„Cyber-Crime ist ein relativ junges Schadensszenario, das über die klassischen Sparten nicht abzudecken ist"

Versicherungsmakler Hubinger im Interview über Cybersecurity im Lichte der Digitalisierung, das unterschätzte Schutzpotential und wie man auf das neue Problem am besten aufmerksam macht.

Die Themen Datensicherheit aber auch Produktionsverluste durch Angriffe aus dem Cyberbereich sollten fester Bestandteil jedes Risikomanagements sein. Wie weit sind derartige Cyberrisken in Österreich aber versicherbar? leadersnet.at hat Versicherungsmakler Thomas Hubinger zum Interview getroffen.

leadersnet.at: Was bedeutet Cyber-Crime und wer kann davon betroffen sein?

Hubinger: Unter Cyber-Crime ist wohl jeder unfreiwillige Blick in unsere oder von uns gespeicherten privaten Daten gemeint, der nicht über physische Gewalt sondern über rein elektronische Wege erfolgt. In weiterer Folge führt dieser Zugang zum Missbrauch dieser Daten, zur Täuschung infolge manipulierter Daten oder zur Aussperrung aus unseren eigenen Computersystemen. Alle drei Varianten können zu Schäden im eigenen Haus oder zur Schädigung Dritter Verwendung finden. Für Letzteres kann man aus dem Gesichtspunkt der sicheren „Drittdatenspeicherung“ schadenersatzpflichtig werden.

leadersnet.at: Wie kann man sich vor Cyber-Attacken schützen?

Hubinger: Mittels guter Schlösser, wie Firewall, Virenprogramm, Schulung der Mitarbeiter und Vorsorge hinsichtlich "denial of Service" Angriffen sowie Diebstahl der Hardware (samt Software), kann man viel erreichen. Eine Lösung zum Thema "sicherer Datenaustausch mit anderen" (Schlagwort E-Mail) ist bei wechselnden Kundenverbindungen nur schwer und in Abhängigkeit der Vorsorge des Dritten umsetzbar. Wie jede Türe, ist auch der Zugang zur EDV-Anlage zwar sicherbar, aber die Möglichkeit des unbefugten Öffnens kann nicht zur Gänze ausgeschlossen werden.

leadersnet.at: Digitale Kriminalität im Versicherungswesen. Wie ist hier der Status?

Hubinger: Es gibt einige Anbieter am Markt, die auch gute Produkte und Lösungen anbieten. Insbesondere die Assistance-Leistung, vor und nach einem Leistungsfall hinsichtlich Forensik, Rechtsbetreuung und Marketing ist hervorzuheben. Die Umsätze sind wohl noch überschaubar (aktuelle Zahlen liegen meinem Büro nicht vor), allerdings steigt die Nachfrage, da mittlerweile doch immer häufiger ein „befreundetes“ Unternehmen auch schon Opfer einer Cyber-Attacke war.

leadersnet.at: Ist die Zeit eines 4-stelligen Codes endgültig vorbei?

Hubinger: Diese Frage sollte bereits seit Jahren Geschichte sein.

leadersnet.at: Die WKNÖ Versicherungsmakler positionieren sich unter dem Slogan „Richtig versichert?“ Sollte dieser künftig heißen: „Richtig Cyber-Secured“?

Hubinger: Nein, ich würde dieses Thema nicht als das große Angstthema ansehen. Historisch gesehen ist es eben ein relativ junges Schadensszenario, das über die klassischen Sparten nicht abzudecken ist. Es ist Teil des gesamten zu bedenkenden Spektrums.

leadersnet.at: Darf man sich bei den Cyber-Attacken, die im Rahmen der Digitalisierung möglich wurden, auf die Zukunft freuen oder muss man diese mit Respekt erwarten?

Hubinger: Man darf sich auf die Zukunft freuen. Wir sperren unsere Haustüren zu und werden auch noch lernen, unsere elektronischen Verbindungen an die Außenwelt zu versperren. Mit dem Restrisiko kann man gut versichert wohl auch umgehen.

leadersnet.at: Welche Funktion kann der Versicherungsmakler in Bezug auf Cyber-Security haben?

Hubinger: Er kann ein bisschen Aufklärung betreiben, indem er auf das Problem aufmerksam macht und die Geschäftsleitung im ersten Schritt dazu bringt, mit den EDV-Verantwortlichen zu sprechen (oder Fragebögen ausfüllen lässt). Sobald klar ist, dass dieses Thema, so wie Brandschutz, ein Teil des Riskmanagements darstellt, können wir diesen Bereich ganz normal in die Analyse einfließen lassen. Bis diese moderne Bedrohung tatsächlich als solche wahrgenommen wird, wird wohl noch etwas Zeit (oder unversicherter Schaden) vergehen. Aber auch die D&O Versicherung oder Absicherung reiner Vermögensschäden wurden sehr lange als Stiefmütterchen behandelt.

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