In jüngster Vergangenheit trafen sich Expert:innen und Interessierte beim 18. qualityaustria Gesundheitsforum in Wien, um über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Gesundheitsbranche zu diskutieren. Die KI übernimmt allmählich mehr Aufgaben, optimiert Prozesse im Hintergrund und erleichtert als unsichtbarer Helfer Menschen zunehmend die tägliche Arbeit. Demnach macht sie auch vor der Gesundheitsbranche keinen Halt.
Im Zentrum der Veranstaltung stand somit unter anderem die Frage, ob Künstliche Intelligenz angesichts des Ärzte- und Personalmangels das Gesundheitssystem retten kann.
KI als Helferlein
"Im Gesundheitswesen geht es darum, Technologien zu nutzen, um den Zugang zu medizinischen Informationen zu verbessern, die Kommunikation zwischen Ärzten und Patient:innen zu erleichtern und die Effizienz der Verwaltung zu steigern", sagte Quality Austria Gesundheitsexperte Günther Schreiber.
Bereits jetzt stehen zahlreiche Tools zur Verfügung: von elektronischen Patientenakten über Telemedizin bis zu Gesundheits-App. Forschende der Tsinghua-Universität in Peking gehen mit "Agent Hospital" noch einen Schritt weiter. Hier wird die Behandlung von Patient:innen mittels KI getestet und erforscht. So sollen "KI-Ärzte" in Zukunft 10.000 Personen in wenigen Tagen behandeln.
Stichwort Eigenverantwortung
Die Gastgeberin des Abends war Marica Pfeffer-Larsson, die seit Juli die neue Leiterin des Branchenmanagements Gesundheitswesen bei Quality Austria übernommen hat. Sie holte die Teilnehmenden in die Gegenwart zurück und fokussierte vor allem auf Eigenverantwortung. "Moderne Technologien unterstützen die Effizienz von Vorsorgeuntersuchungen. Dieses Angebot wird von den Patienten aber noch viel zu wenig angenommen. Zum Beispiel nutzen nur 15 Prozent die Möglichkeit von Vorsorgeuntersuchungen in Österreich", so Pfeffer-Larsson.
Deswegen plädiert die Expertin dafür, bei der Prävention anzusetzen und diese als ersten Schritt des Gesundheitswesens zu begreifen. Denn so können etwa KI-basierte Gesundheits-Apps bereits heute zur Effizienz des Gesundheitssystems beitragen. "Die Gesundheit beginnt nicht beim Arzt. Wir müssen Patient:innen dazu befähigen, ihre eigene Gesundheit zu managen und Informationen über Krankheiten und Behandlungsoptionen zu verstehen. So können sie aktiv an der Vorsorge oder der Genesung teilnehmen und nicht die gesamte Verantwortung an Ärzte abgeben und damit Ressourcen blockieren", erklärt die Gastgeberin.
KI-Einsatz bei Patientenpfaden
Auch in puncto Patientenpfad, der laufend weiterentwickelt wird, plädieren die Expert:innen auf Eigenverantwortung. "Es kürzen immer noch zu viele Menschen den Pfad in Eigenregie ab und gehen beispielsweise direkt ins Krankenhaus, anstatt den Hausarzt, die (Acute) Community Nurse oder die Gesundheitsberatung 1450 zu kontaktieren. Wenn wir die Bevölkerung dazu motivieren, den Pfad einzuhalten, können auch Tele-Anwendungen ihre volle Stärke ausspielen", sagte Michael Halmich, Jurist und Ethikberater, Forum Gesundheitsrecht. So soll der Patientenpfad auch mithilfe von KI analog zur Gesundheitsreform, die digital vor ambulant vor stationär festschreibt, effizient und sinnvoll gesteuert werden.
Seiner Meinung ist auch Florian Heffeter, Co-Geschäftsführer der QMD Services GmbH. Er sagt: "Das Thema Daten wird immer relevanter. Schon heute verwenden viele Menschen Health-Tracker. Wenn wir Daten aus allen Lebensbereichen zur Bewertung der Gesundheitssituation einsetzen, erleichtert das die Anamnese und die Früherkennung von Krankheiten enorm." Laut dem Experten sollten die Daten unter Einhaltung des Datenschutzes dem medizinischen Personal zur Verfügung stehen. So könne man gegebenenfalls auch ortsungebunden auf telemedizinische Anwendungen ausweichen, wenn gerade kein:e Expert:in in der Nähe ist. Allerdings müsse die datenbasierte Gesundheitsdienstleistung internationaler und patientennahe sein. Daher bedarf es auch unter anderem Investitionen in den Auf- und Ausbau der Gesundheits-Telematikinfrastruktur, um die Digitalisierung des österreichischen Gesundheitssystems zu forcieren. Und natürlich müsse bei allen Maßnahmen die Integrität der Patient:innen und deren Rechte gewahrt werden. "Aufgrund seiner föderalen Struktur gab es in Europa bis 2017 noch 27 uneinheitliche Regelwerke. Neue harmonisierte europäische Normen stellen die Basis für den sicheren Einsatz von innovativen Produkten im Gesundheitswesen dar und sorgen für Patientensicherheit", so Heffeter.
Norm als Motor für Innovationen
Normen haben in erster Linie einen Schutzzweck, um Patientenrechte zu wahren und gleichzeitig die Qualität sicherzustellen. Erst wenn das verstanden werde, könne die Norm als Motor für Innovationen dienen, da sie als optimale Guideline die Herstellung von sicheren Produkten und Abläufen garantiere. Daher würden EU-Verordnungen wie jene zur Künstlichen Intelligenz den sicheren Einsatz von KI ermöglichen, um Diagnosen zu verbessern, Behandlungspläne zu erstellen oder medizinische Daten zu analysieren.
In seinem Redebeitrag thematisierte daher Harald Erkinger, Geschäftsführer der CIS - Certification & Information Security Services, die wachsende Bedrohung durch Ransomware und Deepfake im Gesundheitswesen. "Angesichts der Ressourcenknappheit wird die Herausforderung für Cybersicherheit tendenziell größer als kleiner. Anerkannte Zertifizierungen und Normen sind essenziell, um Datensicherheit zu gewährleisten", heißt es.
KI revolutioniert Art von Gesundheitsdiensten
Telemedizin, elektronische Gesundheitsakten (EHR) und Künstliche Intelligenz sind demnach alles neue Technologien, die die Art, wie Gesundheitsdienste erbracht und verwaltet werden, revolutionieren. Künftig werden immer mehr Prozesse in Krankenhäusern und Arztpraxen digitalisiert, was mit neuen ethischen und rechtlichen Herausforderungen einhergeht. "Mit der Digitalisierung gehen neue Compliance-Herausforderungen einher. Regulierungen müssen kontinuierlich angepasst werden, um sicherzustellen, dass digitale Gesundheitsdienste rechtlich und ethisch korrekt erbracht werden", sagte Claudia Kerpe, Leitung Produktmanagement Risiko, Business Continuity, Compliance und Korruptionsbekämpfung bei Quality Austria. Außerdem seien laufende Fortbildung für Mitarbeitende im Gesundheitswesen mindestens genauso wichtig wie die Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten.
In einem waren sich schlussendlich alle Expert:innen einig: Im Mittelpunkt steht nach wie vor der Mensch und alle Prozesse orientieren sich an seinem Wohlergehen.
LEADERSNET wohnte der Veranstaltung bei und hat hier Eindrücke für Sie eingefangen.
www.qualityaustria.com
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