Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher stellte am Dienstag gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) das vierte Jahresgutachten zur "Lage der österreichischen Außenwirtschaft" vor. Dieses widmete sich den aktuellen internationalen Rahmenbedingungen für die österreichische Außenwirtschaft und der Handelsentwicklung im Jahr 2022.
Zudem präsentierten die Studienautor:innen Harald Oberhofer, Robert Stehrer und Bettina Meinhart, kurz- und mittelfristige Prognosen für die zu erwartende zukünftige Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaftsbeziehungen.
Krieg und Energiepreiskrise
2022 stand demnach unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine und der darauffolgenden Energiepreiskrise. Haushalte und Unternehmen seien von den gestiegenen Kosten drastisch betroffen gewesen. Ab dem zweiten Halbjahr haben der daraus resultierende Angebotsschock und die hohen Inflationsraten ihre Spuren in der Weltwirtschaft hinterlassen.
Die Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas stelle die heimischen Haushalte, Unternehmen und die Politik vor Probleme und Herausforderungen dar. Der Außenhandel konnte sich laut der Studie allerdings trotz schwieriger Rahmenbedingungen relativ gut behaupten, habe aber 2022 unter der Verschlechterung der Terms-of-Trade, also des Verhältnisses zwischen Export- und Importpreisen, gelitten.
Der Gesamtexport von Waren und Dienstleistungen stieg gemäß Prognose real im Jahr 2022 um 8,8 Prozent, die Importe nahmen um 5,1 Prozent zu.
"Trotz schwieriger Rahmenbedingungen hat sich der österreichische Außenhandel im Jahr 2022 gut entwickelt. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau im Jahr 2019 liegt der Außenhandel nun zehn Prozent über dem Vorkrisenniveau. Insbesondere kam es zum Wiedererstarken der Dienstleistungsexporte mit einem Wachstum von 17 Prozent", sagt Martin Kocher.
Handelsbilanzdefizit wurde ausgeglichen
Im letzten Jahr überwog der negative Terms-of-Trade Effekt den Mengeneffekt, sodass sich 2022 die österreichische Handelsbilanz um 7,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Jahr 2021 verschlechterte und ein Defizit von -20,5 Milliarden Euro aufweist. Die positivere Entwicklung der Dienstleistungsbilanz, welche durch eine massive Steigerung der Reiseverkehrsexporte getrieben wurde, konnte letztes Jahr das Handelsbilanzdefizit ausgleichen. 2022 ist die Leistungsbilanz mit 200 Millionen Euro im Plus.
Prognose für 2023
Für 2023 prognostiziere das Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) ein Wachstum der Gesamtexporte in Höhe von 0,3 Prozent. Die Importe dürften heuer um 0,9 Prozent steigen. Vor allem durch die steigenden Importpreise - verursacht durch die Energiekrise - könnte Österreich 2023 das erste Mal seit 2001 eine negative Leistungsbilanz aufweisen.
2023 setze sich die Verschlechterung der Terms-of-Trade auf Basis der Studienprognose mit einem Minus von einem Prozent weiter fort. Die Warenexporte dürften um 0,1 Prozent zulegen, die Dienstleistungsexporte ein Wachstum von 1,2 Prozent verzeichnen. Die Gesamtimporte sollen um 0,9 Prozent wachsen. Der Unterschied zwischen den Exporten und Importen werde sich aus einem höheren Dienstleistungsimportwachstum von 3,3 Prozent ergeben.
Dementsprechend könnte sich die Handelsbilanz durch den weiteren negativen Terms-of-Trade Effekt auf -23,3 Milliarden Euro verschlechtern. Dieses Defizit wird von den Dienstleistungsbilanzüberschüssen nicht mehr vollständig kompensiert werden können.
Die österreichische Leistungsbilanz werde 2023 mit einem Abgang von -1,8 Milliarden Euro oder 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen negativen Saldo aufweisen. 2024 sollte die Leistungsbilanz prognosemäßig zu einem geringen Überschuss zurückkehren.
"Gerade jetzt ist es wichtig, die österreichischen Exportbetriebe bei ihren Internationalisierungsaktivitäten weiter bestmöglich zu fördern. Durch die Internationalisierungsoffensive 'go-international', Wirtschaftsmissionen in Zukunftsmärkte sowie gemeinsame internationale Wirtschaftskommissionen unterstützen wir Betriebe bei der Erschließung neuer Märkte und dem Ausbau bereits bestehender Geschäftsverbindungen. Für ein kleineres, exportorientiertes Land wie Österreich ist es darüber hinaus wichtig, dass die Europäische Union eine aktive Handelspolitik verfolgt. Dabei geht es insbesondere um den Abbau bestehender Handelsbeschränkungen sowie um das Vermeiden von Handelskonflikten", so Kocher abschließend.
www.bmaw.gv.at
www.fiw.ac.at
Kommentar schreiben