Die COVID-19 Pandemie hat auch auf die Immobilienmärkte weitreichende Auswirkungen, wie die aktuelle Studie von RE/MAX Europe zeigt. Kauf und Mietpreise gehen nach unten oder verlieren zumindest an Dynamik. Die Einbußen allein für die Verkäufer von Wohnimmobilien – ohne Gewerbeimmobilien – im Jahr 2020 werden europaweit bei rund zwölf Milliarden Euro – damit könnte man in der Wiener City rund 10.000 100-Quadratmeter-Wohnungen kaufen – liegen.
Befragt wurden mehr als 2.500 RE/MAX-Top-Makler aus 25 europäischen Ländern zu den Auswirkungen der Pandemie auf die jeweiligen Immobilienmärkte, die Immo-bilienwerte und die Verkaufszahlen (Transaktionszahlen).
Immopreise geben nach
Laut den Ergebnissen der RE/MAX-Europe-COVID-19-Studie geht ein Großteil der befragten Experten davon aus, dass die Miet- und Kaufpreise im Bereich Wohn- und Gewerbeimmobilien fallen werden. Im Bereich Wohnimmobilien sagen viele teilnehmenden Länder moderate Preisrückgänge voraus, wobei Wohnungen stärker betroffen sein sollen als Einfamilienhäuser.
Die Immobilienpreise, so die Schätzungen der RE/MAX-Top-Makler und die daraus abgeleiteten Berechnungen, geben Corona-bedingt in den nächsten sechs Monaten in Europa um -2,1 Prozent nach. Die Trenderwartungen der Experten sind unterschiedlich nach Immobilientypen und Regionen. So fallen die Wohnungspreise (Kauf und Miete) über Europa um -2 Prozent, die Einfamilienhauspreise um -0,6 Prozent und jene für Gewerbeimmobilien um -6,4 Prozent. Der Unterschied der Entwicklung zwischen Kauf und Miete ist vernachlässigbar: -2,4 Prozent beim Kauf und -2,3 Prozent bei der Miete (über alle Immobilientypen).
Mietwohungen: Stärkerer Preisverfall in der Stadt als am Land
Die Mietpreise im städtischen Bereich sollen um -2,1 Prozent nachgeben, in Landgebieten dagegen schwächer, nämlich um -1,9 Prozent. Bei den Mietwohnungsveränderungen (Stadt und Land) reicht die Bandbreite von -11,8 Prozent in Montenegro bis +2,9 Prozent in der Türkei. Die RE/MAX-Experten rechnen bei neuen Mietabschlüssen mit einem Rückgang für Deutschland um -0,2 Prozent, für Frankreich um -1,1 Prozent, für Italien um -3 Prozent und für Spanien um -3,7 Prozent.
Bemerkenswert auch die Einschätzung für Griechenland, Ungarn, Portugal und Rumänien: -9,3 bis -9,5 Prozent. Bei Häusern zur Miete läuft der Trend umgekehrt zu den Wohnungen: Im städtischen Bereich um -0,7 Prozent günstigere Mieten, bei Neuabschlüssen und im ländlichen Gebieten minimal stärkere Veränderungen, nämlich um -0,9 Prozent.
Eigentum: Pessimistische Griechen, optimistische Hollländer
Für Eigentumswohnungen in Stadtlagen gilt für Europa eine Preiserwartung von -1,7 Prozent, während es am Land -2,3 Prozent sein werden. Besonders negativ sehen die Griechen die Preisentwicklung für Eigentumswohnungen mit -7,9 Prozent und die Malteser mit -7,7 Prozent. Am positivsten sind die Erwartungen der Schweizer (-1,5 Prozent), der Deutschen (-0,9 Prozent), der Slowaken mit -0,5 Prozent, der Tschechen (-0,1 Prozent). Die Holländer erwarten als einzige einen Preisauftrieb, nämlich von +2,4 Prozent. Die Einschätzung der Österreicher lag zeitversetzt bei -2,9 Prozent.
Einfamilienhäuser zeigen sich als krisenfester als Wohnungen. In der Stadt gehen die Preise um -0,3 Prozent zurück, am Land um -0,6 Prozent. Während Malta und Montenegro mit Preiseinbrüchen von rund -7 Prozent rechnen, Griechenland sogar mit -9,2 Prozent, so sehen die Schweizer ein Plus von +0,7 Prozent, die Franzosen von +2,9 Prozent, die Holländer von +3,1 Prozent und die Türken sogar von +4,2 Prozent. Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas erwartet eine Preisabschwächung bei Einfamilienhäusern von -0,9 Prozent. Spanien votet mit -5,2 Prozent doppelt so pessimistisch wie Italien mit -2,6 Prozent.
Auch die von Corona gebeutelten Portugiesen zeigen sich mit -0,7 Prozent bei den Einfamilienhauspreistrends viel optimistischer als ihre viel größeren spanischen Nachbarn. Die österreichischen RE/MAX-Experten kamen auf einen Corona-bedingten Preistrend von -2,4 Prozent.
