Christopher Sima, Geschäftsführer der United Internet Media Austria GmbH, der österreichischen Vermarktungstochter der United Internet Media AG, kennt den heimischen Onlinewerbemarkt seit dieser noch "in den Kinderschuhen steckte". leadersnet traf den Experten zum Interview über Rekorde in der Reichweitenmessung, "Inbox Ads", die Verlagerung des Webtraffics auf mobile Geräte, warum die Werbeabgabe für Online-Medien eine enorme Gefahr für die heimische Wirtschaft darstellt und wie der VÖZ gemeinsam mit den Branchenverbänden der digitalen Wirtschaft dagegen ankämpfen sollte.
United Internet Media (UIM) ist der exklusive Mediavermarkter der United Internet AG mit den beiden Produktsäulen Branding und Dialog. Zum Angebot gehören beispielsweise konzerneigene Portale wie GMX , Partnerportale wie Das Telefonbuch, Das Örtliche und Gelbe Seiten sowie die Werbenetzwerke AD Europe und AD Europe Global.
leadersnet: Nach den jüngsten Daten klettert United Internet Media in Deutschland rasant nach oben. Kann für Österreich Ähnliches gesagt werden?
Sima: Tatsächlich konnte United Internet Media bei der Reichweitenmessung der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung – dem deutschen Gegenstück zur ÖWA – einen neuen Rekord vermelden. Dort treibt vor allem das mobile Wachstum der Apps die Gesamtreichweiten nach oben. Von diesem Effekt der ‚mobile Transition‘ profitieren wir auch in Österreich. Umso erfreulicher ist es, dass erstmals die iOS-App von GMX in der aktuellen Welle der ÖWA Plus mitgemessen wurde. Dadurch alleine stieg unsere mobile Reichweite auf Monatsbasis von rund 435.000 auf nun 522.000 Unique User im Vergleich zur Vorwelle an. Das war aber nur ein Vorgeschmack, denn ein noch stärkerer Reichweitensprung ist vorprogrammiert: In einer der nächsten Wellen erfasst die ÖWA auch unsere Android-App. Die Android-Geräte haben laut internen Berechnungen bei den mobil genutzten Betriebssystemen einen Anteil von weit über 60 Prozent. Der Ruf am Markt nach einer Messung der gesamten Marktteilnehmer wird in Österreich auch immer lauter – die ÖWA stellt ja nur einen kleinen Teil der gesamten Nutzung der Medien dar. Der Auftrag der Werbetreibenden und Agenturen lautet ganz klar, weiter die Transparenz und die Detailtiefe der Daten zu erhöhen.
leadersnet: Sind Sie denn über das App-Wachstum glücklich – die Vermarktung gilt als schwieriger?
Sima: Wir verfügen über eine stabile Gesamtreichweite, die bei über 1,7 Millionen Unique Usern liegt. Diese enorme Cross-Device-Reichweite lässt sich dank eigens entwickelter Multi-Screen-Formate ausgezeichnet vermarkten. Das lässt sich anhand unserer Wachstumsdaten in der Spendings-Studie von Werbeplanung.at belegen. Dort liegen wir stets auf einem der vordersten Plätze. Auch in Sachen Image, Service und Qualität platzieren wir uns in den Vermarkterstudien der verschiedenen Agenturen immer vorne. Die Top Platzierungen bei diesen Marktstudien helfen uns dabei, unsere Kunden besser zu verstehen und entsprechende Produkte auf den Markt zu bringen. Das führt naturgemäß dann auch zu einer effizienten Monetarisierung unserer wachsenden Reichweiten – sowohl im stationären, aber vor allem auch im mobilen Bereich.
leadersnet: Worin liegt das Geheimnis des Erfolges der App-Reichweiten?
