"Das ist die komplette Medienkonvergenz"

leadersnet.at im Interview mit den WINPIN-Machern Heimo Hammer und Karl Javurek.


Mit WINPIN wurde im August dieses Jahres eine neuartige crossmediale Kommunikationsplattform aus der Taufe gehoben. Was sich genau dahinter versteckt, wie das Geschäfts- und Vertriebsmodell ausschaut, wie dies mit der Gewista zusammenhängt und wie man WINPIN am besten für die eigene Brand nutzen kann, lesen Sie hier.

leadersnet.at:
Lieber Herr Hammer, lieber Herr Javurek, WINPIN ist ja derzeit in aller Munde. Seit Anfang des Sommers lacht "Pinnie", das Gesicht der Kampagne, von Plakaten, Rolling Boards und Citylights. Könnten Sie uns bitte kurz erklären, was sich hinter WINPIN und Pinnie versteckt.

Hammer: Hinter WINPIN und Pinnie versteckt sich die modernste Kommunikationsplattform Österreichs. Wir verbinden Außen-, TV-, Print- und Radiowerbung mit Mobile Marketing, Internetkampagnen und Social Media. In dieser Konstellation ist das einzigartig, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa.

leadersnet.at: Könnte man also sagen, dass WINPIN das "Plakat 2.0" in Sachen Kundenkontakt, Medienkonvergenz und Interaktion ist? Oder anders formuliert, kommt "Out of Home" jetzt zu einem nach Hause?

Javurek: Wenn Sie so wollen, ja. Es verbinden sich die Welten. Die Außenwerbung verbindet sich mit dem globalisierten Internet. Das ist das, was man im Prinzip unter Medienkonvergenz versteht. Das ist in Wirklichkeit der internationale Schlachtruf der letzten drei Jahre. Jeder redet davon, jeder weiß, dass es kommen wird. Unser Ansatz war, dass wir jetzt nicht noch fünf Jahre darüber reden wollen, sondern es jetzt einfach realisieren. Die Dinge leben davon, dass sie nicht nur gedacht, sondern letztendlich auch umgesetzt werden. Wir haben das Ganze als Pionierprojekt gestartet und lernen permanent dazu.

Die Grundidee ist fix, hat sich auch durchgesetzt und das wird sie auch weiter machen. Was wir erreicht haben und was auch unsere Strategie war, ist, dass wir WINPIN und Pinnie bekannt machen wollten. Wir haben einen Sympathieträger binnen eines Monats in das Bewusstsein der österreichischen Bevölkerung gebracht. Das war unser Ziel. Wir wollten Pinnie und WINPIN zu einer Marke machen, die durch diesen Sympathieträger symbolisiert wird, der in den verschiedensten Formen vorkommt und eine menschliche Note hineinbringt

leadersnet.at: Wie hängen WINPIN und die Gewista zusammen? Wie sind die Eigentumsverhältnisse geregelt?

Javurek: Wir haben eine ganz eigene Konstruktion, weil wir nach wie vor ein Unternehmen sind, das sich auf das Kerngeschäft fokussiert, und noch ist es das nicht. WINPIN ist eine Tochtergesellschaft von Kraftwerk und hat neben Heimo Hammer einen eigenen operativen Geschäftsführer, Andreas Barth. Die Gewista ihrerseits hat die Markenrechte. Wir haben unsere Beziehung vertraglich geregelt, das heißt aber auch, dass sich WINPIN frei am Markt bewegen kann, aber eben auch eine besondere Beziehung und Affinität zur Gewista hat. So haben wir eine gute Balance gefunden.

leadersnet.at: Wie schaut denn das Geschäfts- und Vertriebsmodell hinter WINPIN aus? Es ist ja so, dass WINPIN als quasi Add-On für Gewista Kunden für eine gewisse Zeit gratis dazu kommt. Ebenso kann man es aber auch komplett unabhängig buchen.

