Die juristischen Probleme häufen sich
Brau Union und Heineken in der Defensive

| Wolfgang Zechner 
| 16.02.2025

Der österreichische Bier-Marktführer Brau Union und der Mutterkonzern Heineken geraten juristisch immer stärker unter Druck. In Wien begann der Prozess gegen das Unternehmen wegen des Verdachts des Marktmissbrauchs. Der Europäische Gerichtshof hat derweil in einem anderen Urteil, das KEYaccount vorliegt, festgehalten, dass im Falle von Wettbewerbsverletzungen in Griechenland die niederländische Konzernmutter haftet.


Die Brau Union ist in Österreich mit Marken wie Gösser, Puntigamer, Zipfer, VillacherWieselburger oder Reininghaus der absolute Marktführer. Seit vergangener Woche muss sich der Konzern vor dem Wiener Kartellgericht verantworten. Der Vorwurf, den die Bundeswettbewerbsbehörde erhoben hat, wiegt schwer. Die Brau Union soll ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht haben, um den Markteintritt konkurrierender Bierhersteller zu beschränken und bestehende Getränkehändler vom Markt zu verdrängen. Die Brau Union bestreitet das vehement. Sollte die Brau Union verurteilt werden, könnte das dem Unternehmen teuer zu stehen kommen. Im Falle einer Verurteilung wird wohl der Umsatz des Mutterkonzerns als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Strafe herangezogen werden. Diese kann bis zu 10 Prozent des Umsatzes betragen. Heineken erwirtschaftete zuletzt einen Konzernumsatz in der Höhe von 31 Milliarden Euro. Die Geldbuße könnte demnach bis zu 3,1 Milliarden Euro betragen.

Auch die juristische Großwetterlage ist für den Bier-Marktführer ungünstig. Wenige Tage vor dem Prozessbeginn gegen die Brau Union hatte der Oberste Gerichtshof eine vom Kartellgericht verhängte Strafe gegen den Handelsriesen Rewe (Billa, Billa Plus, Penny, Adeg, Bipa) von 1,5 Millionen auf 70 Millionen Euro drastisch erhöht. Die Vorwürfe gegen die Brau Union fallen viel gravierender aus als jene gegen die Rewe. Bei dem OGH-Urteil gegen den Lebensmittelhändler ging es im Prinzip um einen Formalfehler bei der Übernahme eines einzigen Marktes in Oberösterreich. Juristische Expert:innen gehen davon aus, dass sich das Kartellgericht nach diesem OGH-Debakel nicht noch einmal eine Blöße geben will. Bereits am ersten Verhandlungstag in der Causa Brau Union erwähnte die vorsitzende Kartellrichterin Ramona Wieser, dass das Rewe-Urteil des Obersten Gerichtshofs "zu denken gegeben" hätte.

"Komplexes System von Marktmissbrauch"

Auch auf europäischer Ebene gibt es nun ein Urteil, das auch direkte Auswirkungen auf das Brau Union-Verfahren haben könnte. Die Brau Union-Mutter Heineken hat nämlich nicht nur in Österreich, sondern auch in Griechenland mit ähnlichen juristischen Problemen zu kämpfen. Bereits 2015 wurde die griechische Tochtergesellschaft von Heineken von der griechischen Wettbewerbsbehörde mit einer Geldstrafe von 31,5 Millionen Euro belegt, weil sie laut Gericht Groß- und Einzelhändler unrechtmäßig unter Druck gesetzt hatte, ihre Marken zu bevorzugen. Seit Jahren kämpft der griechische Bierhersteller Macedonian Thrace Brewery (MTB) dafür, dass nicht die griechische Heineken-Tochter, sondern der niederländische Mutterkonzern haftet. Konkret fordert MTB Schadenersatz in der Höhe von 180 Millionen Euro. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof entschieden: Heineken ist haftbar. Ein niederländisches Gericht muss nun die Höhe des Schadenersatzes festlegen. In einem ersten Statement zum Urteil wählte Demetri Chriss, Director of Business Development bei MTB, harte Worte: "Es besteht für uns kein Zweifel daran, dass Heinekens komplexes System von Marktmissbrauch von der Zentrale aus geplant und orchestriert wurde. Die Umsetzung erfolgt durch eine wechselnde Schar von ,lebenslänglichen' Heineken-Mitarbeitern, die abwechselnd in die griechische Betriebsgesellschaft ein- und ausgehen.
Wir freuen uns darauf, in diesem Jahr eine Wiedergutmachung für die Marktverstöße zu erreichen, die die griechische Wettbewerbsbehörde bereits vor über einem Jahrzehnt eindeutig festgestellt hat." Der europäische Rechtsspruch ist auch für Österreich brisant: Im Falle eines Urteils gegen die Brau Union in Österreich könnten auch Geschädigte versuchen, etwaige Regressforderungen an Heineken zu stellen. 

KEYaccount wird das Verfahren gegen die Brau Union genau beobachten und darüber berichten. Immerhin geht es dabei nicht nur um die Zukunft von Heineken in Österreich, sondern auch um die Zukunft des österreichischen Biermarktes.

www.bwb.gv.at

www.brauunion.at

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