Fotos vom Immobilienring-Pressegespräch
Die Generation der Erben geht unter die Vermieter

| Redaktion 
| 23.10.2024

Die Bedingungen von Gesellschaft und Umwelt in Bezug auf Wohnimmobilien ändern sich aktuell sehr stark. Vor diesem Hintergrund stellen sich die Haus- und Wohnungserb:innen die Frage, ob sie vermieten oder doch verkaufen sollen.

Die Konjunkturflaute in Österreich und Deutschland zeigt auch Auswirkungen auf bisher begehrte heimische Hotspots. Die "Generation Erben" sieht sich im Dilemma mit Wohnungen und Einfamilienhäuser der Eltern. Extremwettersituationen unterstreichen Verantwortung für Immobilienbesitz.

Vor diesem Hintergrund haben am Dienstag Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienrings Österreich und Thomas Lainer, Vizepräsident des Immobilienrings, bei einem Pressegespräch über den aktuellen Wandel auf dem Immobilienmarkt informiert und einen Masterplan - Wohnen für Miete wie für Eigentum – vorgestellt. "Die Bedingungen von Gesellschaft und Umwelt in Bezug auf Wohnimmobilien ändern sich aktuell sehr stark. ImmobilienmaklerInnen müssen sich ständig verbessern und neues Wissen erwerben, um in Beratung, Vermarktung und Bewertung up to date zu sein", sagte Thomas Lainer, Vizepräsident Immobilienring.

Reduktion bei Wohnungsfertigstellungen

Ein über zehnjähriger Wohnbau-Boom ist zu Ende und Euroconstruct-Prognosen deuten aktuell darauf hin, dass sich die jährlichen Wohnungsfertigstellungen in Österreich bis 2026 um rund 25 Prozent reduzieren werden. Im Speziellen liegt der Neubau in den Städten unter dem strukturellen Bedarf. "Wir brauchen einen Masterplan fürs Wohnen, das gilt für Miete wie für Eigentum", regt Georg Spiegelfeld an und fügt hinzu: "Wir wünschen uns eine sachliche Diskussion mit Expertengruppen und Personen unterschiedlicher Unternehmen, Netzwerken und Interessenvertretungen der Immobilienbranche, um solide und umsetzbare Lösungen für Miete und Eigentum zu finden."

Widerstand und Konjunktur wirken sich auf Hotspots aus

Seit Jahren erfreuten sich Immobilien in Österreichs touristisch attraktiven Regionen großer Beliebtheit unter EU-Bürger:innen. Viele Jahre lang haben Einheimische von teuren Grundstück- und Immobilienverkäufen gelebt, ebenso wie Boutiquen, Supermärkte, Restaurants und vieles mehr. In letzter Zeit wächst jedoch in vielen der beliebten Hotspots der Widerstand der Bevölkerung. Denn die Hotspots zählen zu den Vorbehaltsgemeinden, wo Wohnraum jenen vorbehalten sein soll, die ganzjährig dort wohnen. Beim Erwerb einer Wohnimmobilie besteht hier die Verpflichtung selbst einen Hauptwohnsitz zu begründen, oder an eine:n Hauptwohnsitzer:in zu vermieten. Alternativ gibt es die Möglichkeit eines Zweitwohnsitzes, wenn nachweisbar ist, dass man vor Ort studiert oder arbeitet.

"Das Problem, dass es Einheimische sehr schwer haben, für sich geeigneten, leistbaren Wohnraum zu finden, ist grundsätzlich gut zu verstehen. Auf der anderen Seite führen die Regelungen auch zu Bespitzelungen seitens weniger, heimischer Anrainer:innen. Die Folge davon ist der Rückzug der ausländischen Bewohner:innen, die nun immer weniger am gesellschaftlichen Leben der Gemeinden teilnehmen. Boutiquen, Supermärkte, Restaurants etc. werden nur mehr wenig frequentiert, Umsätze und Arbeitsplätze der lokalen Wirtschaft gehen verloren. Dazu hat sich die Nachfrage nach hochwertigen Immobilien deutlich reduziert. Aber auch die Rezession hat Auswirkungen. Immobilien, die in touristischen Hotspots als Investition gekauft wurden und beispielsweise 25.000 Euro Jahresmiete einbringen sollten, haben zurzeit kaum eine Nachfrage", sagt Spiegelfeld.

Generation Erben geht unter die Vermieter

Die Babyboomer in Österreich, die zwischen 1946 und 1964 geboren sind, sind die, die vererben und erben. Wurde früher Vermögen immer wieder durch Kriege vernichtet, konnte über die vergangenen Jahrzehnte von zwei Generationen ein großes Vermögen angespart und Wohneigentum erworben werden. Im Moment wird dieses von der in den 1960ern geborenen Generation geerbt, die selbst über Wohneigentum verfügen und gut situiert sind.

