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"Mit Soft Skills zu Profit und Wachstum" - Matschnig im leadersnet.at Interview
Die Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft in Österreich gehört zur weltweit tätigen Zurich Financial Services Group und beschäftigt etwa 1.200 Mitarbeiter. Die verrechneten Bruttoprämieneinnahmen 2010 in der Schaden-Unfall-Versicherung haben 389 Millionen Euro erreicht, in der Lebensversicherung wurden an verrechneten Prämieneinnahmen 170 Millionen Euro verbucht.
Die Zurich ist als einzige Versicherung einer der "Besten Arbeitgeber Österreichs 2011". leadersnet.at hat mit Zurich CEO Gerhard Matschnig über die Zusammenhänge zwischen Involvement, Kreativiät und Leistungskultur gesprochen.
leadersnet.at: Lieber Herr Matschnig, die Zurich Versicherung weist ein überdurchschnittliches Wachstum auf. Einen ganz entscheidenden Punkt hierbei stellt die Mitarbeitermotivation dar. Wie motiviert man in einem vertriebsorientierten Unternehmen?
Gerhard Matschnig: Ich sehe uns nicht als vertriebsorientiertes Unternehmen, sondern
als kundenorientiert, wobei ich die Kunden als interne und externe Kunden sehe. In einer Zeit, in der jeder sehr viel Wert auf optimierte, kostengünstige Prozesse und messbare Erfolge legt, wollte ich mit Soft Skills punkten. Wenn man von Soft Skills spricht, meint man Unternehmenskultur und Involvement der Mitarbeiter. Wir sind in unserer modernen Welt in einem großen Zwiespalt zwischen gesteuerten, zentralisierten Prozessen und der Frage "Wie schaffe ich es in dieser von Technologie und Kostendruck getriebenen Welt eine hohe Motivation zu erzeugen?" Die zentrale Problematik hierbei ist, wie sehr die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters geschätzt wird.
Es beginnt mit der positiven Wahrnehmung der Leistung und deren Wertschätzung in der firmeninternen Öffentlichkeit. Dementsprechend gibt es monatlich Success-Stories von einzelnen Mitarbeitern. Beim ganzen Bereich der Wertschätzung geht es einfach auch darum, wie schnell man Informationen bekommt, wo und wie rasch man seine Anliegen anbringen kann und wie kurz die Wege im Unternehmen sind. Wertschätzung bedeutet auch eine sehr breite, offene Kommunikation. So spreche ich persönlich mindestens zweimal im Jahr mit 1200 Mitarbeitern in dreistündigen Sessions in Gruppen von 50 - 60 Leuten. Dort beantworte ich eine Stunde lang alle Fragen, die aufkommen und den Leuten am Herzen liegen. Sie erfahren alles, sie bekommen alle Informationen– das verstehe ich unter Wertschätzung.
leadersnet.at: Welche Rollen spielen Führungskräfte in diesem Konzept?
Gerhard Matschnig: Die Führungskräfte sind dafür zuständig, dass die Mitarbeiter selbstverantwortlich arbeiten können. Die Arbeit einer Führungskraft soll nicht aus 80 Prozent Kontrolle bestehen, sondern darin, die Leute mit einem guten Coaching kreativ arbeiten zu lassen. Da bin ich schon bei einem nächsten Stichwort – Kreativität. Wie fördere ich in einem Unternehmen Kreativität? Wenn ich ein Unternehmen sehr zentralisiert führe, geht die Kreativität von einer kleinen Gruppe aus. Ich möchte aber die Kreativität von 1200 Personen nützen und auch fördern. Das geht aber nicht mit standardisierten Prozessen à la "Bringen Sie ihre kreative Idee des Monats ein", sondern nur wirklich motivierend. Auch die Vorgabe eines neuen Themas mit Rahmenbedingungen bringt Einschränkungen der Kreativität. Rahmenbedingungen gehören einfach weg. Es gibt auch sehr viel Angst vor Kreativität, die man den Leuten nehmen muss.
leadersnet.at: Sie haben Involvement erwähnt. Ist damit gemeint, dass jeder sich so fühlt, als ob es seine eigene Firma wäre?
Gerhard Matschnig: Ja genau, das ist das Ziel. Wir versuchen über unser Talent-Management und unsere Entlohnungskultur variable Bezüge ganz breit auszurollen. Wir sind heute soweit, dass wir bei der Hälfte unserer Mitarbeiter im Innendienst variable Gehaltsbestandteile haben, mit Zielen, die sie sich zum Teil selber definieren, die messbar sind und verfolgt werden.
leadersnet.at: Gilt das auch für Mitarbeitergruppen, die normalerweise keine variablen Gehaltsbestandteile haben?
