Studie
Mangelndes Finanzwissen hält Österreicher vom Kapitalmarkt fern

| Redaktion 
| 18.02.2024

Der Bankenverband und die Strategieberatung Boston Consulting Group präsentierten Studienergebnisse zum Spar- und Anlageverhalten in Zeiten hoher Inflation. Sieben von zehn Befragten machen sich Sorgen, dass Erspartes an Wert verliert, dennoch nutzt nur ein knappes Viertel Fonds oder Aktien als Anlageform.

Die hohe Inflation schafft ein neues Finanzbewusstsein. 51 Prozent der Österreicher:innen sagen, dass diese Themen "wichtiger" geworden seien. Gleichzeitig fokussieren sie sich stärker auf konservative Sparformen. "Drei Viertel setzen auf klassisches Sparen, ein knappes Viertel nutzt Fonds oder Aktien als Anlageform. Grund für die geringe Nutzung des Kapitalmarkts ist die Angst vor Geld- und Wertverlust, die unsichere wirtschaftliche Lage und das fehlende Finanzwissen", erläutert Gerald Resch, Generalsekretär des Bankenverbandes, bei der Präsentation der Studie "Sparen und Anlegen in Zeiten hoher Inflation", die Marketmind für den Bankenverband und die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) erstellt hat.

Beratung und Finanzwissen lohnen sich

"Ein Drittel der Österreicher:innen ist sich nicht bewusst, dass drei Prozent Sparzinsen vor dem Hintergrund der derzeitigen Inflation den Wert des Ersparten nicht bewahren kann. Jene Anlageformen, die Verlust verhindern bzw. sogar einen Vermögensaufbau ermöglichen, sind wenig bekannt. Ein knappes Drittel kennt den Unterschied zwischen Aktien und Aktienfonds, acht Prozent wissen, was ETFs sind", sagt Lukas Haider, BCG Managing Director and Partner, und betont: "Mehr Beratung und Wissensaufbau könnte der Schlüssel zu mehr Rendite sein."

30 Prozent der Befragten geben an, über Bank- und Finanzprodukte gut informiert zu sein. 70 Prozent haben dagegen noch Nachholbedarf. "Wir sehen hier eine starke Diskrepanz zwischen Sparprodukten und Wertpapieren: 53 Prozent sagen, sie besitzen ausreichend Wissen zu Sparprodukten, aber nur 17 Prozent kennen sich mit Wertpapieren aus",
unterstreicht Resch. Aus der Studie geht allerdings auch hervor, dass mehr als die Hälfte – 56 Prozent  – der Österreicher:inen das aktuelle Zinsniveau nicht einschätzen können. 

"Die Studie zeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der aktuellen finanziellen Situation und dem Wissen über Produkte und deren Effekte auf das eigene Vermögen gibt", betont der BCG-Partner und Finanzexperte Haider. 22 Prozent der Befragten sind mit dem Zinseszinseffekt vertraut. 73 Prozent haben darüber "schon einmal gehört". " Die Wirkung des Zinseszinseffekts wird typischerweise unterschätzt, gerade bei langfristiger Veranlagung“, so Haider.

Männer nutzen fast doppelt so häufig als Frauen Wertpapiere

Sieben von zehn Österreicher:innen machen sich Sorgen, dass ihr Erspartes durch die Inflation weniger wird. "Geldentwertung ist die zweitgrößte Sorge, die die Inflation auslöst, gleich nach dem teurer werdenden täglichen Einkauf", sagt Bankenverband-Generalsekretär Resch. "45 Prozent der Befragten versuchen noch stärker Geld zurückzulegen, um besser abgesichert zu sein, 17 Prozent wollen auf riskantere Anlagen mit höherer Ertragschance zum Geldwerterhalt setzen", erklärt Resch und erläutert, dass die Nutzung von Wertpapieren ein differenziertes Gesellschaftsbild zeigt. Männer nutzen fast doppelt so häufig als Frauen Wertpapiere. Österreicher:innen mit höherem Bildungsgrad investieren 1,5-mal öfter in Wertpapiere. "Investitionen in Wertpapiere sind nicht Roulette, die Börse ist kein Casino. Wir müssen das Image von Veranlagungen in Wertpapiere zurechtrücken", sagt Resch. Denn in ihren Zukunftsplänen zeigen sich die Befragten auch nicht affiner zu diesen Produkten: Weniger als zehn Prozent möchten Fonds, Aktien und Zertifikate im kommenden Jahr neu nutzen. "Trotz der geringen bis nicht vorhandenen Verzinsung auf Girokonten oder in der heimischen Sparbüchse bevorzugen bei einer geplanten Neuinvestition fast doppelt so viele Österreicher:innen diese traditionellen Sparformen gegenüber dem Schritt in die Welt der Wertpapiere", unterstreicht Haider.

Momentum nützen

Für den Bankenverband und BCG zeigen die Ergebnisse klar einen Auftrag Richtung Finanzbildung und Wissensaufbau zu Finanzthemen. Im Rahmen der Studie gaben 61 Prozent an, dass sie sich "Hilfe und Information" von ihrer Bank und ihrem:r Bankberater:in wünschen. Frauen und jüngere Personen sind für externe Finanzberatung empfänglicher. "Mehr Finanzbildung und mehr Wissen über Produkte, Effekte und Mechanismen kann neues Potenzial für jeden Einzelnen und den Kapitalmarkt heben. Wir können die Dynamik und die Bewusstseinsbildung, die in den vergangenen Monaten entstanden ist, dahingehend sinnvoll nutzen", so Resch abschließend.

www.bankenverband.at

www.bcg.com

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