"Viele dieser Wohnimmobilien haben technische und sanitäre Anlagen aus den 1980er Jahren und haben Sanierungsbedarf. Für die Erben stellt sich die Frage, ob sie vermieten oder verkaufen sollen", sagt Lainer und ergänzt: "Die emotionale Verbundenheit ist noch sehr stark, da viele in dieser Wohnung aufgewachsen sind und die Erwartungen an den erzielbaren Erlös liegen beim aktuellen Preis eines Neubaus. In diesen Fällen ist für einige Jahre eine Vermietung empfehlenswert."

Auswirkungen der Wetterextreme

Was in den letzten Jahren noch dazugekommen ist und von den Immobilienbesitzer:innen beachtet werden muss, sind die Wetterextreme. Diese mit deren Auswirkungen unterstreichen die Verantwortung für Immobilienbesitz. "Die Verantwortung beginnt schon beim Kauf eines Grundstückes, um nicht nur die Wunschlage, sondern die mögliche Gefährdung zu checken. Dazu zählen zum Beispiel auch die Einflüsse angrenzender Grundstücke und die Identifizierung potenzieller Risiken auf das Grundstück. Das Hinzuziehen eines Sachverständigen hilft, dass ein günstiger Preis oder eine Lieblingslage, die zu gravierenden Nachteilen oder möglichen Schäden führt, vermieden werden kann. Nach den letzten Ereignissen ist das Risikobewusstsein noch voll vorhanden, wird aber nach einiger Zeit wieder sinken", so Lainer und ergänzt: "Aber, die Ereignisse im September dieses Jahres haben zu einer großen Verunsicherung bei Besitzer:innen, Käufer:innen und Verkäufer:innen geführt."

Ein Wertverlust droht ohne eine Instandhaltung

Die regelmäßige Inspektion und Instandhaltung vom Dach über die Fassade bis zum Keller ist für den Wertehalt eines Einfamilienhauses entscheidend. Interessent:innen fragen Betriebs- und Erhaltungskosten, technische und bauphysikalische Details wie Dämm- und Wärmedurchgangswerte, die Art des Heizsystems, sowie die Gesundheitsverträglichkeit von Baumaterialien in großem Ausmaß nach. Diese Faktoren sind für eventuell notwendige Sanierungen von Bedeutung und beeinflussen die Verhandlung des Kaufpreises.

"Ein großes Problem sehen wir bei Eigentumswohnungen im mehrgeschossigen Wohnbau. Eigentümer:innen, die ihre Wohnungen selbst bewohnen, sind am Werterhalt des Gebäudes und der Wohnung interessiert. Allerdings sind oft mehr als ein Drittel der anderen Wohnungen vermietet und die Eigentümer nicht willens auch nur geringste Mittel zu investieren", beschreibt Spiegelfeld das Problem.  Damit verlieren um viel Geld sanierte Gebäude und deren Wohnungen, aber auch Neubauten rasch an Wert. Spiegelfeld ist überzeugt, dass der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet werden muss und nicht nur nach Amortisationszeiten einer Investition.

Research Mietwohnungsmarkt Landeshauptstädte

Mit Ausnahme von Graz zeigt sich beim Screening der großen Immobilien-Plattformen, dass es bei Mieten bis 750 Euro nur eine "Handvoll" (in Relation zur Bevölkerungsanzahl) Wohnungen gibt. Hier hat sich das Wohnangebot auch im günstigeren Segment seit 2021 kaum verringert. Mietangebote von 750 bis 1000 Euro sind in sechs Hauptstädten etwa gleichgeblieben, außer den Rückgängen in Wien von – 34 Prozent, Linz – 45 Prozent und einem Plus von 72 Prozent (geringe Fallzahlen!) in Eisenstadt.

Seit Einführung des Bestellprinzips verzeichnen Wien und Salzburg die stärksten Rückgänge beim Wohnungsangebot. Allerdings zeigt das rigorosere Vorgehen Salzburgs gegen AirBnB und andere Kurzzeitvermietungen langsam Wirkung, das Angebot ist aktuell wieder am Vorjahresniveau. "So freundlich die Idee, so schädlich ist AirBnB für den Wohnungsmarkt. In einem mehrgeschossigen Wohnbau, wo AirBnB vermietet wird, werden die von Eigentümern genutzten Wohnungen entwertet. Es ist eine touristische Nutzung, die nicht in einen Wohnbau gehört", so Lainer.

Immobilienmarkt auf Facebook entwickelt sich rasant weiter

"Viele Inserate sind zwar von den Plattformen verschwunden, aber nicht vom Markt", berichtet Andrea Baidinger, die regelmäßig Research für den Immobilienring durchführt. Laut der Expertin wird der Immobilienmarkt auf der Social-Media-Plattform großteils von privaten Anbieter:innen genutzt und zu etwa 25 bis 30 Prozent von Profis. Wurden vor etwa fünf Jahren noch vorwiegend die günstigen Mieten angeboten, so ist es nunmehr ein Querschnitt von Miete und Eigentum, von mittlerem Preisniveau bis zu völlig überteuerten Angeboten, vom Bauernhaus bis zur Architektenvilla.

LEADERSNET war beim Pressegespräch. Einen Eindruck können Sie sich hier machen. 

www.ir.at

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