Österreichische Regierung stellt Millionenrekord bei Werbeausgaben in der Pandemie auf

2020 wurden Inserate um 47 Millionen Euro geschaltet, insgesamt wurden 222,5 Millionen für "Öffentliche Werbung" ausgegeben.

Die Corona-Krise hat ganze Wirtschaftszweige tief in die Krise gestürzt, doch ein Blick auf die Werbeausgaben der Regierung im Jahr 2020 zeigt so hohe Ausgaben wie noch nie: Eine aktuelle Auswertung der Medienbehörde KommAustria weist eine Rekordsteigerung der Werbeausgaben um 1.443 Prozent für das Kanzleramt aus, das die Ausgaben mit klarem Abstand dominiert. Durch den pandemiebedingt stark erhöhten Informationsbedarf der Bevölkerung meldete das Bundeskanzleramt allein nämlich Ausgaben von 21 Millionen Euro, alle Ministerien zusammen kommen auf 47 Millionen Euro. Damit hat die Regierung einen neuen Rekord aufgestellt.

Aber nicht nur die Regierung war werbetechnisch im ersten Jahr der Pandemie ein "Big Spender": Auch über die Schwellen der Ministerien hinaus hat die öffentliche Hand 2020 so viel geworben, wie noch nie. Alle öffentlichen Stellen des Landes zusammen haben es im vergangenen Jahr zusammen auf Buchungen von 222,5 Millionen Euro gebracht. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es noch 178 Millionen Euro. Laut Medientransparenzgesetz, welches 2012 in Kraft getreten ist, sind alle öffentlichen Stellen dazu verpflichtet, ihre Werbebuchungen vierteljährliche offenzulegen.

Wie hoch ist die "Dunkelziffer" bei Werbeschaltungen?

Die am Montag veröffentlichten Zahlen sind so hoch wie nie, könnten tatsächlich aber noch höher ausfallen als ausgewiesen. Denn Anspruch auf Vollständigkeit erhebt die Auswertung der KommAustria nicht, da diese nur die gemeldeten Inserate beinhaltet. Alle Schaltungen, deren Wert unter 5.000 Euro pro Quartal und Medium ausmachte, sind von der Meldepflicht ausgenommen, und auch nicht regelmäßig erscheinende Beilagen von Medien fallen nicht in die Meldepflicht der Medienbehörde. Dem Rechnungshof zufolge, ist davon auszugehen, dass rund ein Drittel der Buchungen oder mehr nicht ausgewiesen werden und somit durch die unbekannte "Dunkelziffer" nicht gemeldeter Inserate das tatsächliche Volumen der öffentlichen Werbung noch um einiges höher ausfallen dürfte.

Auch ohne die unbekannte "Dunkelziffer" bei den Werbeausgaben ist die türkis-grüne Regierung die (werbetechnisch) bislang wohl "teuerste" Regierung die Österreich je hatte. Auf Durchschnittskosten pro Monat untergerechnet kommt Türkis-Grün auf rund 3,9 Millionen Euro alle 30 Tage. Das ist fast doppelt so viel wie Türkis-Blau ausgab (zwei Millionen) und exakt dreimal so viel wie die interimistische Post-Ibiza-Expertenregierung unter Brigitte Bierlein, die 1,3 Millionen für Inserate ausgab. Dass diese Zahlen allerdings stets in Relation zu den äußeren Umständen, sprich der Corona-Pandemie, zu sehen sind, versteht sich von selbst.

Boulevardmedien als große Profiteure

Bei solch enorm großen Werbeausgaben stellt sich die Frage, wohin all die Gelder geflossen sind. Ein Blick auf die Verteilung der Inseratschaltungen zeigt schnell, dass der Boulevard als der mit Abstand größte Gewinner des pandemiebedingten Werbebooms der Regierung hervorgegangen ist.

Im Direktvergleich profitierte der "Reichweitenkaiser" der heimischen Medienlandschaft im Jahr 2020 am meisten von Regierungswerbung: Demnach bekam die Krone insgesamt 8,4 Millionen Euro vom Werbekuchen, die Fellner'sche Mediengruppe Österreich bekam 5,6 Millionen Euro, dicht gefolgt von Heute mit 5,5 Millionen Euro. Auch die Styria-Gruppe konnte mit ihren Medien gut mitschneiden: Auf die Kleine Zeitung entfielen 3,1 Millionen, auf die Presse 2,1 Millionen und übrige Medien konnten insgesamt mindestens 5,5 Millionen Euro für Regierungsinserate in Rechnung stellen. ProSiebenSat1.Puls4 bekam 2,4 Millionen Euro für Regierungskuchen, in den OÖ Nachrichten wurde um 1,7 Millionen Euro geschaltet. Beim Standard und Russmedia inserierten die Ministerien im vergangenen Jahr ex aequo um 1,5 Millionen Euro und bei den Regionalmedien Austria um 1,4 Millionen Euro.

Wien als Spitzenreiter bei Werbeausgaben 

Im Bundesländervergleich zeigt sich auch ein signifikanter Anstieg bei den Buchungen: Insgesamt buchten die Länder 38 Millionen Euro, was einem Viertel mehr als noch im Jahr davor entspricht. Wenig überraschend geht dabei die Bundeshauptstadt als klarer Spitzenreiter hervor. Auf die Stadt Wien entfallen mit rund 24 Millionen Euro knapp zwei Drittel davon. 

Auf internationaler Ebene zeigt sich, dass die öffentliche Hand in Österreich auch im Vergleich mit anderen Ländern sehr viel Geld für Werbung ausgibt. Die Bundesregierung unserer Nachbarn in Deutschland (das gut zehnmal größer ist als unsere Alpenrepublik, Anm.) gab Schätzungen von Medienbeobachtern zufolge im Jahr 2020 beispielsweise rund 150 Millionen Euro für Werbung aus. Im Jahr 2019 waren es dort rund 60 Millionen Euro. (rb)

www.bundeskanzleramt.gv.at

www.rtr.at

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