Hammer: Es gibt schon direkte Kundenanfragen. Das heißt, die Auflösungskampagne der Gewista ist in Österreich niemanden verborgen geblieben. Nur zwei Wochen nach dem Start, war WINPIN 70% der ÖsterreicherInnen ein Begriff. Es gibt mehrere Nutzungsmöglichkeiten. Entweder sind die Kunden nur auf der WINPIN Plattform präsent. Beispielsweise wenn sie sagen "Es gibt eine Kampagne oder Produkt, dass möchte ich ein Quartal lang entsprechend spielen oder einen zweiwöchigen Test machen“. Die andere Geschichte ist, wenn ich eine normale Kampagne habe, bei der auf Grund meines Medienmixes Plakate keine Rolle spielen. Da hat der Kunde die Möglichkeit, Pinnie zu verwenden und ihn entsprechend mit zu nehmen. Sei es nun im TV oder anders wo. Ideal ist es für den Kunden, wenn er Out-of Home mitnimmt, weil er dann im 90. Jubiläumsjahr der Gewista, Pinnie für all seine Medien gratis benutzen kann. Das ist die komplette Medienkonvergenz.

Das zweite ist das Thema Community. Wir bauen rund um die Marken WINPIN Freunde auf. Während der letzten sechs Wochen haben wir mehr als 170.000 Leute auf der Website begrüßen dürfen. Im konkreten Fall ist es so, dass beispielsweise bauMax 18.000 und kika 20.000 Freunde bei uns haben. Die sind voll registriert, mit kompletten Namen, Adresse, Handynummer und Emailadresse, bzw. manche nur mit Telefonnummer und andere nur mit Emailadresse - das haben wir frei gestellt. Wenn jetzt bauMax sagt, dass sie gerne eine Weihnachtsaktion machen würden, gerade aber keine Plakatwelle draußen haben, dann kann er diese über WINPIN gezielt an seine Freunde kommunizieren.

leadersnet.at: Die Adressen selbst bekommt man aber nicht?

Hammer: Die bekommt er nicht. Wir sind keine Adressenverkäufer. Wir betreiben eine Community, mit der gezielt die Markenadressen angesprochen werden können. Wenn jetzt OBI oder Hornbach kommen würden, hätten diese natürlich keinen Zugriff darauf. Sie müssten erst ihre eigene Community aufbauen.

leadersnet.at: Stichwort Community. Wie gestaltete sich dort der Entwicklungsprozess?

Hammer: Wir lernen zurzeit sehr viel von Facebook, wo die Leute die unterschiedlichsten Werbeformen oder ähnliches kommentieren. Dort merken wir vor allem, was die Leute im Endeffekt wirklich wollen. In den ersten sechs Wochen haben sich zwei Gruppen herauskristallisiert: Frauen sind hauptsächlich über das Web aktiv, während Männer unter 25 Jahren verstärkt die App nutzen. Jetzt müssen wir schauen, dass wir diese beiden Gruppen mit entsprechend guten Angeboten versorgen. Das was bei Karl Javurek mit Plakaten gestartet wurde läuft bei uns jetzt übers Web und Facebook weiter. Spannend war es bei der Bank Austria zu sehen, die nur an bestimmten Stellen den WINPIN Code dazugegeben haben. Rund 4.800 Leute haben bei der Kampagne mit gemacht. 800 davon haben den Code direkt vom Plakat eingegeben. Die restlichen 4.000 haben es über die Community gemacht. Da merkt man, selbst wenn die Menge nur klein ist, hat die Community schon jetzt die Kraft, etwas dazu zu geben.
Bei anderen war es wieder genau umgekehrt. Unser Lieblingsbeispiel, die Ottakringer-Kampagne, die wir am 16. August frei geschalten haben. Schon am1 9. waren dann alle Bier-Cooler weg. Wir haben 4.500 Bier-Cooler ausgeschickt, die Kampagne war fast zu erfolgreich.

leadersnet.at: Welche Erfahrungen und Erfolge zeigen sich hier in der Praxis?

Javurek: Jedes Medium hat seine Wirkungsweisen. Es funktioniert, wenn ich nur über die Internetplattform gehe und es funktioniert wenn ich nur über das Plakat gehe. Der echte Durchbruch ist aber der, wenn beides zusammen spielt. Das ist der echte Mehrwert.

