitsumfeld, ausreichend Raum für Kommunikation und Teamwork sowie eine hervorragende Infrastruktur leisten einen wesentlichen Beitrag für ein erfolgreiches Recruiting. Im "Rennen um die besten Köpfe" gilt es, durch ein besonders ansprechendes Büroambiente, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerber:innen zu erzielen. Daher ist Qualitätsoptimierung bei vielen aktuellen Standortgesuchen das Gebot der Stunde.
LEADERSNET: Abschließend: Wie stark wirken sich die ESG-Standards mittlerweile auf die Entscheidung von Unternehmen aus, in welche Objekte sie sich einmieten?
Wernhart: Energieeffizienz, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind aktuell die wesentlichen Treiber aktueller Immobiliengesuche. Durch die Umsetzung von ESG-Vorgaben erhält diese Entwicklung einen zusätzlichen Turbo. Unternehmen achten viel stärker als noch vor zwei bis drei Jahren auf ein ansprechend und nachhaltig gestaltetes Arbeitsumfeld.
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