Gerhard Matschnig: Genau – Sachbearbeiter, Sekretariate, Marketingmitarbeiter beispielsweise. Da gehen wir sehr weit hinunter und versuchen Teile des Fixgehaltes in variables Gehalt umzumünzen, um eine Leistungskultur zu erreichen. Involvement heißt nämlich auch Leistungskultur. Dazu bekennen wir uns ganz klar. Wir wollen gewinnen als Unternehmen und wir wollen Mitarbeiter, die bereit sind zu gewinnen. Gewinnen bedeutet aber natürlich auch mehr Einsatz.
leadersnet.at: Eines Ihrer Erfolgsprojekte ist ja, dass Sie ein hausinternes Fitness-Studio errichtet haben. Macht sich das kostenlose Relaxen und Trainieren auch bezahlt?
Gerhard Matschnig: Ich denke wenn man viel Leistung fordert, muss man auch etwas Zusätzliches anbieten. Das ist unser Bereich Gesundheitsmanagement, für den wir auch ausgezeichnet wurden und Förderungen vom Staat bekommen. Gesundheitsmanagement ist mehr als nur ein Fitness-Studio. Da geht es darum, wie gesundes Führen ausschaut, zum Beispiel wie man präventiv Burn-Out-Syndrome vermeidet oder was Stresssituationen in der Führungsarbeit auslöst. Gesundheitsmanagement bedeutet auch Ernährungsberatung und zu lernen, dass Pausen auch wichtig sind.
Wir bieten sehr viele Kurse, die übrigens alle ausgebucht sind, an. Vor der Arbeit, in der Mittagspause oder nachher – Yoga, Qui Gong, Rückenfitness und Powertrainings, an denen der Vorstand mit den Mitarbeitern teilnimmt. Wir können zwar die Arbeitsbelastung und den Druck nicht wegnehmen – unsere Leistungsgesellschaft bedeutet eben Druck - aber wir wollen wie im Leistungssport Techniken bereitstellen, damit umzugehen.
leadersnet.at: Auf dem Weg nach oben haben Sie die Devise "Fünf Prozent plus" ausgegeben. Dann ist die Wirtschaftskrise dazwischen gekommen und Sie haben es trotzdem geschafft. Liegt dies an der Implementierung der Soft Skills?
Gerhard Matschnig: Wir haben mit dieser Kultur einfach Unglaubliches bewegt. D.h. über viele Jahre zwei-, drei-, vierfach über Markt zu wachsen, parallel dazu die Profitabilität des Unternehmens zu erhöhen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, eine Marktanteils-Marke zu erreichen, die eben fünf Prozent lautete. Das war beinahe eine Verdoppelung unserer Größe in einem Zeitraum von acht Jahren. Genau zu diesem Zeitpunkt, als wir das Ziel erreichten, hatten wir auch zugleich die größte Profitabilität des Unternehmens. Ich glaube, das ist etwas, was kaum jemand nachmachen kann. Meine Mitarbeiter haben mich immer gefragt „Ja was ist, wenn wir dieses Ziel erreichen?“ und ich habe geantwortet "Dann gibt es ein Fest". Also keinen Bonus, keine Ausschüttung mit 500 Euro am Gehaltszettel, sondern ein Fest.
leadersnet.at: Zum großen "Belohnungsfest" wurde ja erstmals die gesamte Belegschaft aus ganz Österreich eingeladen. Welche Idee stand dahinter und wie ist das Fest über die Bühne gegangen?
Gerhard Matschnig: Es war der Gedanke, dass es ein Fest sein soll als Dankeschön für Mitarbeiter, aber auch von ihnen. Wir haben die Idee geboren, dass jede Landesdirektion, aber auch jede Abteilung in Wien, eine Performance auf der Bühne macht. Auch hier ist es wieder um die Kreativität gegangen. Wir haben nichts vorgegeben, es war völlig frei. Was die Mitarbeiter auf die Bühne gezaubert haben war unfassbar und unglaublich toll. Es war der mit Abstand größte Team-Building-Prozess, den wir je in Österreich gestartet haben. Es war sozusagen ein Fest für 1600 Leute, an dem 500 aktiv involviert waren. Da sieht man was Involvement heißt - nämlich das Involvieren der Mitarbeiter. Die nächsten zwei Monate waren von den Umsatzzahlen her, die erfolgreichsten, die wir je hatten.
leadersnet.at: Das gelungene Fest animierte Sie zu neuen Zielen? Was ist Ihre Vision?
Gerhard Matschnig: Eine Milliarde Prämie. Das ist wieder eine Verdoppelung dessen, was wir jetzt haben. Das ist dann praktisch in zehn Jahren, wenn ich in Pension gehe. Das Lustige ist, dass die Leute jetzt nicht mehr sagen, dass es um die Verdoppelung gehe, sondern "Das machen wir für den Matschnig".
www.zurich.at