Worauf wir auch sehr stolz sind, ist dass wir, abgesehen von der Teaser-Kampagne, noch nicht einmal vier Wochen im Geschäft sind. Es ist uns in dieser kurzen Zeit gelungen die absoluten Premium-Marken Österreichs wie bauMax, kika, Lauda, Ottakringer, Intersport, Nordsee, Bank Austria in dieses System zu bringen. Unser Ansatz ist, dass wir ein System bilden, bei dem sich die Marken flexibel einklinken können.

leadersnet.at: Im Gespräch vor dem Interview meinten Sie, dass Ihr Schweizer Kollege gerade da war. Glauben Sie, dass WINPIN ein Exportprodukt werden könnte und das System auch auf andere Märkte umlegbar wäre?

Javurek: Ich glaube schon. Die Schweizer Kollegen haben beispielsweise schon sehr viel Erfahrung mit Virtual Reality und mit Internetkonvergenz. Sie sind aber immer den Traditionellen B2B-Weg gegangen. Das bedingt aber immer eines: Jedes Mal den Kunden neu zu informieren und den Weg zu erklären. Vor allem muss es aber immer "local based" sein. Das heißt, egal wie einfach der Weg ist, immer muss sich jemand hinstellen und das System erklären.
Wir sind den B2C-Weg gegangen und haben eine Marke gebildet. Wir kommunizieren – "Hier bist du in einer Top-Markenplattform dabei". Das ist das wirklich Neue, alles was wir technisch anbieten, ist ein Mix aus Bewährtem und Neuem. Das was wir neu anbieten ist die Fokussierung auf eine Marke - und die ist uns wirklich gelungen.

leadersnet.at: Also eine wirkliche Vorreiter-Rolle, die es in der Schweiz oder Deutschland so noch nicht gegeben hat.

Hammer: Es gibt zwei Effekte: Erstens arbeiten wir mit einer Marke und einem Sympathieträger mit Wiedererkennungswert, der für zwei banale Dinge steht. "Jede Marke, die mit mir kombiniert wird, bietet Dir einen Vorteil" und "Welchen Kanal Du nutzt, also ob SMS, Internet, Mobile Web, etc, entscheidest Du". Beim Schweizer-Beispiel ist es so, dass das Symbol nicht klar ist und das man immer wieder einen neuen Weg lernen muss. Wir haben gesagt, dass wir eine Marke bekannt machen, die andere Marken zum Vorteilsdialog verwenden können, für die Konsumenten und die Marke selbst. Das Ganze ist einfach. Eine SMS schicken kann jeder.

Javurek: Das schöne an dieser Marke ist, dass sie im Prinzip neutral ist, sich aber immer in das Produkt verwandeln und mit ihm kommunizieren kann. Obwohl sie eine eigene Marke ist, ist sie jederzeit in die Markenwelt hereinholbar. Das einzige was sie wirklich mitbringt ist, dass sie "lieb und sympathisch" ist.

leadersnet.at: Welche Kooperationsmodelle gibt es bzw. wie können die Brands die WINPIN Plattform nutzen?

Hammer: Unsere große Herausforderung war es ja, wie Pinnie mit etablierten Marken zusammenarbeiten kann. Da gibt es prinzipiell drei Modelle. Das erste, das beispielsweise Intersport gewählt hat, ist uns das liebste. Es gibt ein fertiges Sujet und Intersport hat uns gefragt, ob sie den Helm, welchen sie tatsächlich ausspielen, dem Pinnie aufsetzen können. Gleichzeitig haben sie den QR-Code von uns verwendet, mit dem man genau auf die Seite kommt, auf der Intersport mit WINPIN ist. Dass heißt, die Agentur und der Kunde habe das komplett verstanden worum es geht.

Javurek: Die zweite Gruppe ist jene, die WINPIN als Dialog gut findet, aber der Meinung ist, dass es das Design des Plakats zerstört, was vollkommen legitim ist. Da stellt man es daneben einfach dazu. Die haben die Möglichkeit ihr Plakatsujet zu fahren und WINPIN nicht über den doppelten Zugang, das heißt "Ich seh‘s und geh dann hinein", sondern den Zugang über die bestehende Community zu nutzen.

Hammer: Die dritte Möglichkeit ist die, dass wenn die Außenwerbeform gerade nicht am Plan ist - sprich ich habe meine zwei, drei Flights gerade gemacht, möchte aber noch eine Aktion machen, bei der ich den Kunden am POS bekomme -  man sein Angebot auf winpin.at vorstellt.

leadersnet.at: Stehen damit nicht auch die Kunden vor neuen Herausforderungen?