Sima: Auf den ersten Blick handelt es sich bei der Verlagerung des Webtraffics auf mobile Geräte um einen generellen Trend. Um die Gunst der User und deren Nutzungszeit herrscht jedoch ein enormer Wettbewerb, in dem nur die besten Dienste bestehen. Bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass wir viel in unsere GMX App investieren und diese kontinuierlich ausbauen, um Nutzerfreundlichkeit, Performance, Sicherheit und die Services selbst zu verbessern. Neben dem E-Mail-Dienst enthält die Anwendung seit letztem Jahr auch die Magazin-Seiten und eine Messenger-Funktion. Aktuell haben wir zudem unseren Cloud-Service integriert – das GMX MediaCenter. Damit lassen sich Dateien wie Bilder, Dokumente und Videos speichern und mit anderen Nutzern teilen. Die App als All-in-One-Hotspot verfügt gleichzeitig über eine Verschlüsselung auf Basis der bewährten und zuverlässigen PGP-Technik. Dieses Paket honorieren unsere Nutzer. Die steigenden App-Reichweiten sprechen für sich.
leadersnet: Welche Vorteile brachte die Erweiterung der Apps um die Features "Magazin" und "Messenger"?
Sima: Mit diesen Erweiterungen können wir die GMX Nutzer mit weiteren Services bedienen. Dank leistungsfähigerer Geräte und Tarife sowie einer größeren Abdeckung durch W-LAN rufen mobile User Inhalte jeder Dateigröße ab. Für jede Nutzungssituation bieten wir den passenden Service. Natürlich kommen unsere Kunden hauptsächlich und regelmäßig wegen des E-Mail-Service auf die Website, können dann aber auch über den Messenger direkt kommunizieren und sich auf den Magazinseiten über aktuelle News informieren. Für eine umfassende Berichterstattung unterhalten wir eine eigene Redaktion mit 50 Kollegen, die sich auch um lokale Themen kümmert. Zudem kooperieren wir mit namhaften Redaktionen, wie beispielsweise Spiegel Online. Der Traffic eigenproduzierter Inhalte liegt übrigens bei stolzen 60 Prozent. Und laut Digital News Report nutzen 20 Prozent aller österreichischen Internetnutzer unser Nachrichtenangebot wöchentlich. Aus Sicht der Werbekunden haben wir damit auch hochattraktive Content-Umfelder geschaffen, in denen sie ihre Botschaften mit einer breiten Palette an Werbeformaten vermitteln können.
leadersnet: Gibt es Werbeformen, die besonders erfolgsversprechend sind?
Sima: Besonderer Beliebtheit erfreut sich derzeit bei unseren Werbekunden das Understitial. Das großformatige und responsive Branding-Format, das auf allen Bildschirmgrößen funktioniert, erscheint erst nach und nach während des Scrollens auf der Seite. Durch diese native Einbettung ‚unterhalb‘ des Contents entstehen keine wahrnehmbaren Reaktanzen. Durch den Einsatz unserer Targeting-Technologie TGP kann die gewünschte Zielgruppe exakt angesprochen werden – dank unserer bekannten hohen Datenqualität. Extrem hohe Wachstumsraten verzeichnet auch das Infeed-Format Inbox Ad. Das multi-screen-fähige Werbemittel spielen wir direkt im Posteingang aus. Werbungtreibende erreichen die Nutzer damit unmittelbar in ihrem E-Mail-Newsfeed.
leadersnet: Hat das Format "Inbox Ad" echtes Wachstumspotenzial?
Sima: Das Format entfaltet nun eineinhalb Jahre nach dem Launch erst seine volle Kraft. Fallstudien mit Top-Kunden wie McDonald’s, Microsoft und Volkswagen belegen die starke Werbewirkung. Die Kunden der Inbox Ad kommen praktisch aus allen Branchen. Das liegt daran, dass sich das Format sowohl für Branding- als auch für transaktionsorientierte Kampagnenziele einsetzen lässt. Dabei profitieren die Werbekunden vom geringen Kreationsaufwand, da sich das Werbemittel in bester Multi-Screen-Manier auf alle Plattformen portieren lässt. Um die Kreation noch weiter zu vereinfachen, haben wir aktuell auch den Inbox Ad Baukasten gelauncht. Mit diesem Kreations-Tool können Werbekunden und Agenturen das Format ganz ohne Programmierkenntnisse selbst gestalten.
leadersnet: Wie profitieren die Werbekunden von diesem Baukasten?
