So könnte der Faktencheck in Zukunft ausschauen

Im Mittelpunkt der APA-Konferenz "The Future of Fact Checking" standen Themen wie Fake News, Desinformation und Propaganda sowie der Kampf gegen Falschinformationen.

Auf Einladung der Austria Presse Agentur (APA) traf sich die Branche, um sich über die aktuellen Entwicklungen rund um die Themen "Fake News, Desinformation und Faktencheck" auszutauschen. Die ORF-Moderatorin Susanne Schnabl führte durch die Panels und Impulsvorträge.

"Es muss unserer Gesellschaft viel daran liegen, dass wir alle zwischen Fakten und Fakes, viele davon zusehends KI-generiert, unterscheiden lernen können. Es muss sichere Haltegriffe geben, die helfen und Einordnung liefern", sagt APA-CEO Clemens Pig in seiner Eröffnungsrede. Diese angesprochenen Haltegriffe seien Qualitätsmedien. Was die Branche keinesfalls verpassen darf, sei die nächste Technologierevolution – die generative KI. 

Fake News haben Hochkonjunktur

"Fake News, Desinformation und Propaganda haben in der digitalen Welt Hochkonjunktur", so APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger. Diese Auswirkungen seien dann auch in der analogen Welt in Form von Polarisierung, Hetze und einer neuen Form der Gegenaufklärung spürbar. "Fact Checking liefert hier ein notwendiges Gegengewicht an faktenbasierter und überprüfter Information", sagt Bruckenberger. Dabei seien hier vor allem der eigene Faktencheck wie bei der APA, aber auch nationale und internationale Vernetzungen, etwa im Rahmen des German-Austrian Digital Media Observatory (GADMO), einer Plattform führender deutschsprachiger Faktencheck-Organisationen, von entscheidender Bedeutung im Kampf gegen Falschinformationen.

Emotion und Vertrauen

Autorin, Journalistin und Digitalexpertin Ingrid Brodnig zeigte in ihrer Keynote, dass emotionale Inhalte öfters mit anderen geteilt werden und sich Fake News so schneller als Faktenchecks verbreiten. Ein wichtiger Faktor sei Vertrauen. Genießt ein:e Politiker:in zum Beispiel hohes Vertrauen, dann würde ein Faktencheck wenig bringen, so Brodnig. Was die Arbeit der Faktenchecker:innen weiter erschweren würde, seien die immer häufiger werdenden Attacken. Häufig werde behauptet, dass Faktenchecks von bestimmten Einrichtungen - etwa der Pharmaindustrie - bezahlt würden. "Wenn man fachlich keine guten Argumente hat, geht man gegen die Person", so Brodnig. Dabei würden Meinung und Fakten häufig verwischt werden. "Wir brauchen ein Publikum, das das erkennen kann", sagt die Expertin. 

Brodnig empfahl außerdem, dass die Faktencheckorganisationen ihre Einordnungen immer wieder wiederholen sollten. Denn auch Fake News zirkulieren immer wieder im Netz. Teilweise hüpfen diese auch identisch von Land zu Land, erklärte Eva Wackenreuther, Ressortleiterin Faktencheck bei AFP. Renommierte Nachrichtenseiten würden manchmal identisch nachgebaut werden, um Falschinformationen in ein glaubwürdiges Umfeld einzubetten, so Wackenreuther. Das große Problem sei auch, dass falsche Tatsachenbehauptungen gerne als Meinungen klassifiziert werden, so Susanne Lackner, stv. Vorsitzende der KommAustria. Wenn diese dann beschränkt werden, komme häufig der Vorwurf der Zensur auf.

Aufruf nach mehr Faktenchecks

Im Rahmen einer Diskussionsrunde innerhalb der Veranstaltung sagte Stefan Voss, Leiter der Abteilung Verification der dpa: "Es wäre wunderbar, wenn es mehr Medienhäuser gäbe, die Faktenchecks betreiben." Außerdem brauche es seiner Meinung nach auch mehr Ausbildungen in diese Richtung. Prinzipiell hielt er fest: "Faktenchecks prüfen Behauptungen. Wir prüfen keine Meinungen. Wir sind keine Meinungspolizei."

Vor dem Hintergrund der Fülle an Fake News müssen diese oftmals gefiltert werden, um dadurch zu wissen, welche man überhaupt aufgreift. Beim profil passiere das nach "Bösartigkeit und Reichweite", so Jakob Winter, Leiter des Faktencheck-Teams des Nachrichtenmagazins. Ersteres beziehe sich im Speziellen darauf, ob eine Behauptung imstande sei, Schaden anzurichten.

Beim APA-Faktencheck würden auch Themen aufgegriffen werden, die "unter dem normalen Medienradar fliegen", sagte APA-Verification-Officer Florian Schmidt und fügt hinzu: "Teilweise sind es sehr absurde Sachen, die aber tausendfach in sozialen Medien geteilt werden." Diese unterziehe man einer Überprüfung auf Basis von Statistiken, Daten oder auch Expert:innen. 

Der Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur in Wien, Reinhard Steurer, wünschte sich, dass Wissenschafter:innen mit ihrer Expertise häufiger in Faktenchecks eingebunden werden. Speziell nach manchen Interviews mit großer Reichweite. Er plädierte an Journalist:innen, in Interviewsituationen stärker gegen irreführende Argumentationen vorzugehen.

Viele Falschinformationen auf Plattformen

Auf den großen Plattformen wie YouTube würde es auch sehr viele Falschinformationen geben. Die Videoplattform geht zum Beispiel dagegen unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) vor, erklärte Sabine Frank, Head of Governmental Affairs and Public Policy bei Youtube in Mittel- und Osteuropa.

Sehr schwierig sei es, Faktenchecks, die häufig an der Schnittstelle von Wissenschaft und Journalismus operieren, für junge Personen interessant zu machen, sagte APA-Faktenchecker Schmidt. Das sei aber speziell auf Plattformen wie TikTok nötig. "Auf TikTok sind die ersten zwei Sekunden entscheidend", so Ines Holzmüller vom Faktencheck-Kanal Bait und ergänzt: "Als Journalistin ist das schwierig, weil man nicht zu sehr zuspitzen und emotionalisieren möchte." Man müsse sich aber dennoch bemühen und kreativ vorgehen. "Es muss immer catchy sein", so Idan Hanin, der für den Zeit im Bild-Kanal auf TikTok tätig ist. "Es braucht nicht die perfekten Deep-Fakes, damit Leute auf etwas hereinfallen. Es fängt schon viel früher an", so Hanin abschließend.

www.apa.at

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