Javurek: Einen Punkt zur Wirkungsweise möchte ich noch anmerken: Es ist natürlich auch eine neue Herausforderung an die Kunden. Das was wir ihnen anbieten ist, dass sie risikolos in die Welt der mobilen Kommunikation eintreten können. Wir übernehmen das Risiko. Das was die Kunden lernen müssen, ist der Umgang damit. Die Kunden selbst müssen ihre Hausaufgaben machen, aber je früher sie damit beginnen, desto besser, weil sie es in Zukunft bitter brauchen werden.

Der zweite Aspekt ist jener der Preise. Je attraktiver die Preise sind, desto mehr und attraktivere Kommunikation findet statt. Abspeisen mit irgendwelchen "Ramschartikeln" funktioniert nicht. Denn die Leute da drinnen (deutet auf Smartphone) sind gnadenlos und sagen "Interessiert mich nicht, behaltets euch das". Da hat dann der Unternehmer zusätzlichen Schaden produziert.

leadersnet.at: Helfen sie den Unternehmen und beraten diese dann auch?

Javurek: Natürlich, die Kampagnen entstehen in engster Kooperation mit unserem WINPIN Team, inklusive auch unserer Beratung. Das sind Produkte, die nicht von der Stange stammen. Das ist kein Fernsehspot, bei dem  ich einmal in die Liste schaue und sage "Ja Primetime, 19:27 kostet mich so und so viel, Knopfdruck und hinschicken." Das sind Produkte, die erarbeitet werden müssen. Wer hier als erster beginnt, wird später die Nase vorne haben.

leadersnet.at: Anfänglich hat es Kritik in Punkto Datenschutz gehagelt, worauf man sehr schnell reagiert und ein Gutachten von der ARGE Daten angefordert hat, das im Endeffekt positiv ausgefallen ist und die Gesetzeskonformität bestätigt hat. Uns würden jetzt zwei Sachen interessieren. Erstens: war die Kritik Ihrer Ansicht nach berechtigt? Zweitens: Generell fällt auf, dass WINPIN und das Team dahinter sehr schnell auf Kritik oder Anfragen aus den unterschiedlichsten Social Media Kanälen reagiert. Wie viele Personen stecken dahinter und ist schnelle Reaktion auf Anfragen ein "Must“ wenn man sich in diesem Umfeld bewegt?

Hammer: Web 2.0 ist Kritik ernst nehmen. Es gibt ja viele Firmen am Markt, die 08/15 Textbausteine haben, um Anfragen zu beantworten. Das ist eine Todsünde. Wenn man das macht, hat man tausende Postings, in denen sich die Leute über einen aufregen. Wir sind ja hier in einem Feld tätig, in dem  Kraftwerk die Kernkompetenz hat. Das machen wir laufend.

Zu der Kritik muss man zwei Dinge sagen. Ich habe die ARGE schon im Vorjahr gefragt, ob sie Referenzen haben, die wir verwenden können. Da gab es noch nichts, woraufhin wir mit einer Anwältin Richtlinien erarbeiteten. Beim Launch kamen die Bemängelungen sehr stark aus der Blogger-Szene. Dabei ging es um zwei Punkte. Das eine war, welche Daten gespeichert und welche verkauft werden. Das zweite Thema war, dass Daten auf anderen Plattformen veröffentlicht werden, ohne dass der Betroffene es weiß. Am 23. August beauftragten wir Dr. Zeger, dass er Empfehlungen ausarbeiten soll, um WINPIN zur kundenfreundlichsten Plattform Österreichs zu machen. Diese wurden umgesetzt und von der Community sehr gut aufgenommen.

Bezüglich der Veröffentlichung der Fotos haben wir die Kritik sofort angenommen. Wenn Anregungen in eine konstruktive Richtung gehen, nehmen wir sie gerne an. Bei uns wird kein einziger Datensatz verkauft, kein einziger Datensatz an Partner weiter gegeben.

Das zweite Thema ist jenes der Reaktion auf Kritik. Wir machen das sehr offen. Bei uns auf Facebook sieht ja jeder, wer Kritik äußert und wie wir damit umgehen. Das ist auch ein "learning" für die Firmen, die bei uns mit dabei sind.

leadersnet.at: Vielen Dank!

www.winpin.at

www.kraftwerk.co.at

www.gewista.at

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