Preisstabile Baugrundstücke
Am preisstabilsten sind Baugrundstücke. Sie geben europaweit nur -0,2 Prozent im Preis nach. Besonders schwarz sehen die Entwicklung neben den Griechen und Montenegrinern, die Spanier mit -6,4 Prozent, die Italiener mit -4,5 Prozent und die Ungarn mit -4,4 Prozent. Aber viele Länder erwarten ein Preisplus. Allen voran das BIP-Schwergewicht Deutschland mit +1 Prozent. Frankreich rechnet mit +1,7 Prozent, die Niederlande mit +2,8 Prozent, Tschechien mit +3,7 Prozent, die Slowakei mit + 3,8 Prozent und Polen sogar +4,8 Prozent. Auch in Österreich lag die Prognose trotz COVID-19 im positiven Bereich, nämlich bei +0,4 Prozent.
"Obwohl zu erwarten ist, dass COVID-19 negative Auswirkungen auf die europäischen Immobilienmärkte haben wird, kann der Wohnimmobilienmarkt als relativ krisensicher eingestuft wer-den, vor allem im Vergleich zum Gewerbeimmobilienmarkt. Die Nachfrage nach Wohnimmobi-lien übersteigt in weiten Teilen Europas immer noch das Angebot. Immobilien gelten weiterhin als sichere Investmentmöglichkeit, speziell in Krisenzeiten", erklärt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von RE/MAX Austria.
Gewerbeimmobilien: Rückläufige Erwartungshaltung
Eine ganz eigene Welt sind die Gewerbeimmobilien: Für Mietobjekte rechnen die RE/MAX-Experten über ganz Europa mit einer Mietzins-Abschwächung von -6,1 Prozent, beim Kauf sogar um -6,7 Prozent. Insgesamt ist die Erwartungshaltung für Gewerbeimmobilien (Kauf und Miete) in Ungarn stark rückläufig (-13,4 Prozent). Die wirtschaftlich am stärksten Corona-geschädigten Länder kommen hier klar zutage: Spanien (-12,4 Prozent), Italien (-11,6 Prozent) und die fremdenverkehrsabhängigen Griechen (-12 Prozent), aber auch die sonst relativ entspannten Kroaten mit -10,6 Prozent.
Am Positivsten ist die Preis-Erwartungshaltung für gewerblich genutzte Immobilien noch in der Slowakei mit -3,7 Prozent, in Zypern mit -3,2 Prozent, in Deutschland (-3 Prozent) und vor allem in Holland (-0,7 Prozent). Interessanterweise reiht sich auch Frankreich, trotz massiver Corona-Betroffenheit, mit -4,4 Prozent an die fünfte Stelle unter den Ländern hinsichtlich Preistrends am Gewerbeimmobilienmarkt.
Österreichs Aussichten für Gewerbeimmobilienpreise lagen im Mai bei -8,3 Prozent und damit pessimistischer als in Bulgarien (-8,2 Prozent), Irland (-7 Prozent), Portugal und Rumänien (-7,6 Prozent), Slowenien (-7,9 Prozent) aber auch als die als besonders vorsichtig geltende Schweiz (-7,1 Prozent).
Verwerfungen dank Kurzarbeit und Unsicherheit
Als Gründe für die Verwerfungen am Immobilienmarkt nennen die RE/MAX-Experten (es waren Mehrfachantworten möglich – Anm. d. Red.) vor allem die Auswirkungen der Kurzarbeit (66 Prozent) und eine generelle Unsicherheit, wie es weitergehen wird (52 Prozent). Erst an dritter und vierter Stelle folgen unmittelbare finanzielle Aspekte: 50 Prozent bezeichnen eine schwierigere Krediterlangung und 43 Prozent eine zu geringe finanzielle Ausstattung der Käufer als entscheidendes Kaufhindernis.
41 Prozent orten einen Mangel an Zuversicht bei den Käufern und 32 Prozent finden, dass die Verkäufer sich mehr Sorgen machen. Der Shutdown und dessen unmittelbare Auswirkung, nämlich keine Besichtigungen, ist nur für 15 Prozent der Experten eine wichtige Ursache der Veränderungen. Allerdings sehen auch trotz der Herausforderungen 43 Prozent der RE/MAX-Top-Makler einen Silberstreif am Horizont und meinen, schlussendlich werden sie dieselbe Anzahl an Abschlüssen tätigen können wie bisher.
Keine Erholung 2020
"COVID-19 nimmt dem Markt viel Vertrauen. Zahlreiche Menschen haben Angst vor wirtschaftlicher Rezession und die Arbeitslosenzahlen sind deutlich gestiegen. Der Gewerbeimmobiliensektor ist von der Pandemie weit mehr betroffen, wohingegen der Wohnimmobilienmarkt stabil zu sein scheint", ist Anton Nenning von RE/MAX Austria überzeugt. "Im Allgemeinen gehen die RE/MAX-Kollegen davon aus, dass sich die meisten europäischen Länder bis Ende des Jahres nicht erholen werden. Der Immobilienmarkt hat aber bereits mehr-fach bewiesen, dass er krisensicher ist und Immobilien werden auch künftig ein gutes Lang-zeitinvestment sein, so wie sie es schon immer waren."
"Es ist auch zu früh vorherzusagen, wann der Immobilienmarkt in Europa wieder das Niveau erreichen wird, das vor Ausbruch von COVID-19 herrschte, vor allem auch deshalb, weil die Situation in allen Ländern sehr unterschiedlich ist", erläutert Bernhard Reikersdorfer abschließend. (as)
www.remax.at
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