"100 Prozent Bio-Landwirtschaft in Österreich möglich"

Neue Studie der BOKU: Ausschließliche Versorgung Österreichs mit heimischen, biologisch hergestellten Lebensmitteln möglich.

Die Landwirtschaft in Österreich und auf der ganzen Welt ist mit einer Reihe großer ökologischer und sozialer Probleme konfrontiert. Hierzu zählen unter anderem Klimawandel und Klimawandelanpassung, die Zunahme von Bodenerosion, Humusabbau und Bodenversiegelung, der Verlust der Biodiversität aber auch der Rückgang landwirtschaftlicher Betriebe vor dem Hintergrund eines internationalen Wettbewerbsdrucks.

Eine neue Studie der BOKU (Universität für Bodenkultur Wien) ist der Frage nachgegangen, inwieweit eine vollständige Umstellung auf Biologische Landwirtschaft die Ernährung der österreichischen Bevölkerung sicherstellen könne.

Die Biostudie kommt zum Schluss, dass eine flächendeckende Umstellung auf biologische Landwirtschaft die Nahrungsmittelversorgung der gegenwärtigen österreichischen Bevölkerung sicherstellen kann, bereits wenn die vermeidbaren Lebensmittelabfälle um 25 Prozent oder der Fleischkonsum um zehn Prozent reduziert wird. Letzteres wäre auch für die Gesundheit der Bevölkerung von großer Bedeutung, denn der Fleischkonsum in Österreich sei dreimal höher als empfohlen und für verbreitete schwere Gesundheitsprobleme verantwortlich.

Beitrag für langfristige Ernährungssicherung Österreichs

Thomas Lindenthal, Studienautor und interimistischer Leiter des Zentrums für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit an der BOKU: "Die Landwirtschaft in Österreich – aber auch europaweit und global – ist mit einer Reihe sehr großer ökologischer und sozialer Probleme konfrontiert. Eine Umstellung auf 100 Prozent Biolandbau in Österreich wäre hierauf eine wichtige und wirkungsvolle Antwort. Damit könnten bedeutsame Beiträge für die nachhaltige Entwicklung in Österreich  – ökologisch, ökonomisch und sozial – sowie für die langfristige Ernährungssicherung Österreichs geliefert werden."

Auch Studienautor Martin Schlatzer ortet bei der Reduktion von Fleischkonsum großes Potential: "Österreich importiert pro Jahr mehr als eine halbe Million Tonnen an GMO-Soja, aus Brasilien, Argentinien und den USA. Gerade diese sogenannte Eiweißlücke könnte in einem biologischen sowie stark fleischreduzierten Szenario vermindert oder geschlossen werden."

Schlatzer weist weiters auf die positiven gesundheitlichen Effekte dieser Umstellung hin, da die in Österreich derzeit verzehrte Menge an tierischen Produkten deutlich über den Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung liegt.

Politik in der Pflicht

"Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass der Wandel zu einer weniger intensiven, an Nachhaltigkeit orientierten Landwirtschaft für unser Land viele Vorteile bringen würde", fasst Hildegard Aichberger, Geschäftsführerin der Initiative Mutter Erde die Ergebnisse der Biostudie zusammen. Die Konsumenten würden von gesunden Lebensmitteln und mehr Transparenz profitieren, die Umwelt von weniger Intensität, die Landwirte von höherer Wertschöpfung und die Österreicher und Österreicherinnen von intakter Natur und geringeren Kosten, ist Aichberger überzeugt.

Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftssprecher von Greenpeace, sieht jetzt die Politik gefordert. Die Studie zeige, dass 100 Prozent biologische Landwirtschaft eine langfristige Vision ist, die möglich sei. Den wichtigsten Rahmen setze hier die Politik. "Sie entscheidet wer Agrarfördungen erhält und damit welche Art des Wirtschaftens mit Steuergeld belohnt wird", erklärt Theissing-Matei.

Auch die öffentliche Hand als wichtiger Abnehmer von Lebensmitteln sieht Theissing-Matei in der Pflicht: "Außerdem kann die Politik den Markt für biologische Produkte auch ganz direkt weiterentwickeln. Jedes Jahr stellt die öffentliche Hand in ganz Österreich mehrere hundert Millionen Essen zur Verfügung, etwa in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern oder Heimen. Auch hier kann also durch die öffentliche Beschaffung gezielt die biologische Landwirtschaft gefördert werden." (as)

www.boku.ac.at

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