Sima: Mit dem Kreations-Tool lässt sich der Aufwand für die Werbemittelproduktion minimieren und gleichzeitig die Kontrolle erhöhen. Werbekunden und Agenturen müssen lediglich in Vorlagen ihre gewünschten Inhalte eintragen und Bilder hochladen. Ein Vorschaufenster zeigt nach jedem Produktionsschritt, wie die Inbox Ad bei den Empfängern im digitalen Posteingang aussehen wird. Inbox Ads aus dem Baukasten sind ebenfalls multi-screen-fähig und funktionieren auf stationären PCs, Tablets und Smartphones – eine separate Anpassung für Websites und Apps ist nicht notwendig. Die Verwendung des Baukastens ist gratis, somit fallen für die Programmierung der Werbemittel keine externen Kosten an. Nach einer Prüfung durch United Internet Media steht das Werbemittel direkt für die Planung der Kampagne auf GMX.at mit seinen zwei Millionen Postfächern in Österreich bereit. Viele Kunden haben mit dem Tool bereits gearbeitet und erfolgreich Kampagnen realisiert.
leadersnet: Wie ist die Situation der Multi-Screen-Nutzung einzuschätzen?
Sima: United Internet Media hat auf die Entwicklung hin zur Multi-Screen-Nutzung sehr schnell reagiert. So wurden schon frühzeitig entsprechende Produkte und Werbeformate zur Verfügung gestellt, die allesamt sehr gut gebucht werden. Durch pseudonymisierte Daten können wir Nutzer zudem gezielt und datenschutzkonform über verschiedene Endgeräte hinweg in einer zuvor definierten Kontaktdosis und Reihenfolge ansprechen. Bei unserem Format Multi Screen Storytelling bauen die Werbebotschaften etwa aufeinander auf – je eine spezielle Botschaft für den jeweiligen Screen.
leadersnet: Dabei beziehen Sie auch den Fernseher mit ein. Kann man die Synchronisation von TV- und Onlinewerbung richtig in den Griff bekommen?
Sima: Die separate Lieferung und manuelle Anpassung von TV-Schaltplänen entfällt komplett. Stattdessen haben wir ein effektives und smartes System entwickelt und ermöglichen die TV-Synchronisation von Online-Werbung sogar in Echtzeit. Ein Technologiepartner scannt dazu laufend die relevanten TV-Programme. Dabei erfasst das System automatisch die Spots und ordnet sie den entsprechenden Werbungtreibenden zu. Die Ausspielungsdaten werden anschließend an unseren AdServer übermittelt, der dann die passenden digitalen Anzeigen auf unseren Websites und mobilen Angeboten ausspielt – in nahezu allen Fällen mit unserem Qualitäts-Targeting. Einfacher geht’s nicht, wenn Werbetreibende ihre TV-Kampagnen auf PC, Tablet und Smartphone effektiv verlängern wollen, um die Wirkung zu multiplizieren. Gerade unser E-Mail-Portal bietet sich für die TV-Synchronisation an, da das E-Mails-Checken zu den am meisten genutzten digitalen Aktivitäten in der TV-Werbepause gehört. Das kann ja auch jeder Fernsehzuschauer an sich selbst beobachten.
leadersnet: Spielen in der Customer Journey auch E-Mails eine große Rolle?
Sima: Die ÖWA hat es in der aktuellen Welle wieder bestätigt. Das Versenden und Empfangen privater E-Mails ist der Nutzungsschwerpunkt des Internets: 90,6 Prozent verwenden das Web für die E-Mail-Nutzung. Eine Schlüsselrolle fällt dabei der Digitalisierung des Handels zu. Neun von zehn Personen nutzen die E-Mail anschaffungsbezogen im Laufe des Kaufprozesses. Das zeigt unsere Studie ‚Customer Journey meets E-Mail‘. Beispielsweise vor dem Kauf zur Recherche, um bei Händlern oder Freunden Fragen zu stellen. Oder während des Kaufs, um sich im Shop zu registrieren oder die Bestellbestätigung zu checken. Oder in der Nachkaufphase als Monitoring-Tool, um etwa Sendungen zu verfolgen. All diese Touchpoints stellen für Werbungtreibende Chancen dar, um zusätzliche Angebote, Rabatte oder auch Alternativprodukte anzubieten. Die E-Mail selbst ist einer der zentralen Hubs im Internet und hat hier eine besondere Gatekeeper-Rolle übernommen – an der E-Mail kommt eben keiner mehr vorbei. Werbungtreibende haben das verstanden und buchen entsprechend Kampagnen um diesen Effekt zu nutzen.
leadersnet: Wird bei künftigen Datenschutzregelungen dem Login eine besondere Bedeutung zukommen?
Sima: Wir wissen bereits jetzt, dass Login-Dienste gegenüber anderen Diensten einen Vorteil haben. User können sich bewusst entscheiden, welche Daten sie hinterlassen wollen. Als Login-Inhaber wissen wir um die besondere Verantwortung und holen uns daher die aktive Zustimmung der Nutzer ein. Bei GMX hat der Datenschutz – anders als bei vielen US-Anbietern – einen besonders hohen Stellenwert. Nicht ohne Grund bieten wir etwa trustedServices an, einen Qualitätsstandard für sicheres Dialogmarketing mit Absenderauthentifizierung und Integritätsprüfung von E-Mails. Wir engagieren uns zudem für eine sinnvolle Umsetzung und Anwendung der Europäischen Datenschutzgrundverordnung und der E-Privacy-Direktive sowie der nationalen Öffnungsklauseln. Alle Beteiligten sollten sich über mögliche Folgen im Klaren sein: Agieren in diesen Punkten Gesetzgeber und Wirtschaft nicht Hand in Hand, könnte sich die Kluft zwischen US-Anbietern und österreichischen Unternehmen deutlich vergrößern. Die Basisdienste im Internet und der Zugang zu Nachrichten müssen weiter frei bleiben. Eine Zweiklassengesellschaft mit einem sogenannten Digital Divide wäre eine gesellschaftliche Entwicklung, die es unbedingt zu verhindern gilt.
leadersnet: Was halten Sie von der Einführung einer Werbeabgabe für Online-Medien?
Sima: Von der Werbeabgabe für Online-Medien geht eine enorme Gefahr für die heimische Wirtschaft aus: Wir investieren in Österreich in Form von Arbeitsplätzen, Unterstützung von Fachveranstaltungen und als Steuerzahler. Als Geschäftsführer von United Internet Media Austria kann ich mich den kritischen Aussagen des IAB Austria nur anschließen. Die Einführung der Werbeabgabe schadet der österreichischen Werbeindustrie. Internationale Player, die sowieso einen guten Anteil vom digitalen Werbekuchen bekommen, werden durch eine digitale Werbeabgabe weiter begünstigt. Eine spezifische nationale Abgabe ist für internationale Unternehmen nicht administrierbar oder exekutierbar, das heißt, die Forderungen können nicht eingeholt werden. Das gilt umso mehr in Zeiten des automatisierten Handels. Im Programmatic Advertising sind viele unterschiedliche nationale und internationale Player eingebunden. Der Aufwand, dies auseinanderzurechnen, wäre immens und auf Kundenbasis schlicht nicht möglich. Und auch hier würde gelten: Können Werbungtreibende die Kampagnen über internationale Player abwickeln, die nicht die Werbeabgabe einpreisen müssen, würden sie dort auch buchen. Ich kann daher vor einer Erweiterung der Werbeabgabe auf Online-Medien nur warnen. Bleibt zu hoffen, dass der Verband der österreichischen Zeitungsverleger, der diese rückständige und unsinnige Forderung auf den Tisch gebracht hat, dies auch erkennt. Der VÖZ sollte mit den Branchenverbänden der digitalen Wirtschaft gemeinsam gegen die Einführung der erweiterten Werbeabgabe vorgehen. Die Zeitungsverleger trifft die Abgabe als Betreiber von nationalen Online-Angeboten genauso wie uns als österreichischen Digital-Pure-Player. Die großen internationalen Unternehmen wären dagegen wieder einmal die lachenden Dritten. Das kann weder der VÖZ noch die Politik ernsthaft wollen.
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